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"Haben geschaut, wo man einen Wettbewerbsvorteil haben könnte" (2)

Seit Sommer ist der langjährige ÖFB-Frauen-Teamchef Coach des LASK. Zu Beginn galt es die Folgen des Trainingsskandals und der nicht optimal verlaufenen Meistergruppe zu verdauen. Nun geht es um mehr Positionsspiel. Im 90minuten.at-Interview erzählt er, wie das gelingen soll.

90minuten.at: Werden Sie im Winter Spieler holen? Eben auch wegen beispielsweise der Verletzung von Marco Raguz?

Thalhammer: Das ist ein Thema, über das man nachdenken kann. Die drei Stürmer, mit denen wir meistens spielen, gehen hohe Intensitäten als erste Pressinglinie. Da braucht es Möglichkeiten, wechseln zu können und Neue zu bringen. Unsere Daten sagen: Je besser die erste Pressinglinie arbeitet, umso weniger haben die anderen dahinter zu tun. Möglicherweise wird dieser Gedanke aktuell.

 

90minuten.at: Kann es auch aktuell werden, dass einer den Klub verlässt? Um Michorl gibt es immer wieder Gerüchte, Trauner ist 28.

Thalhammer: Einerseits gibt es aufrechte Verträge, andererseits ist es auch legitim, dass die Spieler aufgrund der Leistungen in den letzten Wochen und Monaten interessant werden. Ich denke aber, dass das rein spekulativ ist. Wenn's soweit kommt, wird man über alles reden.

 

90minuten.at: Inwiefern denken Sie in größeren Zusammenhängen? Als Chef der ersten Mannschaft muss man in Jahres-, wenn nicht Halbjahresschritten rechnen. Man wird nicht immer ablösefreie oder billige Spieler bekommen, da muss man auch betriebswirtschaftlich denken und den eigenen Nachwuchs im Auge behalten.

Thalhammer: Das ist ein legitimer Gedanke. Es gibt Synergien mit unserem Kooperationsverein Juniors OÖ. Dazu gibt es die Akademie. Aber der LASK hat sich in den letzten Jahren dadurch ausgezeichnet, dass man nicht nur kurz-, sondern auch mittel- und langfristig denkt. Es gibt ein Schattenteam, das man aufbaut und im Hinterkopf hat. Man weiß, was passiert, wenn der eine oder andere Vertrag in ein, zwei Jahren ausläuft und wer die Position einnehmen soll.

"Es ging darum, dass wir gemeinsam geschaut haben, wo man einen Wettbewerbsvorteil haben könnte. Ich denke, darum geht es immer." - Dominik Thalhammer

90minuten.at: Wie groß ist da die Umstellung im Gegensatz zum Nationalteam? Dort konnten sie aus einem großen Pool auswählen.

Thalhammer: Im Kompetenzbereich der Spielertransfers ist Jürgen Werner sehr aktiv. Das ist sein Bereich, dort hat er sich in den letzten Jahren extrem ausgezeichnet und ist wertvoll. Meine Aufgabe geht eher Richtung sportliche und strategische Ausrichtung.

 

90minuten.at: Im Endeffekt ist Jürgen Werner der Sportdirektor?

Thalhammer: Nein. Es ist so wie es ist. Wir haben einen Bereich, in dem es um Transfers geht, wo Jürgen sehr stark involviert ist. Es gibt eine sehr gute Struktur, wir sind auch zusammen tätig. Mein Kernbereich Richtung Sportdirektor ist dahin gerichtet, eine sportliche Ausrichtung, die Philosophie weiterzuentwickeln. So würde ich die Kompetenzverteilung sehen.

 

90minuten.at: Das Trainerteam ist groß – wie kam es zu diesem NFL-artigen Trainerteam? Kam das von Ihnen oder vom Verein?

Thalhammer: Es ging darum, dass wir gemeinsam geschaut haben, wo man einen Wettbewerbsvorteil haben könnte. Ich denke, darum geht es immer. Wenn man sich als Verein weiter entwickeln will, muss man immer solche Bereiche finden, in denen man zumindest einige Zeit ein Alleinstellungsmerkmal hat. Wenn man die althergebrachten Modell mit Trainer, Co-Trainer und relativ unklaren Kompetenzen hat, kann es ein Vorteil sein, wenn man sich mit ein oder zwei Spielphasen beschäftigt, klare Aufgaben hat und zu analysieren und zu entwickeln. Dann hat man nicht nur subjektive, sondern auch objektive Daten und Fakten zur Verfügung. Es ergibt einen Blick über den Tellerrand, man sieht, wer die besten Teams in dem jeweiligen Bereich sind, was man für sich selbst mitnehmen kann. Wenn man das so sieht, ist das sehr spannend. Ich sehe da eine Riesenchance.

 

90minuten.at: Einige Co-Trainer sind schon länger in der zweiten Reihe. Kann das diese nicht limitieren in ihrer Entwicklung? Oft sind junge Coaches ja Co-Trainer und dann Cheftrainer, wenn einer jetzt „nur“ Defensivtrainer ist.

Thalhammer: Es waren eigentlich alle Feuer und Flamme für das Projekt, weil es eine andere Herangehensweise ist. Von daher waren die Gespräche sofort extrem positiv. Sie waren sehr begeistert, in so einem Setting zu arbeiten.

 

90minuten.at: Geht es auch darum, auch weil das Frauen-Nationalteam sehr versatil war, unausrechenbarer zu werden?

Thalhammer: Das war auch unser Ansatz. Wir haben nicht immer 3-4-3 gespielt, wenn man genau hinsieht auch einmal im 4-3-3 und andere Positionierungen. Wenn man sich die Aufstellung im Fernsehen ansieht, wird man meistens das 3-4-3 sehen, aber am Platz sind viele Dinge dann anders. Es ist meiner Ansicht nach wichtig, flexibel und unausrechenbar zu sein. Dorthin soll es gehen.

 

90minuten.at: Der LASK kann viel, muss aber nichts, das betont die Führungsriege immer. Wie sieht Ihre persönliche Zielsetzung aus?

Thalhammer: Die Stärke des LASK war immer, in der Leistung und Leistungsentwicklung zu denken und die Performance zu erhöhen. Wenn uns das weiter gelingen sollte, auch wenn man abwarten muss, wie sich die Saison entwickelt, ist es möglich, dass man oben dran ist. Wenn man die Chance hat, noch weiter nach vorne zu kommen, werden wir diese nutzen. Aber wir wollen uns entwickeln und ein extrem stabiler Faktor unter den besten Vier zu werden.

 

90minuten.at: Es ist aber schon eng, gibt schlafende Riesen in Wien und Graz und überraschend stark spielende kleinere Klubs. Oder sagt man: Wir sind der LASK, wir müssen einen Europacupstartplatz haben.

Thalhammer: Wir sind auf einem sehr guten Weg. Wir suchen und finden immer Bereiche, in denen wir besser werden können. Wenn wir dieses Streben weiter verfolgen, dann gehört der LASK dort hin.

 

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