Foto: © GEPA

Fodas Kampf mit der Message Control

Das Nationalteam muss nach fünf Siegen in Folge Kritik einstecken. Vorne zu uninspiriert, in der Rückwärtsbewegung zu passiv, mit Ballbesitz kann wenig angefangen werden. Die ÖFB-Protagonisten sind bemüht, die Deutungshoheit zurückzugewinnen. Es wird zunehmend schwieriger.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Kommentar von Georg Sander

 

Der ÖFB-Teamchef war nach dem 2:1 gegen Nordirland genervt. Man habe ja eh gewonnen. Und mittlerweile „kann ich es nicht mehr hören, es ist einfach schwierig, wenn eine Mannschaft mit zehn Mann hinter dem Ball spielt, die Räume eng macht und aggressiv spielt", raunte Foda.

Selbstkritik - direkt nach dem Match - kam hingegen zunächst von ÖFB-Kapitän Julian Baumgartlinger: „Wir haben uns zu langsam bewegt. Wir haben von Station zu Station zu Station gespielt, statt dass wir unser Spiel über die Seiten verlagert haben. Dann hätten wir es vielleicht ein bisserl mehr aufreißen können.“ Zumindest hat er das direkt nach dem Spiel noch so gesehen. Baumgartlinger ging in der 78. Minute vom Feld. Er hatte also genug Zeit, über die Leistung nachzudenken. Er dürfte seine Worte also nicht zufällig gewählt haben.

"Wir haben uns zu langsam bewegt." - Julian Baumgartlinger, nach dem Spiel am Sonntag

Öffentliche Kritik

Was folgte, war öffentliche Kritik. Während des Spiels bereits in den sozialen Medien. Gut, das ist nicht unbedingt neu. Neu war die massive Kritik in den Medien, der Kurier nannte etwa den Sieg eine "Blamage". Schon das Testspiel gegen Luxemburg war kaum anzusehen. Es war nicht das erste derartige Spiel. Damals konnte man noch meinen: Gut, es ist die B-Elf, ein Test. Nur hat dann Österreichs erster Anzug lange Zeit auch ein uninspiriertes Ballgeschiebe auf das Happel-Geläuf gelegt, das offenbar jeder gesehen hat, inklusive Kapitän.

Klar, Foda hat Recht, dass sich der Gegner hinten reinstellt gegen die vornehmlich aus Legionären der deutschen Bundesliga bestehenden Nationalmannschaft. Vor diesen Problemen stehen spielstarke Klubs nun einmal. Salzburg probiert es dann mit noch schnellerer Kombination oder, das macht der Verfolger aus Linz besser, mit Standards. Es ist also kein ÖFB-exklusives Phänomen, dass Gegner tief stehen. Aber schnelle Kombinationen, starke Standards oder generell einen Plan gegen diese tief stehenden Mannschaften, hat das Nationalteam offenbar nicht. Und mit sieben, oder je nach Sichtweise gar acht defensiven Spielern in der Startformation hat man auch nicht das Gefühl, als ob Foda jemals einen anderen Plan verfolgt hat.

"Wir haben in den letzten Jahren immer gesehen, dass man in Schönheit sterben kann." - Der ÖFB-Kapitän am Dienstag

Und dann war Dienstag

Zwei Tage nach dem Spiel gegen Nordirland und einen Tag vor - einem wohl ähnlichen Spiel - gegen Norwegen, hat Julian Baumgartlinger die öffentliche Kritik wohl mitbekommen. Die am Dienstag geäußerte Selbstkritik war aber auf einmal kein Thema mehr. „Mittlerweile kann jeder verteidigen und schnell umschalten“ und: „Wir haben in den letzten Jahren immer gesehen, dass man in Schönheit sterben kann“ sowie „Wir wollen in erster Linie gewinnen“ lauteten nun die Botschaften. Ganz im Sinne des Teamchefs. Dazu passend: Fodas Reaktion auf eine Nachfrage des Kollegen vom Kurier zur Passivität beim 0:1: Das Gegentor war letztlich Andi Ulmers schuld, weil er das Abseits aufgehoben habe.

Control the message

Wir haben „eh“ gewonnen. Es gibt „nonaned“ immer einen Gegner, der auch Fußball spielen kann. Und wenn ein Fehler passiert, dann gibt es „einen“ Schuldigen. Abweichende Meinungen werden relativiert. So meinte Foda heute in Anspielung auf den Spielzug zum 1:0 für Nordirland sinngemäß: „Auch Bayern München kann nicht alles verteidigen“. Ok, was will uns Foda vermitteln: Wenn es sogar die Bayern nicht schaffen, dann ist Kritik am Nationalteam nicht angebracht.

Fazit: Im Nationalteam wird zwar nicht der Gegner kontrolliert, sondern die Message. Das Problem: Nächstes Jahr bei der Euro und dann in weiterer Folge in der Nations League A werden andere Kaliber auf Österreich warten. Spätestens dann wird sich zeigen, ob Österreich dann die Rechnung dafür präsentiert bekommt, jahrelang passiv agiert zu haben. Dann wird es auch mit der Message Control ein Problem geben. 

90minuten.at-TV: Das neue Everton Stadion

Leseempfehlungen
Schon gelesen?