In den letzten Wochen und Monaten hat der heimische Klubfußball nicht die allerbeste Figur abgegeben. 2026/27 darf noch einmal durchgeschnauft werden: fünf Klubs rittern um Punkte für die UEFA-Fünfjahreswertung. Dann ist aber Schluss mit Quintett, die Musik wird ab 2027/28 nur noch von vier Teams gemacht werden.
Mit Schuld an dieser Sachlage soll die ADMIRAL Bundesliga sein, deren Modus den Fokus stark auf die 22. Runde und die Trennung in oberes und unteres Playoff legt und damit strategisch eher mauen Entscheidungen Vorschub leistet. Das zeigen die vielen Trainerrauswürfe - vollkommen klar ist die Lage allerdings nicht.
Denn Österreich liegt laut Zahlen des "Centre International d’Etude du Sport" (CIES) aus dem Frühjahr mit 396 Tagen bzw. 1,3 Jahren durchschnittlicher Trainer-"Lebensdauer" auf Rang 25 von 65 untersuchten Ligen. In Kroatien oder Serbien werden Trainer im Schnitt bereits nach vier Monaten entlassen.
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Die Unerbittlichkeit des Geschäfts zeigt sich auch in der Geduld gegenüber Spielern. Wer nicht sofort funktioniert, ist nach wenigen Monaten ein Fehleinkauf. Eine größere Liga soll diesen Druck mindern – realistisch ist dieses Szenario allerdings nicht.
Einordnung: Spitze verliert an Qualität
Dass es um die internationale Konkurrenzfähigkeit nicht allzu gut bestellt ist, zeigt der Downfall in der Fünfjahreswertung. Auch der durchschnittliche Marktwert ist mit aktuell 364,09 Millionen Euro so niedrig, wie noch nie seit der Liga-Reform zur Saison 2018/19 hin. Dieser lag zuletzt vier Jahre in Folge über einer halben Milliarde Euro, der Schnitt aller acht Jahre beträgt rund 454 Millionen.
Selbst wenn die Marktwerte gefühlt gewürfelt sind, zeigt sich, dass die heimischen Spieler offenbar nicht mehr so gut ankommen. Am Alter liegt es nicht: Derzeit sind die Kader im Schnitt 24,8 Jahre alt, der Durchschnitt der sieben Jahre zuvor mit Champions League und Co. lag bei 24,5 Jahren.
Ein interessanter Indikator, der diese Entwicklung gut beschreibt, ist ein Blick auf die Tabellen nach 17 Runden. Die nachstehenden Zahlen, bei denen Tabellenspitze, ein breites Mittelfeld von Rang drei bis zehn sowie Vorletzter und Letzter aufgeschlüsselt sind, belegen eindeutig: Die Liga wird enger, weil die Klubs an der Spitze schwächer werden.
Hatten Tabellenführer und erster Verfolger in den letzten sieben Spielzeiten nach 17 Runden rund 41 bzw. 35 Punkte, so sind es aktuell nur noch 32 bzw. 29. Mit der Performance des Tabellenendes hat das wenig zu tun. Selbst im extrem schwachen Lustenau-Jahr ist der Punkteschnitt des Mittelfelds nicht in einem sehr großen Ausmaß angestiegen.
Punktekonten nach 17 Runden
Saison | 1. | 2. | 3.-10. | 11. | 12. |
|---|---|---|---|---|---|
2018/19 | 45 | 31 | 22,5 | 11 | 11 |
2019/20 | 43 | 41 | 22,25 | 12 | 11 |
2020/21 | 40 | 37 | 22,875 | 12 | 12 |
2021/22 | 42 | 30 | 21,5 | 16 | 13 |
2022/23 | 42 | 36 | 21,875 | 14 | 13 |
2023/24 | 39 | 37 | 23,5 | 11 | 3 |
2024/25 | 37 | 34 | 22,875 | 15 | 10 |
2025/26 | 32 | 29 | 24,625 | 15 | 11 |
Am unteren Ende
Das Argument, die Zwölfer-Liga sei Hauptverursacher des Leistungsabfalls, greift damit zu kurz. Denn dann hätten die Tabellenführer ja auch in den Vorjahren schwächer performen müssen. Natürlich, hätte der LASK den Kühbauer-Punkteschnitt von Anfang an, wäre man der beste Tabellenführer nach 17 Runden, vor den "Bullen", die mit ein bisschen anderem Spielverlauf ebenfalls schon mehr Zähler am Konto hätten.
