Foto: © FC Red Bull Salzburg via Getty Images

Fünfjahreswertung: Wo wäre Österreich ohne Salzburg [Faktencheck]

Wie sehr ist Österreich in der Fünfjahreswertung von Red Bull Salzburg abhängig? Viele meinen: sehr abhängig. Eine 90minuten.at-Recherche geht dem Thema auf den Grund - mit überraschendem Ergebnis.

+ + 90minuten.at PLUS - Ein Faktencheck von Georg Sander + +

 

„Man muss froh und dankbar sein, dass man Red Bull Salzburg hat, wenn man sieht, wie viele Punkte sie für die 5-Jahres-Wertung gemacht haben. Wenn man die wegzählt, wären wir gefühlt irgendwo auf Rang 31“, sprach Georg Pangl, ehemaliger Bundesligavorstand und internationaler Fußballspitzenfunktionär in der 168. Ausgabe von DAB | Der Audiobeweis bei Sky Sport Austria. Grundsätzlich ist der Wert des Engagements von Red Bull mittlerweile nicht mehr wegzudisktutieren. Wie recht hat Pangl in der Sache? 90minuten.at hat die Antwort auf eine Frage, die seit Jahren immer wieder gestellt wird.

 

Die Zeitpunktfrage

Zunächst muss definiert werden, was gemeint ist. Geht es um die aktuelle Spielzeit 2022/23, dann zählen die in den Saisonen 2016/17 bis 2020/21 erspielten Punkte. Geht es um die kommende, ginge es von 2017/18 bis 2021/22. Die gegenwärtig erkickten Punkte zählen bekanntlich erst für 2024/25. So weit, so unklar. Denn es gibt noch mehr kurioses. So brachte die 2017/18er-Saison mit Salzburgs Europa League-Halbfinale weniger Punkte (9.750) als die 2021/22er (10.400). Warum das so ist? Nun, für das Erreichen der Champions League-Gruppenphase gibt es gleich einmal vier Bonuszähler. Die Bullen zogen damals bereits in Runde 3 der Quali gegen Rijeka den Kürzeren. Umgekehrt gibt es mittlerweile die Conference League, wo ein Gruppensieg zwei Bonuspunkte bringt (LASK gewann seine Gruppe). Für das CL-Achtelfinale, wo die Bullen beispielsweise 21/22 waren, gibt es gleich fünf Bonuspunkte. Kurz gesagt: Das ist alles nicht so einfach. 

 

Salzburg rausrechnen

Ziehen wir zunächst den abgeschlossenen Zyklus heran, also jene Punkte, die für kommende Saison gelten, sprich von 2017/18 bis 2021/22. Wie sieht da die Zusammensetzung der 38.850 Zähler aus? Achtung, es wird kompliziert. Denn 2017/18 hatte Österreich lediglich vier Starter, wodurch nicht wie aktuell durch fünf, sondern vier dividiert wird. Rechnet man jedoch einfach die von Salzburg im Zeitraum 2017-22 erspielten Zähler hinaus, dann landet man bei 20.950 – Damit wäre Österreich aktuell nicht 31., sondern immerhin vor Bulgarien auf Rang 23, gleich hinter Schweden. Das heißt: Pangl liegt falsch. Und das, obwohl für diese Rechnung alle von Salzburg erspielten Punkte herausgerechnet wurden und dennoch durch die Gesamtanzahl der Teams dividiert wurde. Ein Beispiel: 2017/18 erkickten die rot-weiß-roten Spieler 39 Punkte, diese dividiert die UEFA dann durch die startenden Teams (=4) und das ergibt den Wert für die Fünfjahreswertung, also 9,75. In der 90minuten.at-Berechnung sind die 26 Bullenpunkte raus und 13 wurde durch vier dividiert, ergibt 3,25.

