Wie ein Anruf bei Ex-Vizekanzler Mitterlehner die Eröffnung des Allianz Stadions rettete
Raphael Landthaler spricht in der aktuellen Ausgabe des KaffeehausTALK über das Allianz Stadion als europäische Benchmark, die Wichtigkeit der Digitalisierung von Fußballvereinen und warum seine Zeit bei der Bundesliga nach nur wenigen Monaten auch schon wieder zu Ende war.
Ich bin überzeugt, dass es 24 Klubs in Österreich schaffen, Profi-Fußball zu spielen. Wenn es die richtigen Klubs sind. Das gibt unser Land her. Es geht um Traditionsklubs beziehungsweise Traditionsmarken, die Zuschauer begeistern können.
Raphael Landthaler in der aktuelle Ausgabe des KaffeehausTALK über …
… die Kreditverhandlungen für den Bau des Allianz Stadions: „Das Verhandlungsteam bestand aus drei Personen. Martin Bruckner, damals Finanzreferent, heute Präsident. Nikolaus Rosenauer, Vizepräsident und Jurist, und meine Person. Die finalen Verhandlungen haben am Freitagnachmittag um 13 Uhr begonnen und sind bis Samstag um 3 Uhr in der Früh gegangen. Wir haben mit Bankenvertretern über 12 Stunden ein 80-seitiges Dokument verhandelt. Das werde ich auch nie vergessen, es war ein sehr, sehr spannendes Momentum damals.“
… die Rolle von Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bei der Eröffnung des Allianz Stadions: „Es waren am Eröffnungstag vier LKWs mit Business-Sitzen, die noch gefehlt haben, am Weg nach Wien. Allerdings mussten sie zuerst noch ins Zolllager fahren, um die Ware zu verzollen. Das sperrt erst um 9 Uhr auf, und somit wären sie frühestens um 11 Uhr oder 12 Uhr im Allianz Stadion gewesen. Um 14 Uhr war aber der Einlass zum Eröffnungsspiel. Da war klar: Das schaffen wir nicht. 600 Business-Sitze haben gefehlt, und der VIP-Club war ausverkauft. Ich habe dann den damaligen Rapid-Präsidenten Michael Krammer angerufen und ihm die Situation geschildert. Er hat daraufhin den Vizekanzler Reinhold Mitterlehner kontaktiert. Eine halbe Stunde später hat mich Michael zurückgerufen: ‚Sag der Spedition, es ist alles geregelt, sie können direkt ins Stadion fahren, die Verzollung wird dort vor Ort geregelt.‘ Das war dann das grüne Licht, und um 4 Uhr in der Früh sind die LKWs beim Stadion eingetroffen.“
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… das Allianz Stadion als europäische Benchmark: „Das Allianz Stadion ist in Europa für mittelgroße Stadien, die in den letzten 10 Jahren gebaut wurden, eine absolute Benchmark. Es gibt viele Besucher, die Rapid fragen: ‚Wie habt ihr das geschafft, wie habt ihr das gemacht? Denn es ist wirklich fantastisch, mit welcher Qualität und zu welchem Preis ihr es errichtet habt.‘“
… die Wichtigkeit der Digitalisierung von Fußballvereinen: „Fußballklubs haben eine gewisse Reichweite, eine Fan-Base. Daher ist es ganz, ganz wichtig, dass man für die Digitalisierung eine durchdachte Strategie hat. Mit der klaren Zielsetzung, die Fan-Base bestmöglich servicieren zu können.“
… die Internationalisierung von mittelgroßen Fußballvereinen: „Internationaler know-how-Austausch führt zur Kostenreduzierung durch Fehlervermeidung. Der zweite Punkt sind Kooperationen unter den Vereinen in sport- und fußballpolitischen Fragen. Und auch beim Erkennen von Trends ist die Internationalisierung ein Thema. Zum Beispiel eSports. Da haben wir uns bei Rapid natürlich auch mit jenen europäischen Klubs ausgetauscht, die schon Erfahrungen in diesem Bereich hatten. Zusammenfassend sind der know-how-Austausch, das Erkennen von Trends und das Vermeiden von Fehlern sehr wichtig, wenn man über Internationalisierung im Fußball spricht.“