Das darf über die schwache europäische Performance nicht hinwegtäuschen, auch wenn Top-10-Träumereien immer zu hoch gegriffen waren. Als Österreich die Periode 2017-2022 als Achter abgeschlossen hatte, waren nebst den Big 5 nur noch Portugal und die Niederlande weiter vorne.
Dass traditionsreiche oder (zum Teil deutlich) größere Fußballnationen wie Belgien oder die Türkei irgendwann wieder vorbeiziehen, lag doch eigentlich auf der Hand. Tschechien, Polen, Griechenland, Dänemark, Norwegen, Zypern und die Schweiz sind aus verschiedensten Gründen österreichische Kragenweite und aktuell (!) trotzdem besser positioniert, teils deutlich.
Zum Glück schieben "alte Rivalen" in Sachen UEFA-Ranking wie Schottland (18.), Israel (20.), Kroatien (21.) Krise, die Ukraine (24.), Serbien (25.) oder auch Russland (30.) sind Nationen, die im Regelfall weiter vorne sind. War der achte Platz also eine krasse Überperformance, dann ist der 17. eine Unterperformance und die Wahrheit liegt irgendwo zwischen den Rängen 10 und 15.
Erste Ligen nach durchschnittlichen Gesamtwerten geordnet
Land | Einwohner in Mio. | Vereine |
|---|---|---|
England | 59,1 | 20 |
Spanien | 47,9 | 20 |
Italien | 59,3 | 20 |
Deutschland | 84,5 | 18 |
Frankreich | 66,5 | 18 |
Portugal | 10,4 | 18 |
Türkei | 87,5 | 18 |
Niederlande | 18,2 | 18 |
Russland | 144,8 | 16 |
Belgien | 11,9 | 16 |
Griechenland | 10,0 | 14 |
Ukraine | 37,9 | 16 |
Tschechien | 10,7 | 16 |
Dänemark | 6,0 | 12 |
Schweiz | 9,0 | 12 |
Polen | 38,5 | 18 |
Österreich | 9,1 | 12 |
Schottland | 5,5 | 12 |
Norwegen | 5,6 | 16 |
Serbien | 6,7 | 16 |
Schweden | 10,6 | 16 |
Rumänien | 19,0 | 16 |
Kroatien | 3,9 | 10 |
Bulgarien | 6,8 | 16 |
Israel | 9,3 | 14 |
Aber die Anderen!
Eine 16er-Liga könnte mehrere Effekte haben. Österreichs Nachwuchs ist nachweislich Weltklasse, würde in einer größeren Liga jedoch vor allem theoretisch mehr Einsatzzeit bekommen, so ein Argument. Das klingt logisch, vor allem, wenn man nur einen Absteiger hätte. Das, so die Annahme, sollte den Druck genügend rausnehmen, um so früh wie möglich in der Saison dem eigenen Nachwuchs eine Chance zu geben.
"Eine größere Liga führt zu weniger sportlicher Dichte", mahnt jedoch Bundesliga-Vorstandsvorsitzender Christian Ebenbauer gegenüber 90minuten ein. Dass es in der zweiten Liga funktioniere, ist eine große Errungenschaft der Klubs und auch auf die finanzielle Dichte zurückzuführen.
Red Bull Salzburg setzt als reichster Klub beispielsweise mehr als das 21-Fache von Schlusslicht Wattens um. Selbst Liefering hat nicht einmal das Zehnfache an Umsatz wie der FAC und KSV: "Ich bin skeptisch, weil die Budgets in der 2. Liga nicht so weit auseinander gehen. Da kann man sich durchrechnen, was das für das Niveau bedeutet", so Ebenbauer. Einen Einwand hinsichtlich großer Budgetunterschiede in den Top-5-Ligen lässt er kaum gelten, das ist auch mit Zahlen hinterlegbar:
Klar hat Bayern München fast 900 Millionen Euro Umsatz, aber Heidenheim als "ärmster" Verein, der auch im Vorjahr in der Liga war, hat mit 88 Millionen Euro einerseits nur etwas weniger als ein Zehntel des Bayern-Umsatzes und damit noch immer mehr als genug. In der nachstehenden Tabelle zeigt sich, dass kleinere Länder mit kleineren Ligen auf Nationalmannschaftsebene eher besser performen.
