Marc Janko, Jonatan Soriano, Erling Haaland, Patson Daka - die Liste an national wie international gefürchteten ehemaligen Salzburg-Goalgettern ließe sich noch lange weiterführen.
Selbst in schwierigeren Phasen konnten sich die "Bullen" in der jüngeren Vergangenheit eigentlich immer auf einen oder manchmal gleich mehrere Stürmer verlassen, die die Kohlen aus dem Feuer holten.
Stets gab es in der Mozartstadt den einen Spieler, der vor dem gegnerischen Tor aus ganz wenig richtig viel machen konnte, der gefühlt immer zur rechten Zeit am rechten Fleck stand. Ein richtiger Knipser eben.
Ein solcher fehlt momentan im Salzburger Kader. Das wurde am Mittwoch-Abend einmal mehr offensichtlich.
Kaum gelernte Stürmer
Vorneweg: Die "Bullen" verfügen aktuell über viele, spannende Angreifer. Sie alle wissen grundsätzlich, wo das Tor steht. Ein Torjäger, wie er im Buche steht und in Salzburg schon oft zugegen war, ist aber keiner von ihnen.
Nehmen wir die Partie gegen Club Brügge her. Yorbe Vertessen spulte objektiv eine super Leistung ab. Gegen seine Landsmänner war der Belgier ständig in Bewegung, leitete gleich zweimal traumhaft per Ferse weiter und erarbeitete sich zwei gute Chancen. Das Verwerten derselben zählt aber einfach nicht zu seinen Stärken.

Der flinke Angreifer ist gelernter Außenbahnspieler und wurde erst in den letzten Jahren zum Stürmer umfunktioniert. In noch keiner seiner Profi-Saisonen schaffte der 24-Jährige zehn Saisontore oder mehr.
Neben Vertessen lief diesmal der eigentliche Rechtsaußen Dorgeles Nene im Doppelsturm auf, da Karim Onisiwo - zu ihm später mehr - erneut ausfiel. Der Malier war in der Vorsaison der beste Salzburger Torjäger - mit gerade einmal 15 Toren aus 49 Spielen wohlgemerkt.
Bitte nicht falsch verstehen, das ist eine starke Marke für einen Spieler wie ihn, der seine Stärken ganz klar mit dem Ball am Fuß hat und genau so gerne als Vorbereiter wie als Torschütze in Erscheinung tritt. Aber es ist bezeichnend dafür, dass die Salzburger Stürmer-Thematik keine völlig neue ist.
Aber bleiben wir beim Brügge-Spiel. Anstelle von Vertessen wurde nach einer guten Stunde Edmund Baidoo eingewechselt. Ein weiterer gelernter Flügelspieler, der speziell in der Vorsaison schon großartige Ansätze gezeigt hat. Auch der junge Ghanaer hat allerdings offensichtliche Schwächen im Torabschluss.
Onisiwo einmal mehr verletzt
Nach 75 Minuten kam mit Petar Ratkov schließlich ein "echter" Stürmer ins Spiel. Er brachte viel frischen Wind und bestätigte damit eine Entwicklung, die bereits in den letzten Wochen zu sehen war: Der junge Serbe hat spielerisch einen Schritt nach vorne gemacht.
Das Problem: Ratkov ist einfach nicht torgefährlich. Rund 250 Minuten brauchte der 1,93-Meter-Hüne bisher im Schnitt für ein Tor im Salzburg-Dress. Für die Ansprüche der "Bullen" ist das einfach zu wenig.
Der bereits erwähnte Karim Onisiwo verpasste am Mittwoch sein insgesamt neuntes Spiel seit seinem Salzburg-Wechsel im Winter aufgrund einer Verletzung. Über die Qualitäten des verletzungsanfälligen Wieners braucht man nicht diskutieren. Als klassischer Goalgetter trat der ehemalige Flügel-Dribbler in seiner Karriere bisher allerdings nicht in Erscheinung. Immerhin könnte er für das Brügge-Rückspiel wieder fit werden.
Adam Daghim ist hingegen momentan ein wenig außen vor und blieb auch am Mittwoch 90 Minuten auf der Bank. Der Däne ist talentiert, brutal schnell, aber einfach nicht eiskalt vor dem Tor.
Aus Liefering hat sich Enrique Aguilar zuletzt empfohlen, der Schweizer wartet nach seiner Beförderung noch auf seine erste richtige Chance. Philipp Verhounig muss nach einer längeren Verletzungspause indes in der ADMIRAL 2. Liga erst wieder ins Toreschießen kommen.
Salzburg schießt viel weniger Tore, als die Statistik es vorhersagt
Gegen Brügge konnten die Salzburger trotz zahlreicher (Halb-)Chancen schlussendlich nicht anschreiben. 1,82 Tore hätten sie laut Expected-Goals-Metrik erzielen sollen. In diesem Sommer blieben sie schon in den Klub-WM-Spielen gegen Al-Hilal und Real Madrid, dem Heimspiel gegen Brann Bergen und zuletzt gegen die SV Ried (großteils deutlich) unter den erwarteten Toren.
Insgesamt 5,25 Tore mehr hätten die "Bullen" laut Berechnung von "fotmob.com" in diesen fünf Spielen schießen sollen.

