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Fritz Stuchlik: "Der Video-Beweis braucht nicht den vollen Zuspruch einer Ikone wie Buffon“ (3)

Kein Thema erhitzte im vergangenen Herbst die Gemüter so, wie die Diskussion um die Einführung des Video-Assistenten (VAR). Für ÖFB-Schiedsrichter-Manager Fritz Stuchlik ist die Einführung dennoch wünschenswert. Außerdem spricht er im großen 90minuten.at-Interview über Morddrohungen gegen Schiedsrichter, Regeländerungen und den Traum vom Elite-Schiedsrichter.

Interview Fritz Stucklick Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

90minuten.at: Zurück nach Österreich. Ist die Einführung des Video-Referees bei uns ein Thema?

Stuchlik: Es ist sicherlich ein Thema dem wir uns nicht verschließen. Die Frage ist, ob es Sinn macht als Österreich in einer Probezeit schon mit auf den Zug aufzuspringen. Ich schließe momentan keine der drei Varianten aus.

 

90minuten.at: Welche drei Varianten?

Stuchlik: Entweder der Videobeweis wird nach der Pilotphase sowieso fallen gelassen, die IFAB schreibt ihn ins Regelwerk oder es wird den jeweiligen Ligen überlassen. Dann müssen wir schauen, ob es Sinn macht.

 

90minuten.at: Welche ist die Wahrscheinlichste?

Stuchlik: Die Testphase läuft noch bis Sommer 2018, ich denke es ist noch alles offen.

 

90minuten.at: Mit welchem Aufwand wäre eine Einführung verbunden?

Stuchlik: Wir bräuchten für jedes Spiel einen Schiedsrichter und einen Assistenten, die vor den Bildschirmen sitzen. Zusätzlich bedarf es eines Operators, der die Technik bedient. Heißt also, ich brauche drei Personen. Darüber hinaus gibt es eine gewisse Anzahl an Kamerapositionen, die vorgeschrieben sind. Außerdem muss der Schiedsrichter auf dem Feld irgendwo die Möglichkeit haben, sich die Situation noch einmal anzuschauen. Dort dürfen aber keine Fans sitzen. Und natürlich benötigt es auch einen Regierraum.

 

90minuten.at: Wäre denkbar, dass in Zukunft Leute als Video-Assistent tätig sind, die keine ausgebildeten Schiedsrichter sind? 

Stuchlik: Nein, es gibt insgesamt drei Personengruppen die als Video-Schiedsrichter tätig sein können. Zum einen Schiedsrichter, deren Name sich auf der List der jeweiligen Liga befindet. Konkretes Beispiel: Wenn Harald Lechner nicht im Einsatz ist, dann könnte er als VAR agieren. Gruppe zwei wären die unmittelbar ausgeschiedenen Schiedsrichter - und auch jene, die die Video-Schiedsrichter ausbilden, könnten diese Aufgabe ebenfalls verrichten.

 

90minuten.at: Spielen nicht auch die Medien für das Gelingen eine wichtige Rolle?

Stuchlik: Wichtig ist im Vorfeld, und das geht nur über die Medien, dem Konsumenten zu kommunizieren was er zu erwarten hat. Also besteht die Arbeit der Medien darin, Aufklärung zu betreiben.

 

90minuten.at: Neben dem Video-Assistenten gibt es ein weiteres Thema, das wieder aktuell wurde.

Stuchlik: Wirklich? Welches?

 

"Da gibt es sicher einige, die sich sehr gut mit ihrem Arbeitgeber verständigt haben oder gar selbstständig sind. Die sehen gar keine Notwendigkeit, etwas am Status quo zu ändern." - Stuchlik über Profischiedsrichter

90minuten.at: Die Schweiz hat die Teil-Professionalisierung der Schiedsrichter beschlossen. Für den ÖFB kein Thema?

Stuchlik: Auch dagegen verschließen wir uns nicht. Die Frage ist die Machbarkeit. Diese ist wiederum abhängig von der Finanzierung und der Bereitschaft der Schiedsrichter. Da gibt es sicher einige, die sich sehr gut mit ihrem Arbeitgeber verständigt haben oder gar selbstständig sind. Die sehen gar keine Notwendigkeit, etwas am Status quo zu ändern.

