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Nestor el Maestro: "Schon fast Mobbing gegen reaktiven Fußball"

Wie tickt der neue Trainer des SK Sturm? Nestor el Maestro legt im Interview mit dem 'Standard' seine Vorstellungen dar.

Nestor el Maestro spricht im Standard-Interview über ...

 

... seine Vorstellungen von Fußball: "Die großen Mannschaften, die einen Stil wählen, nach dem man sich orientiert – Manchester City oder Sarris Chelsea mit Dominanz und Ballbesitz oder Juventus Turin mit defensiver Stabilität – das sind alles richtig große Mannschaften, die 90 Prozent ihrer Pflichtspiele gegen deutlich billigere Gegner bestreiten. Ein Verein wie Sturm, der der gehobenen Mitte angehört, wo viele Gegner auf dem Papier unterlegen sind aber auch schon jede Menge auf dem Papier überlegen und teurer sind – da ist eine gewisse Reaktivität oder Einstellung auf den Gegner schon sehr nötig. Die Mannschaften, die tatsächlich reaktiv spielen – da siehst du es halt. Die reden nie davon. Nie. Weil es mittlerweile fast Mobbing dagegen gibt. Es ist gefährlich. Du wirst sofort negativ betrachtet, das wird nur im Erfolgsfall toleriert. Ich habe nicht vor, nur auf Konter zu spielen oder nur reaktiv zu spielen oder die Mannschaft nur auf den Gegner einzustellen."

... das, was er bei Spielern sucht: "Charakter in erster Linie, Laufbereitschaft in der zweiten. Und dann auf der einen oder anderen Position das, was ich Entscheiderqualität nenne – da brauchst du nicht mehr als zwei oder drei. Das sind Leute, die es häufig schaffen, aus dem Nichts Tore vorzubereiten oder zu erzielen. Das ist extrem wertvoll für einen Trainer. Da kannst du häufig gut aussehen nach einem Spiel, obwohl du gar nicht so geil gespielt hast. Immer, wenn es solche Spieler bei Sturm gab, die dann auch die richtige Form gehabt haben – ich sage nicht, dass es in der Theorie nicht jetzt welche gibt – aber immer, wenn es Peter Zulj gibt, spielst du auf Augenhöhe mit dem Gegner und hast trotzdem gewonnen, weil der drei Leute ausgetanzt hat und das Tor geschossen hat. Das hat wenig mit Taktik zu tun. Das sind aber die Leute, die am schwierigsten zu bekommen sind."

... über Aha-Momente: "Taktisch kommt es mittlerweile selten vor, dass ich einen Heureka-Moment habe. Früher war das häufiger der Fall. Man orientiert sich immer an den erfolgreichen Mannschaften, man geht davon aus, dass sie etwas richtig machen. Dann schaust du eine erfolgreiche Mannschaft und es sieht total gut aus und funktioniert immer. Dann zerbrichst du dir den Kopf: Warum eigentlich? Also nicht, was passiert, sondern: Was ist die Vorgabe? Was üben die, das anders ist als bei den anderen? Und dann, wenn du genug schaust, kriegst du es irgendwann raus. Es ist nicht das Einfachste der Welt, aber Fußball ist auch keine Quantenphysik."

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