Sportchef Rouven Schröder wehrte sich zuletzt dagegen, dieser Problematik mit einem "einfachen" Transfer entgegenzuwirken. Der Transfermarkt sei eben kein "Wünsch dir was", man könne sich die Tore nicht einfach kaufen - und wenn dann nur zu einem Preis, den die Salzburger aktuell nicht zu zahlen bereit sind.
Schröder verwies zum einen darauf, dass Karim Konate zuletzt wieder ins Training einstieg - wenngleich betont werden muss, dass der Ivorer, der mit Sicherheit die gesuchten Knipserqualitäten hätte, noch lange keine ernsthafte Option sein wird -, zum anderen nahm er die Spieler aus den anderen Mannschaftsteilen in Bezug aufs Toreschießen in die Pflicht.
Etwas Torgefahr aus dem Mittelfeld...
Keine Frage: Ein Sota Kitano etwa könnte sich sehr wohl als regelmäßiger Torjäger etablieren, der Japaner erwischte einen tollen Start in Salzburg. Maurits Kjaergaard ist ebenfalls ein torgefährlicher Mittelfeldspieler, speziell nach ruhenden Bällen trifft er gerne. Kerim Alajbegovic hat unheimliches Potenzial und wird sich für seine starken Offensiv-Aktionen bald auch mit Toren belohnen.
Aber damit war es das auch. Gehen wir die restlichen Startelfkandidaten durch:
Im defensiven Mittelfeld ist mit Mads Bidstrup zwar einer der laufstärksten und leidenschaftlichsten, aber gleichzeitig auch einer der ungefährlichsten Salzburg-Kicker aller Zeiten zuhause. Bei den beiden malischen Sechsern, Soumaila Diabate und Mamady Diambou, sieht es bezüglich Stärken im Torabschluss nicht viel besser aus.
...aber kaum welche aus der Defensive

Selbiges gilt für die Außenverteidiger-Positionen. Frans Krätzig ist zwar ein offensivstarker Linksverteidiger, aber keiner, der gerne selbst den Abschluss sucht. Das wurde am Mittwoch einmal mehr offensichtlich. Stefan Lainer traf während seiner ersten Salzburg-Ära eigentlich relativ regelmäßig, tauchte seit seiner Rückkehr gefühlt aber noch nicht einmal in einer Abschlussposition auf.
Auch die Innenverteidiger Jacop Rasmussen und Joane Gadou sind trotz ihrer Größe bis dato nach Standards ebenfalls noch nicht gefährlich geworden. Das liegt zum einen daran, dass diese trotz dem Comeback von Kjaergaard weiterhin nicht allzu gut zur Mitte kommen, zum anderen daran, dass weder Rasmussen (fünf Tore in 219 Spielen) noch Gadou (null Tore in 32 Spielen) in ihrer bisherigen Profi-Karriere Torgefahr ausstrahlten.
Manchmal wirkt es so, als hätte der ein oder andere Salzburger mehr Angst vor dem Torerfolg als Hunger darauf. Ein Stürmer, der sich von Toren regelrecht ernährt, ist unter den aktuell fitten Spielern weit und breit nicht zu finden.
Ein Knipser würde die ganze Mannschaft besser machen
Kurzum: Die mangelnde Chancenverwertung ist nur eine der aktuellen Salzburger Baustellen, aber mit Sicherheit die größte. Die "Bullen" spulten gegen Brügge eine gute Leistung ab und es spricht für sie, dass sie überhaupt so regelmäßig im gegnerischen Sechzehner auftauchten.
Dort angekommen, wirkte es aber nicht nur einmal so, als hätte der ein oder andere Salzburger mehr Angst vor dem Torerfolg als Hunger darauf. Ein Stürmer, der sich von Toren regelrecht ernährt, ist unter den aktuell fitten Spielern weit und breit nicht zu finden.
Dabei würde den Salzburgern genau so ein Spielertyp so gut tun - in Hinsicht auf die internationalen Aufgaben, aber freilich auch auf nationaler Ebene.