Interviews / 2018 / September

Franco Foda: "Wäre Stöger am Markt gewesen, hätten sie vielleicht ihn genommen“ (3)

Der Start in den Länderspielherbst ist Anlass genug, den Teamchef zum 90minuten.at-Interview zu bitten, mit ihm seine ersten Monate im Amt Revue passieren zu lassen und über die anstehenden Aufgaben zu sprechen.

90minuten.at: Bei der Bestellung des Sportdirektors und des Teamchefs spielt die Liga auch eine Rolle. War die Einberufungspolitik auch ein Klinkenputzen bei den heimischen Vereinen?

Foda: Ich verstehe diese Schärfe jetzt nicht. Sie werfen mir vor, ich betreibe Klinkenputzen, weil ich Spieler aus der Bundesliga einberufe?

 

90minuten.at: Das war nicht explizit negativ gemeint.

Foda: Aber so wurde es gesagt.

 

90minuten.at: Probieren wir es anders: Hätte die Liga möglicherweise ein Problem damit, würden gar keine Bundesligaspieler einberufen werden? Oder wäre das egal?

Foda: Richtig. Ich glaube, so lange kennt man mich: Ich treffe Entscheidungen komplett unabhängig und mit meinem Trainerteam. Bei mir gibt es nur ein Prinzip, und das ist die sportliche Leistung.

 

90minuten.at: Sie könnten auch anders entscheiden.

Foda: Könnte ich, wenn ich das Gefühl hätte, dass aus der Liga kein Spieler interessant für uns ist, würde ich keinen einberufen. Wer steht denn in der Verantwortung? Ich als Trainer. Es gab keine Vorgaben. Marcel Koller hat super gearbeitet und hatte seine eigenen Ideen. Ich habe als ehemaliger Sturm-Trainer einen guten Überblick über die Liga und ich weiß, dass viele ausländische Mannschaften an heimischen Spielern interessiert sind. Und die, die ich einberufen habe, haben im Nationalteam gute Leistungen gezeigt. Ich bin auch davon überzeugt, dass viele Spieler aus der heimischen Liga die Qualität haben, im Ausland spielen zu können.

 

90minuten.at: Darauf zielte die Frage ab, dass es im Vergleich zu Ihrem Vorgänger jetzt eine andere Policy gibt.

Foda: Koller war von seinen Spielern überzeugt und hat alles richtig gemacht. Es macht aber jetzt keinen Sinn, immer Foda mit Koller zu vergleichen. Warum funktioniert ein Spieler in dieser Mannschaft nicht und in der anderen schon? Das lässt sich nicht immer eindeutig beantworten. Marc Schmerböck zum Beispiel. Auf einmal schießt der beim WAC ganz viele Tore. Deni Alar hat damals bei Sturm auch plötzlich funktioniert, viele Tore erzielt und davor war es etwas anders. Das gibt es immer wieder. Da spielen viele Dinge eine Rolle. Ich treffe Entscheidungen aus Überzeugung. Wir mussten für den Lehrgang jetzt auch harte Entscheidungen treffen: Die Torwartfrage oder die Nicht-Berücksichtigung von Moritz Bauer. Ich kann aber eben leider nur 20 Spieler plus drei Torleute einberufen.

 

"Die Öffentlichkeit darf das so sehen. Für mich ist die Gruppe sehr ausgeglichen, aber ich will immer Erfolg und das Maximum." - Ist Österreich in der Nations League Favorit?

90minuten.at: Nächstes Thema: Im Trainerstab gibt es durch das Ausscheiden von Klaus Lindenberger mittlerweile „nur“ noch Vertraute von Ihnen.

Foda: Fakt ist, dass Koller und sein Assistent Thomas Janeschitz gegangen sind. Ich wollte meine vertrauten Co-Trainer Thomas Kristl und Imre Szabics mitnehmen, weil mir Loyalität sehr wichtig ist. Wäre noch ein Co dagewesen, der mich überzeugt hätte, hätte ich ihn vielleicht zusätzlich zu meinem Trainerstab übernommen. Klaus Lindenberger als Tormanntrainer habe ich übernommen, auch die Konditionstrainer, Physiotherapeuten und Ärzte. Warum? Ich habe mir ein Bild gemacht und es hat alles gepasst. In der Woche vor der aktuellen Kaderbekanntgabe hat mich Peter Schöttel informiert, dass Lindenberger aus persönlichen Gründen aufhört. Wir haben dann telefoniert und er hat mir seine Gründe erklärt (Anm.: Nach dem Interview hat sich herausgestellt, dass Klaus Lindenberger als Tormanntrainer nach Israel wechselt). Ich musste dadurch schnell eine Entscheidung treffen. Da war es für mich naheliegend, jemand ÖFB-internen zu nehmen. Ich habe mich für Pepi Schicklgruber entschieden. Ich kenne ihn, ich habe mit ihm gespielt und hatte ihn als Spieler. Er ist Tormanntrainer bei der U16, wobei mir auch Martin Scherb (U16-Teamchef) entgegengekommen ist. Mir war es wichtig, dass ich für diesen Lehrgang eine vertraute Person an meiner Seite habe. Für eine langfristige Lösung müssen viele Parameter stimmen, beginnend bei meinen klaren Vorstellungen von einem Tormanntrainer bis hin zur Harmonie im Gefüge.

 

90minuten.at: Wann wird das passieren?

Foda: Nach diesem oder dem nächsten Lehrgang. Wir sind da relaxed, bei so wichtigen Personalien muss man sich Zeit nehmen, um die richtigen Entscheidung zu treffen.

 

90minuten.at: Mit der Nations League geht das Nationalteam in einen neu geschaffenen Bewerb. Ihre Mannschaft trifft auf Bosnien-Herzegowina und Nordirland. Ist Österreich in dieser Kleingruppe der Favorit?

Foda: Ich bin schon lange hier und kenne die Erwartungshaltung.

 

90minuten.at: Also sind „wir“ Favorit?

Foda: Die Öffentlichkeit darf das so sehen. Für mich ist die Gruppe sehr ausgeglichen, aber ich will immer Erfolg und das Maximum. Wenn wir die Chance haben wollen, uns über die Nations League für die EM zu qualifizieren, sollten wir Gruppenerster werden. Das ist unser Ziel. Ob das gelingt, wird man sehen. Weiters steigt man als Erster in die A-Gruppe auf. Das hat positive finanzielle Auswirkungen für den Verband und es bedeutet bessere Gegner. Darum nehmen wir den Bewerb sehr ernst.

 

90minuten.at: Ist die Nations League sinnvoller als Freundschaftsspiele?

Foda: Es ist immer besser, wenn es um etwas geht. Wir alle wollen lieber Spannung. Trainer, Fans, Spieler, Journalisten. Sie schreiben auch lieber über etwas, wenn es spannend ist.

 

90minuten.at: Das nächste Großereignis ist die Europameisterschaft 2020. Ist die Qualifikation für den ÖFB ein Muss?

Foda: Wie oft war Österreich bisher bei der EM? Einmal aus eigener Kraft, oder?

 

90minuten.at: Das Teilnehmerfeld wurde aber vergrößert.

Foda: Ich will zur EM, darum bin ich angetreten. Das ist klar. Ich will mich immer qualifizieren, auch für die WM. Man muss Ziele haben, sonst erreicht man nichts. Ich sage nicht: Wir müssen dorthin, aber wir wollen. Wir haben Potenzial und Qualität dafür.

 

90minuten.at: Wir danken für das Gespräch!

 

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