 

Wen anderen einrechnen

Allerdings: Wenn die Salzburger nicht da wären, würde jemand anderer punkten. Die Frage ist: wie viel? Und: 19/20 und 20/21 holten die Athletiker sogar mehr Zähler, 21/22 nur einen halben weniger. Eine Möglichkeit wäre, die Punkte der Salzburger durch eine durchschnittliche Leistung der anderen vier zu setzen. Das sind mal mehr Punkte, etwa 2021/22, als nebst der Bullen eben der LASK 18,5 Zähler holte und Rapid auch 10, hier werden 8,25 Zähler eingesetzt, mal sind es weniger, etwa 3 im Jahr 18/19. Zu Erinnerung: 2017/18 mühte sich Altach durch alle EL-Qualirunden, scheiterte im Playoff und lieferte am Ende 5 Punkte für die Fünfjahreswertung ab. Sturm wiederum schaffte es letztes Jahr als Vizemeister in die EL, steuerte aber nur 4 Punkte bei. Hierbei sind noch keine etwaigen CL-Gruppenphasen mit eingerechnet, aber es ergeben sich mit dem simulierten fünften Klub 26,455 Punkte. Damit wäre Tam Austria noch einmal weiter vorne, und zwar auf Rang 21. „Unterstellt“ man nun den heimischen Klubs noch Bonuspunkte, etwa eine CL-Teilnahme on top sowie noch einmal zwei Bonuspunkte, etwa durch einen ECL-Gruppensieg – alles nicht komplett aus der Luft gegriffen – kommt man auf 32,455, dann wäre Österreich im Ranking für 2023/24 statt auf real auf Platz 8 eben auf Rang 12.

Und davor?

Wie sieht die Sachlage allerdings aus, wenn man einen früheren Zeitraum hernimmt, etwa die fünf Jahre zuvor, also 2012/13 bis 2016/17. Dieser Zeitraum definierte die Startplätze für 2018/19, nebenbei erwähnt. Österreich war da auf Platz 15. In Relation schnitten die anderen Mannschaften nicht merkbar schlechter ab. 16/17 erkickten die Bullen 9,5 Zähler, Austria (9) und Rapid (7,5) nicht viel weniger, die Admira steuerte noch 3,5 bei. Im Jahr zuvor hielt hauptsächlich Rapid die rot-weiß-rote Fahne hoch, erkickte 12 Punkte. Altach kam auf 2,5; die Bullen und der WAC 2, Sturm 0,5. 2014/15 sah das Bild anders aus, Salzburg holte 13 Punkte, Grödig (2), der SKN (1) und Rapid (0,5) so gut wie nichts. Auch 2013/14 steuerte Salzburg mit 19,5 Punkten einiges bei, die Austria kickte Champions League und hole insgesamt 10,5 Zähler. Rapid war mit 8,5 passabel, Sturm ließ aus (0,5) und Pasching lieferte nichts. Die 12/13-Spielzeit war noch bescheidener. Rapid war mit 4 Punkten Hauptpunkteliferant, selbst Admira und Ried (je 2) brachten mehr ein als Salzburg (1).

 

Wechselnde Leistungen

Warum das alles so unterschiedlich ist? Nunja, eben aufgrund der Punktevergabe. Da hilft ein Blick auf die jetzige Saison. Salzburg hat im Herbst mit den vier Bonuspunkten für die CL-Gruppenphase lediglich neun Punkte erspielt. Der LASK konnte 2021/22 dank zweier Qualirunden mit drei Siegen und einem Remis sowie dem Gruppensieg in der Conference League mit fünf Siegen und einem Remis "nur" mit dem Achtelfinale (out gegen Slavia Prag) 18,5 Punkte holen. In der eingangs erwähnten Berechnung 17-22 war der LASK zwei Mal stärker als die Bullen, einmal ungefähr gleich. Es liegt eben nicht nur an Salzburg, dass Österreich steht, wo es steht.

 

Fazit: Ja, schlechter, aber nicht katastrophal

Dass Red Bull Salzburg finanziell immer schon und seit geraumer Zeit auch ballesterisch über den anderen Teams steht, geschenkt. Ob ein anderer Klub seit 2005/06 eine derartige Entwicklung nehmen hätte können, wenn die Bullen nicht im Weg gestanden wären, darüber kann man diskutieren, aber vermutlich hätte kein anderer Klub eine derartig - Stand heute - nachhaltig erfolgreiche Entwicklung nehmen können. 

Natürlich ist es interessant, wenn man bei anderen Nationen auch die stärksten Teams rausrechnen würde. Diese spannende Analyse kommt in den nächsten Wochen - stay tuned.

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