Fünfjahreswertung und Nationalteam
Rang | Land | Ligengröße | FIFA-Ranking |
|---|---|---|---|
8 | Belgien | 16 | 8. |
9 | Türkei | 18 | 25. |
10 | Tschechien | 16 | 44. |
11 | Polen | 18 | 31. |
12 | Griechenland | 14 | 46. |
13 | Dänemark | 12 | 21. |
14 | Norwegen | 16 | 29. |
15 | Zypern | 14 | 128. |
16 | Schweiz | 12 | 17. |
17 | Österreich | 12 | 24. |
18 | Schottland | 12 | 36. |
19 | Schweden | 16 | 43. |
20 | Israel | 14 | 77. |
Haben wir genug Klubs?
Zudem braucht es ja nicht nur 10, 12, 14 oder 16 Vereine in einer höchsten Spielklasse, sondern auch einen gesunden Austausch zwischen höchster und nächster Spielklasse. Sprich: Um eine Zwölferliga zu haben, sind 14 bis eher 16 Vereine notwendig. Dieser Umstand hängt am lieben Geld.
Wie viel braucht es, um Bundesliga zu spielen? Die sechs kleineren Vereine (also ohne Top 5 und 2. Liga-Aufsteiger SV Ried) erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2024/25 laut aktueller Zahlen im Schnitt 12,1 Millionen Euro; wobei der WAC mit 17,412 Millionen heraussticht, die WSG Tirol mit 7,303 Millionen das Schlusslicht bildet.
Aufgrund des geringeren TV-Vertrags sind auch geringere Erträge zu erwarten, weswegen man mit durchschnittlich zehn Millionen Euro Umsatz rechnen könnte. Ein Bundesligaaufstieg zahlt sich finanziell trotzdem aus.
Die acht Aufsteiger seit der Ligenreform konnten den Umsatz in der Folgesaison im Schnitt um 134 Prozent erhöhen. Gleicht man dies nun mit den aktuellen Zahlen ab, zeigt sich (siehe Tabelle): Mit der Admira, dem SKN, der Vienna und Austria Lustenau würden vier Vereine einen derartigen Umsatz erzielen können.
Durchschnittliche Umsatzsteigerung der letzten Aufsteiger: 134 Prozent
Klub | Umsatz 2024/25 | Berechnung |
|---|---|---|
Admira | 7,96 | 18,62 |
KSV | 2,38 | 5,56 |
SKN | 3,98 | 9,31 |
Vienna | 6,35 | 14,86 |
Amstetten | 2,62 | 6,14 |
FAC | 2,38 | 5,57 |
SW Bregenz | 2,60 | 6,09 |
Austria Lustenau | 4,29 | 10,02 |
Fazit: Es gibt nicht genug Vereine
Ungeachtet der Tatsache, wie eine aufgrund der Drehscheibenfunktion notwendige zweite, österreichweite Liga zu organisieren wäre, kann man hierzulande gemäß dieser Berechnung von nur 16 Vereinen ausgehen, die einen für Bundesliga-Fußball notwendigen Umsatz generieren können - wohlgemerkt unter "Laborbedingungen".
Letztlich hält aber kein Ligenformat der Welt Österreichs Klubs ab, gute Arbeit zu leisten. Den achten Platz erreichte man nach Jahren in einer Zehnerliga und bei meister-mäßiger Ödnis, bei gleichzeitig nicht unbedingt besserer Arbeit der Salzburg-Verfolger.
Am Ende erklärt sich die Schwäche der Liga im internationalen Vergleich nicht durch das Ligaformat, sondern hauptsächlich durch die schwachen Leistungen der Topklubs – basierend auf Richtungs-, Personal- und Führungsentscheidungen.
Das wird sich sowieso nicht ändern. Es ist über das Jahr gesehen zu spannend, die Anzahl der Klubs ist im internationalen Vergleich gesehen in Ordnung - und mehr Vereine, als für eine Zwölferliga notwendig sind, gibt es einfach nicht.
Georg Sohler