 

90minuten.at: Was bringt so eine Professionalisierung dann?

Stuchlik: Ich sage Ihnen was sie nicht bringt: Es wird nicht nachhaltig dazu führen, dass keine Fehler mehr gemacht werden.

 

90minuten.at: Ihre Schweizer Kollegen erwarten sich dadurch ein höheres Ansehen für die eigenen Schiedsrichter.

Stuchlik: Dass kleinere Ligen nicht im Konzert der Großen mitspielen, ist völlig normal. Natürlich, ein Schiedsrichter der wöchentlich in der Premier League pfeift, hat eine ganz andere Herausforderung als einer, der in der Schweiz oder in Österreich tätig ist. Dadurch sind die kleineren Verbände gezwungen, Maßnahmen zu setzen. Ob es wirklich etwas bringt, ist wieder etwas anders.

 

90minuten.at: Und so eine Maßnahme ist die Teil-Professionalisierung?

Stuchlik: Die Schweiz hat das große Problem, dass sie in der Vergangenheit immer einen Spitzen-Schiedsrichter gehabt hat. Im Moment aber haben Sie nur einen Schiedsrichter, der in der zweithöchsten Kategorie, der „First Category“, angesiedelt ist. Wir in Österreich haben hingegen zumindest drei in dieser Kategorie. Dadurch hat die Schweiz, optisch zumindest, mehr Bedarf gehabt im Moment etwas zu ändern als wir.

 

90minuten.at: Wie lässt sich dann das internationale Ansehen der österreichischen Schiedsrichter beschreiben?

Stuchlik: Da ist die Frage, wer beurteilt, wie das Ansehen aussieht.

 

90minuten.at: Sie haben gesagt, dass es drei Schiedsrichter in der „First Category“ gibt.

Stuchlik: Rein nominell betrachtet, mit drei Schiedsrichtern in der „First Category“, sind wir sicherlich gut aufgestellt.

 

90minuten.at: Aber nur die Elitekategorie hat Chancen auf Einsätze in der Champions League oder bei Endrunden?

Stuchlik: Also jede WM oder EM ist mit der „First Category“ ausgeschlossen. Zu einem Champions-League-Einsatz könnte es einmal kommen, aber nicht regelmäßig.

 

90minuten.at: Für Sie als Verantwortlichen ist es also das Ziel wieder einen Schiedsrichter in die Elitekategorie zu bekommen?

Stuchlik: Unser Ziel ist ganz klar definiert. Wir wollen nicht nur einen Schiedsrichter in der Elite haben, sondern künftig auch wieder bei einem Großereignis dabei sein. Ob das nun kurz-, mittel- oder langfristig realisierbar sein kann, wird sich zeigen.

 

90minuten.at: Dabei wären doch Schiedsrichter aus kleineren Nationen prädestiniert dafür, in der entscheidenden Phase der Champions League zu pfeifen oder?

Stuchlik: Absolut richtig. Die UEFA hat deshalb in der Vergangenheit immer wieder dezidiert Ausschau nach Schiedsrichtern gehalten, die eben nicht aus den großen Nationen kommen. Da gibt es einige Beispiele: Milorad Mazic (Serbien), Damir Skomina (Slowenien) und natürlich Victor Kasai (Ungarn).

 

90minuten.at: Weil Sie zuvor den Liga-Alltag angesprochen haben. Ist die serbische oder slowenischen Liga denn höher einzuschätzen als die österreichische?

Stuchlik: Das kann ich nicht beurteilen. Da maße ich mir auch kein Urteil an. Aber ich maße mir an zu sehen, dass auch Schiedsrichter aus kleineren Verbänden in den Spitzenbereich kommen können.

 

90minuten.at: Zum Abschluss: Auf welche Neuerungen müssen sich die Fans in Österreich demnächst einstellen?

Stuchlik: Ich kann die Fans beruhigen, im Frühjahr 2018 wird es keine Neuerungen geben. Und auch ab Juni ist nichts Großes zu erwarten.

 

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