"Es ist leicht, schlechtes Zweikampfverhalten, fehlendes Aufbäumen und Co vorzuschieben, wenn es darum gegangen wäre, die Spieler von außen zu unterstützen"
Dabei beginnen die Probleme auch schon vor der letzten Abwehrreihe. Denn eigentlich liegt es weniger am Personal in der letzten Linie, sondern schon davor. Adi Hütter kaufte den Salzburgern die Schneid bereits im Mittelfeld ab. Ja, Bernede fehlt, Vorgänge Samassekou konnte einteilen und Löcher stopfen, nach vorne antreiben. Vielleicht fehlt auch hier ein Spieler der Marke Stefan Ilsanker, der im Mittelfeld Präsenz ausstrahlt. Nicht umsonst konnte sich der fußballerisch eher limitierte Kicker in einem Edelgeigerensemble jahrelang halten. Es geht nicht um „Gras fressen“ oder „um jeden Milimeter fighten“, aber um Präsenz. Diese fehlt offensichtlich.
Sinnloser Mentalitätsschmäh
Cican Stankovic sprach nach der LASK-Niederlage aus, was wohl auch in der Kabine Thema ist: Es waren zu viele Abgänge. Christoph Freund, in den letzten Jahren von Erfolg verwöhnt, fiel auch nicht mehr ein als eine sehr alte Verantwortlichenschule an den Tag zu legen. „Mutlos“, „ohne Überzeugung“ - der Mentalitätsschmäh. Jahrelang haben die unterlegenen Gegner von Salzburg diese Floskeln bemüht. Und kaum rennt es einmal zwei Wochen nicht bei Salzburg, bedient sich auch Freund dieser Methode.
Es mag schon sein, dass Salzburg sein Können nicht auf das Feld gebracht hat. Oder man stellt sich dem Umstand, dass der Gegner einfach taktisch besser war, im Mittelfeld durch taktische Kniffe vor allem in den seitlichen Zonen Überzahl generierte und das Trainerteam das nicht in den Griff bekam. Es ist leicht, schlechtes Zweikampfverhalten, fehlendes Aufbäumen und Co vorzuschieben, wenn es darum gegangen wäre, die Spieler von außen zu unterstützen. Die vielen Gegentore sind ja nicht erst seit dem Frankfurt-Spiel ein Thema.
Im Nachhinein ist es zudem immer leichter, Fehler zu finden, aber dass man sich im Auswärtsstadion beim Stand von 0:1 so dermaßen hoch positioniert, dass Kamada mit höflichem Begleitschutz zum 2:0 einnetzen kann, sagt weniger über Mentalität als über Coaching-Probleme aus. Bitter wird das Freund'sche Poltern vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass er nach dem Spiel meinte, dass so eine Phase kommen würde. Eine Analyse, dass es sich um gruppentaktische Probleme handelt, weniger um individuelle, hätte man vorbereiten können. Oder halt auf einen Haufen 20-Jähriger öffentlich hindreschen.
Red Bull Salzburg hat in den letzten Jahren viel für Österreichs Fußball erreicht, nun herrscht eisiger Gegenwind. Es wird sich zeigen, ob Freund, Marsch und Co. die richtigen Schlüsse ziehen.