Werners Aus: Ein Verlierer, ein Gewinner, ein Problem
Foto © GEPA

Werners Aus: Ein Verlierer, ein Gewinner, ein Problem

Jürgen Werners Rückzug als Sportvorstand der Austria ist eine Vorentscheidung im Richtungsstreit. Aber ganz so einfach ist das nicht.

Es wäre ein Leichtes gewesen, auf den Fehlstart in die neue Saison mit einer Beurlaubung des Trainers zu reagieren.

Doch die erste Konsequenz, die der FK Austria Wien aus der sportlichen Krise zieht, ist eine andere, eine weitreichendere. Jürgen Werner ist nicht mehr Sportvorstand der Veilchen.

Gewinner Harald Zagiczek

Harald Zagiczek geht als Gewinner aus der Situation. Der Wirtschaftsvorstand, der seit Oktober 2023 im Amt ist, ist nun alleiniger Vorstand der AG. Sein Verhältnis zu Werner war mit Fortdauer seines Engagements am Verteilerkreis mehr und mehr zerrüttet.

Dass es im Interesse Zagiczeks und auch jenem von Präsident Kurt Gollowitzer ist, die AG-Anteile der WTF-Gruppe rund um Werner zurückzukaufen, ist längst ein offenes Geheimnis.

Etwas mehr als acht Millionen Euro sind dazu nötig. Trotz intensiver Bemühungen scheitert die Austria-Familie seit vielen Monaten daran, das Geld aufzustellen.

Harald Zagiczek ist aktuell der einzige Vorstand
Foto © GEPA
Harald Zagiczek ist aktuell der einzige Vorstand

Somit bleibt Werner nach seinem Rückzug als Vorstand auch weiterhin Investor. Und es ist vertraglich fixiert, dass er seinen eigenen Nachfolger selbst vorschlagen kann, die Austria besitzt nur ein einmaliges Veto.

Die Crux

Und darin liegt die Crux an der aktuellen Situation. Werner könnte problemlos einen Statthalter installieren und somit weiterhin bedeutenden Einfluss auf die sportlichen Geschicke des Vereins nehmen.

Der Aufsichtsrat, in dem der Verein Austria Wien die Mehrheit hat, wird also kein großes Interesse daran haben, alsbald einen neuen Sportvorstand zu bestellen. Rein rechtlich geht es mit nur einem Vorstand auch.

Gleichzeitig ist die Austria in dieser Hinsicht ein gebranntes Kind. Letztmals alleiniger Vorstand war Markus Kraetschmer seit der Pensionierung von Sportvorstand Thomas Parits im Sommer 2015. Diese Machtkonzentration hat ihre Spuren in Form eines gewaltigen Schuldenbergs hinterlassen.

Jene Kräfte im Klub, die den FAK als Schmiede und Plattform für heimische Talente positionieren wollen, bekommen Auftrieb.

Abgesehen von den Ränkespielen auf Vorstands- und Aufsichtsratsebene kann Werners Aus als Sportchef auch als Vorentscheidung im strategischen Richtungsstreit angesehen werden.

Mehr Talenteförderung?

Werners Strategie, die Mannschaft mit ad-hoc-Verstärkungen zumeist ohne große Weiterverkaufsperspektive im Europacup an die großen Geldtöpfe zu führen, ist nie aufgegangen. Die Talenteförderung hat darunter gelitten, junge Spieler, die für den Transfermarkt attraktiv waren, hatten und haben Seltenheitswert.

Es ist davon auszugehen, dass sich das nunmehr ändern wird. Jene Kräfte im Klub, die den FAK als Schmiede und Plattform für heimische Talente positionieren wollen, bekommen Auftrieb.

Die Rolle der Fans

Das war zuletzt auch ein Anliegen der Fans, die immer wieder gegen Werners Machtfülle und Strategie protestiert haben.

Abgesehen vom internen Druck sollen es tatsächlich auch diverse Spruchbänder aus der Fanszene gewesen sein, die Werner zum Rückzug bewogen haben.

Kommentare