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Rapid: Das Erdbeben als Chance [Momentum am Montag]

Seit dem peinlichen Out gegen den FC Vaduz rumort es beim SK Rapid in fast nie dagewesenem Ausmaß. Dieses Erdbeben ist geschehen, nun gilt es, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

+ + 90minuten.at Exklusiv - Von Michael Fiala + +

 

Das Erdbeben beim SK Rapid in den vergangenen Tagen ist unser Momentum am Montag.

Vorweg: Die Konstellation bei einem Klub wie Rapid ist immer sehr komplex, daher hat dieser Artikel auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern versucht, ein paar Aspekte der aktuellen Chaostage zu beschreiben.

Relativ lange war es nach außen hin ruhig, doch intern hat es in den vergangenen Monaten bereits gebrodelt in Wien Hütteldorf. Nach den peinlichen Vorstellungen gegen Vaduz war es dann so weit: Mit den (angekündigten) Rücktritten von Martin Bruckner und Christoph Peschek haben diese Entwicklungen ihre ersten personellen Opfer gefordert.

 

Sportliche Misere, doch Peschek muss gehen

Das wirft zunächst eine zentrale Frage auf: Warum sitzen der Sportdirektor Zoran Barisic und Trainer Ferdinand Feldhofer noch im Sattel, während zunächst der Präsident und dann der wirtschaftliche Geschäftsführer eilig durch Druck gewisser Gruppen gehen mussten?

Die Antwort dazu kann man nicht in wenigen Sätzen erklären, aber so viel sei gesagt: Die formalen und informellen Führungskräfte bei Rapid kann man sich wie kommunizierende Gefäße vorstellen. Peschek hat den Klub jahrelang nach seinen Vorstellungen geführt – mit allen Vor- und Nachteilen, mit all seinen Stärken aber auch Schwächen. Er ist quasi die einzige Konstante in der Führung des Klubs seit 2013. Zu glauben, Pescheks Tun hat keine Auswirkungen auf andere Bereiche wie den Sport und deren Protagonisten, ist naiv. Das ist kein Vorwurf, aber man kann es auch nicht wegdiskutieren.

Der Druck, der hier auf allen Personen lastet, wird weitergegeben, von unten nach oben, aber vor allem von oben nach unten. Genau diese Konstellation hat dazu geführt, dass bereits in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zu hören war, dass hier eine Explosion möglich ist. Die Vaduz-Pleite hat die Zündschnur aktiviert.

 

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

 

Weiters ist zu erwähnen, dass Martin Bruckner vor wenigen Tagen (vor seinem Rücktritt) als der einzige Präsidentschaftskandidat vom Wahlkomitee vorgestellt wurde. Nach außen hin wurde also Konstanz und Harmonie signalisiert. Aber auch hier gab es in den vergangenen Wochen Bestrebungen, das Präsidium zu verändern – zunächst jedoch ohne Erfolg. Eines ist aber auch klar: Veränderungen im Präsidium führen oft auch zu neuen Gesichtern in der operativen Führung. Oder kurz gesagt: Dass mit dem Ende von Bruckner auch die Position von Peschek massiv geschwächt war (oder auch umgekehrt), überrascht nicht. In diesem Zusammenhang ist übrigens auch zu erwähnen, dass noch am Sonntag die Entscheidung in der Rapid-Führung gefallen ist, den Vertrag mit Werner Kuhn, der noch bis 31. Dezember läuft, nicht mehr zu verlängern. Dem Vernehmen nach musste Kuhn sein Büro eilig räumen. 

 

Wie geht es weiter?

Hier ist jetzt vor allem der Name Steffen Hofmann zu nennen. Beim „Fußballgott“ laufen derzeit viele Fäden zusammen. Es ist Hofmann durchaus zuzutrauen, dieses Chaos zunächst zu moderieren und dann in weiterer Folge als neuer Präsident den Klub zu stabilisieren. Hofmann ist durch sein Standing und den guten Kontakten zuzutrauen, dass er es besser schafft, die verschiedenen Interessensgruppen hinter sich zu versammeln und auch die Grenzen dieser klarer zu kommunizieren. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob dieser Weg gegangen wird.

 

Am Ende noch drei Themen.

Erstens: Natürlich wird man auch über die sportliche Führung diskutieren und etwas verändern müssen. Feldhofer ist mehr als angezählt und wird wohl eher nicht die Zukunft bei Rapid mitgestalten. Aber auch Barisic‘ Bilanz kann man mehr als kritisch hinterfragen: Immerhin ist der aktuelle Rapid-Trainer unter der Führung von Barisic gekommen. Wer auch immer neuer Präsident wird: Diese zwei Positionen muss man sich ganz genau ansehen. Zunächst muss sich aber der Verein als Ganzes stabilisieren, sonst werden ein neuer Trainer oder Sportdirektor auch keinen nachhaltigen Erfolg haben.

Zweitens: Der Name Michael Tojner war in Hütteldorf in den vergangenen Wochen oft zu hören. Man darf gespannt sein, welche Rolle er künftig spielen wird.

Drittens: Das Erdbeben ist vorbei, und es sind noch einige starke Nachbeben zu erwarten. Die wohl größte Krise des SK Rapid der vergangenen Jahre ist aber auch eine wirkliche und reelle Chance, den Verein in eine bessere Zukunft zu führen. „Nichts ist größer als der Verein“ – ein Motto, das in diesen Tagen wichtiger ist, denn je.

 

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