… sein Hearing für die Position des Bundesliga-Vorstandes: „Der Aufsichtsrat der Fußball-Bundesliga hat das Hearing abgehalten. Es ging um die Steigerung der Vermarktungserlöse. Die Säulen meines Konzepts: Aufbau von Kernkompetenzen und einer Vermarktungsunit inhouse, Digitalisierung und Stärkung des Wettbewerbs.“
… seinen Austausch mit DFL-Chef Christian Seifert: „Wie ich bei der Bundesliga angefangen habe, war ich bei Christian Seifert, dem Chef der Deutschen Fußball-Bundesliga. Ich habe ihm mein Konzept vorgestellt, weil ich von ihm wissen wollte: Bin ich da auf dem richtigen Pfad? Er hat mich bestärkt, diese Strategie auch umzusetzen. Zwei Aussagen von ihm sind mir noch in sehr guter Erinnerung: ‚Wer jetzt nicht in die Digitalisierung investiert, der wird langfristig verlieren.‘ Die zweite Aussage war: ‚Jene Ligen, die über eine starke Liga-Administration, also eine starke Organisationseinheit, verfügen, sind seiner Meinung nach deutlich erfolgreicher, als jene Länder, in denen die Liga eine reine Administrationsrolle hat.‘
… die Maximierung der TV-Erlöse als Grundlage für Profi-Fußball: „Wie schaut denn die ideale Liga aus? Was macht eine Liga wirklich attraktiv? Wie schaffe ich es, Fans und Zuschauer zu begeistern? Um am Ende des Tages die TV-Erlöse zu maximieren. Denn die TV-Erlöse sind notwendig, um Profi-Fußball zu ermöglichen. Langfristig glaube ich nicht, dass eine Liga, wo keine relevanten TV-Erlöse erzielt werden, Profi-Fußball bieten kann. Das Problem haben wir in Österreich bereits in der 2. Liga. Hier haben wir die Mischung aus Profis und Amateuren.“
… die richtigen Klubs für Profi-Fußball in Österreich: „Ich bin überzeugt, dass es 24 Klubs in Österreich schaffen, Profi-Fußball zu spielen. Wenn es die richtigen Klubs sind. Das gibt unser Land her. Es geht um Traditionsklubs beziehungsweise Traditionsmarken, die Zuschauer begeistern können, die eine gewisse Fan-Basis mit sich bringen. Dazu zählen zum Beispiel auch die Vienna, der Wiener Sport-Club, der Kremser SC oder Bregenz. Diesen Klubs muss ich eine Perspektive geben, damit sie sich in einer zweiten Liga entwickeln können. Da gibt es nicht viele Vereine, aber wenn man diese professionell führt, dann kann man daraus etwas Gutes machen.“
…seinen Wunsch nach klaren Regelungen für Investoren im österreichischen Fußball: „Es ist wichtig, dass man ein Regelwerk schafft, das die Essenz des Fußballs schützt und gleichzeitig auch diese Kapitalisierung ermöglicht. Was meine ich damit? Ganz wesentlich ist – und da sind wir uns, glaube ich, alle einig: Der Fußball lebt sehr stark von seiner Tradition, vom Markenbewusstsein, von den Vereinsfarben, von seiner Historie. Und es soll einfach nicht möglich sein, dass irgendeiner hergeht, sich einen Klub kauft, den nach Belieben umbenennt und somit diese Tradition zerstört.“
… sein Ende bei der Fußball-Bundesliga: „Mir wurde mitgeteilt, dass, Corona-bedingt, die von mir vorgeschlagene Strategie nun doch nicht umgesetzt werden soll. Im Nachhinein würde ich einiges anders machen oder gar nicht mehr zur Liga wechseln, wenn dieser Reformgedanke nicht viel breiter getragen wird.“
… Innovationen, und warum er diese bei der Fußball-Bundesliga nicht umsetzen konnte: „Ich sehe bei Organisationen drei Möglichkeiten. Das eine ist die evolutionäre Entwicklung, das ist die Adaption auf neue Umweltbedingungen. Das zweite ist die Innovation, wo man aktiv Sachen ändert, um besser am Markt agieren zu können, um zukunftsfitter zu sein. Das Dritte ist die Revolution, wo man Bestehendes zunächst einmal vernichtet und alles neu aufbaut. Ich wollte immer die Innovation. Vielleicht wurde ich aber auch als Revoluzzer angesehen. Vielleicht habe ich meine Absichten, meine Pläne, zu schlecht kommuniziert.“
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