U21: Effektives Offensivspiel hätte gegen Deutschland ein wenig mehr personelles Risiko gebraucht [Spiel-Analyse]

Mit einem 1:1 Unentschieden gegen Deutschland muss sich die österreichische Herren-U21 von der EM in Italien verabschieden. Das Offensivspiel der Österreicher war simpel, effektiv und möglicherweise aus personeller Sicht zu wenig riskant.

Eine Spiel-Analyse von David Goigitzer

 

Eine starke Leistung der Gregoritsch-Elf konnte jedoch nicht mit einem nötigen Sieg gekrönt werden. Positiv gesehen: man sah eine gut ausgebildete österreichische Spielergeneration, die auf eine interessante Zukunft hoffen lässt. In einer zweiteiligen Analyse widmet 90minuten.at sich den Gründen, warum es nicht zu einem Sieg gegen Deutschland gereicht hat.

 

Einige Wechsel im Personal

Ein Sieg musste her, um die Chance auf den Aufstieg zu wahren. Um dies zu bewerkstelligen, stellten U21-Teamchef Werner Gregoritsch und sein Trainerteam auf mehreren Positionen um. Maximilian Ullmann vom LASK lief als linker Verteidiger auf, Marco Friedl rückte auf rechts – Ingolitsch vom SKN nahm also auf der Bank Platz. Im Mittelfeld begann Dejan Ljubicic statt Ivan Ljubic, während Husein Balic für Matthias Honsak startete. Auch der Stürmer wurde getauscht: Sasa Kalajdzic wurde statt Marko Kvasina aufgeboten.

Diese personellen Wechsel ließen durchaus taktischen Hintergrund vermuten. Die Deutschen haben im Pressing ihre Stärken, sind zudem mit einer 4-3-3 Formation recht breit in der ersten Linie aufgestellt. Grund, um mit Ullmann einen Linksfuß aufzubieten. Jener konnte sich nämlich stets offen anbieten und wenn nötig genaue hohe Bälle nach vorne mit links spielen. Auch in der Offensive schienen die Gründe der Umstellung recht klar: Balic sollte mit seiner Schnelligkeit Räume hinter Deutschlands hoher letzter Linie finden, während Kalajdzic hohe Bälle auf ihn festmachen und weiterleiten sollte.

 

Österreich klar und simpel im Spielaufbau

Im frühen Aufbau wollten die Österreicher gegen die pressingstarken Deutschen nicht zu viel Risiko eingehen. Die Viererkette richtete sich etwas flacher aus, um eine schnelle Zirkulation gegen den deutschen Dreiersturm zu ermöglichen. Ljubicic und Lienhart war es nicht verboten den Ball zu bekommen, sie wurden jedoch vor allem als Wandspieler eingebunden. Die deutschen Achter waren nämlich immer wieder recht eng an den beiden dran. Vor allem ganz zu Beginn fanden die Österreicher konstant Pässe durch die erste Pressinglinie der Deutschen hindurch und überspielten diese auf verschiedene Arten und Weisen.

Voraus ging stets ruhiges und klares Passspiel in der ersten Linie, um das Pressing der Deutschen zumindest ein kleines Stück anzulocken. Entweder kam man direkt über die Außenverteidiger nach vorne, die die recht eng positionierte offensive Dreierreihe suchten. Oder die Sechser Lienhart und Ljubicic konnten angespielt werden und ließen dann meist auf die Außenverteidiger prallen. Diese suchten, wenn möglich, den Weg mit Pässen nach vorne. War der Weg über die Außen nicht möglich, behielten die österreichischen Aufbauspieler jedoch einen kühlen Kopf und versuchten über Keeper Alexander Schlager oder über die Innenverteidiger gezielte Chipbälle auf Kalajdzic zu spielen. Die Deutschen ließen beim hohen Aufrücken im Pressing nämlich immer wieder Räume hinter ihrem Mittelfeld, die man mit dem starken Kalajdzic sowie Xaver Schlager auszunutzen versuchte. Die beiden ergänzten sich perfekt, da eine von Schlagers Stärken das Spiel um den zweiten Ball ist: er antizipiert immer wieder richtig wo ein Ball landen kann und „pflückt“ lose Bälle immer wieder auf.

Posch, Ljubicic und Ullmann spielen im Dreieck das 3v2 ruhig und flach aus. Durch diese Zirkulation locken sie das deutsche Pressing an.

Die Deutschen lassen viel Raum im Mittelfeld. Posch erkennt diesen und chippt den Ball genau dorthin. Kalajdzic kann den Ball in weiterer Folge verarbeiten.

Zusammengefasst kann man die Leistung der Aufbauspieler als sehr positiv einstufen. Vor allem Ljubicic und Lienhart zeigten immer wieder gute Entscheidungen im Passspiel. Die Pässe zurück auf ihre Mitspieler waren sehr gut dosiert und genau. So etwas wirkt oft sehr einfach, aber die Deutschen erzeugten hohen Druck auf die österreichischen Sechser, die jedoch cool blieben und ihre technischen Fertigkeiten in diesen Situationen zeigten. Vor allem durch die beiden zentralen Mittelfeldspieler konnte Österreich sich immer wieder aus dem Pressing der Elf von Stefan Kuntz herauswinden.

 

Mittel zum Torabschluss

Da es im Mittelfeld klare 1-gegen-1-Zuteilungen gab (Österreich mit einer 2-1, Deutschland mit einer 1-2-Staffelung) konnten die österreichischen Sechser die gegnerischen Achter immer wieder anlocken. Dies schuf Räume hinter ebenjenen, die Sascha Horvath und Xaver Schlager nutzen sollten. Friedl und Ullmann fütterten die beiden mit flachen Diagonalpässen in den Fuß, während Kalajdzic stets passend die Abwehrlinie der Deutschen band. Zu viert plus Eins (also die offensiven Spieler, unterstützt oft durch einen Außenverteidiger) wurden dann die Angriffe bis zum möglichen Abschluss ausgeführt. Balic und Horvath suchten hier immer wieder gut die Tiefe, wenn Schlager den Ball am Fuß hatte. Hereingaben von der Seite, vor allem nahe der Strafraumlinie sollten mithilfe von Schlager und den Außenverteidigern generiert werden. So kam Sasa Kalajdzic in der 34. Minute auch zu seiner Chance die Österreicher erstmalig in Führung zu bringen, als er aus wenigen Metern Keeper Alexander Nübel anköpfte (der aber auch herausragend reagierte). Auch später hatte Kalajdzic den Führungstreffer am Kopf, eine gute Flanke von Friedl landete per Kopfball jedoch nur an die Stange.

 

Fazit

Vor allem die erste Phase des Angriffs, der Spielaufbau, funktionierte sehr gut. Das Personal sowie die zugeteilten Rollen passten und das war auch deutlich zu sehen. Mit Xaver Schlager hatte man einen der besten Spieler des Turniers für die Rolle des „Übergangsleiters“ zwischen Spielaufbau und Torchancenkreation. Auf rechts zeigte man mit Horvath und Friedl gutes Zusammenspiel, Balic blieb eher farblos und konnte - bis auf einen guten Pass auf Schlager vor der ersten großen Torchance Österreichs – kaum etwas zeigen. Etwas mehr Mut zum Risiko in der personellen Entscheidung des linken Flügels hätte womöglich mehr Variation in die Angriffe Österreichs gebracht, denn letzten Endes gelang kein Tor aus dem Spiel heraus.

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