Fränky Schiemer: "Die Macht der Medien geht in eine extrem bedenkliche Richtung“ (2)
Im Februar wurde Fränky Schiemer überraschend zum neuen Manager der SV Ried ernannt. Den Abstieg aus der Bundesliga konnte aber auch der ehemalige Teamspieler nicht verhindern. Im 90minuten.at-Interview spricht Schiemer über den Druck des Gejagten, die neue Rieder Offensivstärke und Probleme mit Medien.
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90minuten.at: In der letzten Bundesliga-Saison gelangen in 36 Runden nur 33 Tore.
Schiemer: Es ist schon sehr auffällig, wir haben jetzt um neun Tore mehr als in der ganzen letzten Saison.
90minuten.at: Woran liegt diese enorme Steigerung?
Schiemer: Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Heutzutage kannst du im Fußball nicht nur einen Punkt herausnehmen und sagen ‚Darum funktioniert es jetzt!’
90minuten.at: Vom Gefühl her war der Rieder Abstieg absolut vermeidbar.
Schiemer: Es war ein Wahnsinn. Wir hatten da schon unfassbare Spiele, wie zuhause das 3:0 gegen Rapid. Aber ich habe nach dem Abstieg nicht eine Sekunde gehadert. Ich habe es als Chance gesehen.
90minuten.at: Sie wurden also gleich ins sprichwörtliche kalte Wasser geschmissen?
Schiemer: Es war für mich im ersten Jahr nicht einfach. Aber in schwierigen Zeiten lernt man viel mehr als in erfolgreichen.
90minuten.at: Stefan Reiter wurde in Ried verehrt. Mit wie viel Kritik waren Sie zu Beginn konfrontiert?
Schiemer: Stefan Reiter hatte enorme Erfolge und hat die SV Ried über Jahrzehnte geprägt. Doch in den letzten Jahren, glaube ich, haben sich die Leute etwas Neues erhofft und für die Veränderung stehe ich. Aber Kritik habe ich eigentlich keine verspürt. Das kam mehr von den Medien, die kritisiert haben, dass im Abstiegskampf ein junger Bursch dahin gesetzt wurde.
Stefan Reiter hatte enorme Erfolge und hat die SV Ried über Jahrzehnte geprägt. Doch in den letzten Jahren, glaube ich, haben sich die Leute etwas Neues erhofft.
90minuten.at: Sie haben den Umgang mit den Medien schon angesprochen, wie sehr hat Ihnen da Ihre Spielerkarriere geholfen?
Schiemer: Auf alle Fälle habe ich gelernt, wie diese ganze Medien-Sache funktioniert. Ich finde aber die jüngste Entwicklung nicht gut. Es macht den Fußball ein wenig uninteressant, wenn Spieler nur 0815-Antworten liefern. Logisch ist öffentliche Kritik an Mitspielern ein No-Go, aber Spieler, Funktionäre oder Fachleute sollten sich ruhig wieder mehr trauen. Der Fußball und Personen selbst profitieren von charismatischen Leuten wie Arnautovic, Maierhofer oder Fredl Tatar.
90minuten.at: Inwiefern profitieren?
Schiemer: Spieler können sich dadurch ein Alleinstellungsmerkmal verschaffen, was sich wiederum auf den Marktwert auswirken kann. Stefan Maierhofer ist ein gutes Beispiel. Da kann man über ihn denken was man will aber er lebt von seiner selbstbewussten Außendarstellung und hat damit die Mattersburger in der letzten Saison mitgerissen. In Wahrheit wollen die Leute solche Typen. Sie gehen leider immer mehr verloren.
90minuten.at: Stichwort Außendarstellung - da lief letztes Jahr in Ried nicht alles nach Plan.
Schiemer: Da ist vielleicht Manches nicht ideal verlaufen, aber auch in diesem Bereich haben wir uns verbessert.
90minuten.at: So ein Beispiel wäre die Kommunikation rund um die Trennung von Christian Benbennek oder?
Schiemer: Ich war immer ehrlich gegenüber Christan Benbennek. Ich habe ihm damals auch ganz offen gesagt, dass ich den Trainermarkt beobachte, ich ihm aber nach wie vor vertraue, dass er es noch schaffen kann. Deshalb kann ich mir nichts vorwerfen weil ich immer alles offen kommuniziert habe bis zum Schluss - intern.
90minuten.at: Also hat Benbennek immer gewusst woran er ist?
Schiemer: Ja, aber es ist natürlich nie angenehm, wenn man persönlich unter Druck gerät. Am Ende haben die Ergebnisse nicht gestimmt.