Rapids Fünferkette allein wird das Ruder nicht herumreißen
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Rapids Fünferkette allein wird das Ruder nicht herumreißen

Die Umstellung war aufgelegt, denn die Innenverteidigung ist Rapids stärkste Position. Das alternative System kann aber nur ein Baustein sein, um die Stabilität wiederzufinden.

Mehr als eine Verschnaufpause war der Sieg in Ried noch nicht. Die Situation des SK Rapid bleibt angespannt.

Es kommen zwei richtungsweisende Spiele, vor allem in St. Pölten ist keine Niederlage erlaubt. Und der Achtelfinal-Gegner im UNIQA ÖFB-Cup bleibt undankbar, der "Nuller" in Liefering war schließlich der erste überhaupt in dieser Saison für den SKN.

ÖFB-Cup-Achtelfinale: SKN St. Pölten - SK Rapid, Mittwoch, ab 20:30 Uhr im LIVE-Ticker >>>

Eine Blamage der Größenordnung Stripfing wäre ein Aus zwar nicht, aber der einfachste der drei Wege zu einem langersehnten Titel hat in Hütteldorf seit Jahren einen erhöhten Stellenwert. Verlieren eben doch verboten.

Da bringt auch der Sieg im Innviertel über einen Schuss zurückgewonnenes Selbstvertrauen hinaus noch nicht viel. Zumindest war das 2:0 aber eine leise Bestätigung der Umstellung auf eine Fünferkette.

In der Länderspielpause zur Einsatzfähigkeit geprobt, war die Premiere gegen die Fiorentina, noch kein Gradmesser - zu hoch die Qualität der "Viola". Gemessen an den sportlichen Ansprüchen Rapids war das Ried zwar auch nicht, die Fahrt in die ehemalige Keine-Sorgen-Arena war in der Vergangenheit aber selten sorglos.

Kader dafür prädestiniert

Nach der Bankrotterklärung gegen den LASK musste eine Lösung her, zuallererst die defensive Stabilität zurückzugewinnen.

Und nachdem Rapid auf der Innenverteidiger-Position am breitesten und durchgehend mit Qualität besetzt ist, war es eine logische Schlussfolgerung, davon drei auf den Platz zu stellen. Auch, wenn das Aufgebot durch das Fehlen von Jean Marcelin ausgedünnt ist.

Außerdem profitieren die Außenverteidiger, weil auf rechts mit Bendegúz Bolla der Stammspieler, und auf links mit Furkan Demir und Jonas Auer zwei Alternativmänner erhöhten Offensivdrang verspüren und zusätzliche Absicherung im Rückraum bekommen. Von Rapids Spielermaterial in der Defensive her ist die Fünferkette eine aufgelegte Variante.

Nach sehr wackligen Anfangsminuten, in denen sich dafür Paul Gartler auszeichnen konnte, funktionierte das alles akzeptabel, zumal die Gegenspieler nicht Edin Dzeko hießen.

Es bleiben Baustellen

Die Fünferkette kann damit ein probates Fundament sein, um an anderen Problemen zu arbeiten. Andere grobe Baustellen behebt sie nicht.

"Unabhängig vom System ist es der Einsatz am Platz, an dem die Zufriedenheit der Fans noch mehr hängt als an den Ergebnissen. Auch da war zuletzt nicht jeder Auftritt überzeugend genug."

Im defensiven Mittelfeld war Martin Ndzie zuletzt nicht durchgehend einsatzfähig, Lukas Grgic ist in Sachen Einsatzzeit bis dato der große Verlierer unter Peter Stöger. Romeo Amane hat im Spiel nach vorn aber größere Qualitäten, ist kein klassischer "Sechser".

Mit der Viererkette wurden die Räume im Mittelfeld für den Gegner zu groß, besonders bei schnellen Gegenstößen offenkundig. Die Verdichtung der Zentrale in der Fünferkette wirkt dem etwas entgegen, dennoch bleibt hier eine Schwachstelle, die zuletzt gnadenlos ausgenutzt wurde.

Dahl fehlt zu sehr

An den Abläufen in der offensiven Zentrale wird das neue System weniger ändern, und da funktionierte zuletzt auch zu wenig.

Die Abhängigkeit von gelungenen Einzelaktionen war und ist hoch, mit Petter Nosa Dahl fehlt die Lebensversicherung der ersten Spiele weiterhin und Rekordeinkauf Tobias Gulliksen ist noch nicht angekommen.

Auch, weil der Norweger bislang häufiger weiter hinten agieren musste, nicht als "Zehner" – als welcher er bei Djurgarden brillierte.

Grundlegendes Problem in der Athletik?

Kollege René Mersol bekam bei Stögers Einstands-Pressekonferenz noch die rhetorischen Ohren für die Frage langgezogen, ob der neue Trainer nicht für Defensivfußball stünde. Dabei war sie durch die öffentliche Rezeption der Besetzung aufgelegt.

Einen überzeugenden Gegenbeweis, dass Rapid unter Stöger auch begeisternden Offensivfußball spielen kann, gab es noch nicht.

Die Ausfälle von Dahl und neuerdings auch Claudy Mbuyi machen die Aufgabe, diesen spielen zu lassen, allerdings nicht leichter. Dass Athletiktrainer David Lechner nun aus dem Trainerteam ausscheiden musste, dürfte ein Indiz sein, dass der Fitnessbereich zu jenen Bereichen gehört, in denen Stöger langfristige Probleme verortet, die er aufbrechen will.

Aus der Krise raus braucht es Babysteps

So muss bis zur Wiedererlangung der offensiven Automatismen und Selbstverständlichkeit das Motto gelten, zumindest hinten nicht ins offene Messer zu laufen.

Damit ist die Fünferkette auch ein Hilfsmittel in der Not. Erfüllt sie diesen Zweck, könnte sie nun helfen, das schlimmste Tal zu überwinden, bevor die Ansprüche an das eigene Spiel und die Ergebnisse überhaupt wieder wachsen können.

Unabhängig vom System ist es der Einsatz am Platz, an dem die Zufriedenheit der Fans noch mehr hängt als an den Ergebnissen. Auch da war zuletzt nicht jeder Auftritt überzeugend genug.

In St. Pölten wird sich das keiner leisten können. Denn im Cup geht der Einsatz als Minimum sowieso nicht durch.

VIDEO: Gartler statt Hedl - der richtige Zeitpunkt?


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