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VAR-Check: Warum der VAR den Elfer für Sturm bestätigt hat [Exklusiv]

Als wäre das Spiel Rapid gegen Sturm nicht unter normalen Umständen hitzig genug, kamen zu den Hütteldorfer Chaostagen auch noch fragwürdige Schiedsrichter-Entscheidungen hinzu, die sowohl Rapid als auch Sturm einen Vorteil verschafft haben könnten. 90minuten.at hat beim ÖFB nachgefragt.

+ + 90minuten.at Exklusiv – Ein VAR-Check von Michael Fiala und Georg Sander + + 

 

Das Duell Rapid gegen Sturm ist unabhängig vom Tabellenstand eine der spannendsten Paarungen. Wenn der Vizemeister aus Graz aber mit einem durchwachsenen Saisonstart nach Wien-Hütteldorf kommt, wo nach dem Aus gegen Vaduz sprichwörtlich Feuer am Dach ist, wird es noch heißer. Vor allem mit über 19.000 aufgrund der letzten Wochen sehr enttäuschten Fans auf den Rängen kommt dem Schiedsrichtergespann eine besondere Aufgabe hinzu: Kein Öl reingießen. Das ist leider nicht passiert.

 

Gazibegovic vs. Grüll

Der SK Rapid ging durch Nicolas Kühn nach einer Viertelstunde früh in Führung, Sturm-Verteidiger Gregory Wüthrich glich in der 24. Minute aus. Sein Teamkollege Yusuf Gazibegovic stand in der Szene in der 35. Minute im Fokus. Er und Rapids Marco Grüll wollten den Ball weiterspielen, Grüll war schneller, der Sturm-Spieler hatte das Bein gestreckt und ging volles Risiko. Sein Gegenspieler erkannte die harte Attacke und zog zurück. Gazibegovic erwischte Grüll am Standbein, ohne wirklich zurückzuziehen. Das würde die Kriterien einer Roten Karte erfüllen, sah aber nur den gelben Karton.

Hätte Schiedsrichter Christopher Jäger nicht vom VAR zum Field Review gebeten werden sollen? "In dieser Szene hat der VAR die Intensität des Treffers als nicht ausreichend empfunden, um eine Intervention vorzunehmen", heißt es vonseiten des ÖFB auf Anfrage von 90minuten.at. Dass eine Rote nicht falsch gewesen wäre, räumt man ebenfalls ein: "Wenn der Schiedsrichter aufgrund des hohen Tempos der Attacke einen Spielfeldverweis ausgesprochen hätte, wäre dieses Argument auch vertretbar gewesen und hätte keinen Eingriff nach sich gezogen." Das heißt, der VAR wäre mit beiden Varianten d'accord gewesen. Warum? Dazu später mehr.

 

Wer foult wen? Die Elferszene

Wenn Sturm rund eine Stunde zu zehnt gespielt hätte, wäre das Spiel vielleicht anders ausgegangen. So stand es am Ende 2:1 für die Gäste, weil Jäger einen diskussionswürdigen Elfer gab. Zur Erinnerung: SCR-Abwehrspieler Martin Moormann zog aus der Schiri-Sicht gegen Emanuel Emegha die Notbremse, rote Karte, Elfmeter. Diesen verwandelte Tomi Horvat. Emegha hatte allerdings Moormanns Lauf so gekreuzt, dass nicht wenige Beobachter davon ausgingen, dass es Stürmerfoul gibt. 

Hier hätte der VAR auch ein Weiterspielen zugelassen, sagte zunächst der ÖFB: "Der VAR hat nicht eingegriffen, da gemäß seiner Wahrnehmung keine klare und offensichtliche Fehlentscheidung vorgelegen ist. Wenn der Schiedsrichter auf Weiterspielen entschieden hätte, wäre es auch zu keiner Intervention gekommen." Der Check hat, so die Antwort weiter, keinen ausreichenden Körperkontakt des Sturm-Spielers festgestellt; und auch kein Abseits, der Vollständigkeit halber. Auf Nachfrage heißt es weiters: "Beim geahndeten Foul handelt es sich um ein Vergehen im Oberkörperbereich, bei welchem generell eine hohe VAR-Interventionsschwelle vorliegt. Die an die Zentrale kommunizierte Wahrnehmung des Schiedsrichters, dass der Verteidiger den Arm gegen den Angreifer eingesetzt hat, konnte mit den vorliegenden TV-Bildern nicht widerlegt werden."

 

Der ÖFB ist gefordert

Es ist wie in einem Hamsterrad: Die Schiedsrichter stehen unter Druck, der VAR wird immer wieder zu Recht angezweifelt, der baldige Ex-Rapid-Präsident Martin Bruckner forderte zuletzt sogar schon Rücktritte und meinte: "Ich weiß jetzt, wie es ist zurückzutreten. Wenn ich an den Elfmeter für Sturm zum 1:2 denke, denke ich auch, dass vielleicht beim ÖFB Rücktritte folgen sollten. Um unser Schiedsrichterwesen professionalisieren zu können."

Und: Wenn man das Prozedere des 90minuten.at-VAR-Check, der seit einigen Monaten zum Einsatz kommt, bilanziert, muss man feststellen: Die Veranwortlichen beim ÖFB tun sich sehr schwer, die Entscheidungen der eigenen Kollegen inhaltlich zu bewerten. Dies spiegelt auch die Stimmung wider, die man vermittelt bekommt, wenn man mit Schiedsrichtern über dieses Thema hinter vorgehaltener Hand spricht. 

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