Interviews / 2018 / September

Franco Foda: "Wäre Stöger am Markt gewesen, hätten sie vielleicht ihn genommen“ (2)

Der Start in den Länderspielherbst ist Anlass genug, den Teamchef zum 90minuten.at-Interview zu bitten, mit ihm seine ersten Monate im Amt Revue passieren zu lassen und über die anstehenden Aufgaben zu sprechen.

90minuten.at: Sie bauen also im Wesentlichen die Idee im Nationalteam rund um die zur Verfügung stehenden Spieler auf?

Foda: Es muss eine Balance zwischen meiner Idee und dem, was die Spieler im Verein spielen, sein. Ich habe klare Vorstellungen, wie ich spielen will, trotzdem kann ich gewisse Dinge einfließen lassen. Ein Beispiel: Wir haben Hertha BSC besucht und Valentino Lazaro hat in einem 3-5-2 rechts offensiv gespielt. Das ist für mich ein Anhaltspunkt, dass, wenn wir Dreierkette spielen, er dort spielen kann. So läuft das bei uns ab. Heutzutage werden die Spieler aber auch sehr flexibel ausgebildet. Es gibt ja kaum noch eine Mannschaft, die permanent das gleiche System spielt. Julian Nagelsmann wechselt sogar in einem Spiel öfter das Spielsystem. Das hat man auch bei der WM gesehen. Die Teams im Halbfinale waren sehr flexibel. Belgien hat mal Dreier-, mal Viererkette gespielt. Sie haben sich am Gegner orientiert. Als Teamchef habe ich jedenfalls einen Vorteil: Ich arbeite mit den besten österreichischen Spielern. Sie verstehen schnell, was ich will.

 

90minuten.at: Extrem zugespitzt: Sie würden eher einen Sechser aus Hartberg nehmen als von Real Madrid, wenn er besser in Ihr Konzept passt?

Foda: (lacht) So ist es auch nicht.

 

90minuten.at: Sprechen wir gleich über dieses Thema. Wie groß ist die Diskrepanz zwischen den Legionären und den Bundesligaspielern? Wie weit sind die Besten hierzulande von beispielsweise einem David Alaba entfernt?

Foda: Alaba ist für mich gemeinsam mit Marcelo der beste Linksverteidiger der Welt. Ich kann nur immer wieder betonen: Für mich kommt es nicht auf die Liga an. Ob Louis Schaub bei Köln in der zweiten Liga spielt oder bei Rapid, einer bei Bayern oder bei West Ham, spielt für mich eine untergeordnete Rolle. Für mich zählt die Leistung, die er abruft und was er bei mir im Team zeigt. Darüber hinaus habe ich immer gesagt – und ich kann das bestens beurteilen, weil ich lange genug dort Trainer war – dass die österreichische Liga gut ist. Auch international. Die sind absolut in der Lage, im Nationalteam mitzuhalten. Das beste Beispiel ist Joelinton. Der war bei Rapid ein guter Spieler aber kein Topscorer und er ist jetzt Stammspieler bei Hoffenheim. Das zeigt doch, dass Spieler relativ schnell Fuß fassen. Die Liga ist nicht so schlecht, wie sie oft dargestellt wird. Man muss sich ja nur ansehen, wie sich ein Sadio Mané, Kevin Kampl oder Marcel Sabitzer entwickelt haben!

"Machen wir uns nichts vor: Wäre Peter Stöger am Markt gewesen, hätten sie vielleicht ihn genommen. Keine Ahnung." - Foda gibt sich keinen Illusionen hin

90minuten.at: Die heurige Europacupsaison war aber eher durchwachsen, außer Rapid und Red Bull waren alle recht schnell wieder weg vom Fenster.

Foda: Das ist einfach zu erklären. Die Admira hat letztes Jahr überrascht, da konnte man nicht erwarten, dass sie international groß performen. Beim LASK war ich live dabei und ich habe noch nie ein Spiel gesehen, in dem eine Mannschaft so unverdient ausgeschieden ist. Bei Sturm gegen Larnaka war der Leistungsunterschied von der Papierform auch nicht so groß. Auch in Zypern spielen viele Legionäre, die man nicht unterschätzen sollte. Ich sage immer: Du musst als österreichische Mannschaft immer an deine Grenzen gehen, um international zu bestehen. Das war bei Sturm dieses Mal nicht der Fall, aber Peter Zulj oder Stefan Hierländer können bei uns trotzdem eine gute Rolle spielen.

 

90minuten.at: Wenn Sie auf den Prozess zu Ihrer Bestellung als ÖFB-Teamchef heute mit etwas Abstand zurückblicken – wie optimal ist der abgelaufen?

Foda: Man weiß, dass ich mich nicht in Social Media, für mich ein Energieräuber, bewege und aus meiner Sicht war die Bestellung perfekt. Ich hatte von Anfang an gute Gespräche mit Peter Schöttel, Bernhard Neuhold und Leo Windtner. Ich war Wunschkandidat, wurde einstimmig gewählt. Aber logischerweise beschäftigt sich der ÖFB nicht nur mit einem Trainer. Es hätte ja auch sein können, dass Sturm mich nicht gehen lässt. Und ich hätte auch absagen können. Insofern muss sich ja jeder mit mehreren Trainern beschäftigen.

 

90minuten.at: Aber hätte man das nicht besser kommunizieren können, nachdem die Wahl getroffen worden ist?

Foda: Ich weiß gar nicht mehr, was da war.

 

90minuten.at: Es wurde schwadroniert, welche tollen Kandidaten es sonst noch gab.

Foda: Es gab drei Trainer, die in der Endauswahl waren und ich war einer davon.

 

90minuten.at: Man hätte auch nur über Sie reden können. Über den, für den man sich entschieden hat, mit dem man schlussendlich arbeiten will.

Foda: Also ich habe damit kein Problem.

 

90minuten.at: Stellen Sie sich vor, die Ergebnisse hätten nicht gepasst.

Foda: Dann wäre es so gewesen, dann hätte ich damit leben müssen, aber das ist mein Job. Ich bin schon so lange im Business drinnen und weiß, wie‘s funktioniert. Machen wir uns nichts vor: Wäre Peter Stöger am Markt gewesen, hätten sie vielleicht ihn genommen. Keine Ahnung. Ich kann ja nicht reinschauen, welche Gedanken da waren. Ich war von Anfang an einer der Wunschkandidaten und das wurde mir dementsprechend klar kommuniziert. Insofern habe ich kein Problem damit. Letztendlich haben sie bis jetzt alles richtig gemacht. (lacht)

 

90minuten.at: Wie funktioniert die Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit mit Sportdirektor Peter Schöttel?

Foda: Bei der Funktion des Sportdirektors wurde im Verband etwas verändert. Da ich vorher nicht da war weiß ich nicht, welche Aufgaben Willi Ruttensteiner hatte. Peter und ich tauschen uns aus, aber er ist ja auch für die U-Mannschaften und viele weitere Bereiche im ÖFB zuständig. Über alles andere müssten Sie eigentlich mit ihm reden.

(Interview wird auf Seite 3 fortgesetzt) 

 

>>> Weiterlesen - Seite 3: Vertraute im Trainerstab? Ligaspieler als 'Klinkenputzen'?

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