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Djuricin-Verlängerung: Rapid geht mutlos in die Zukunft

Der SK Rapid Wien hat sich für eine Vertragsverlängerung von Goran Djuricin entschieden. Aus Rapid-Sicht ist das nachvollziehbar, aber mutlos.

Eine Gegenansicht von Georg Sander

 

„Lieber das bekannte Unglück, als das unbekannte Glück." Nach dieser Devise hat sich der SK Rapid Wien entschieden, Goran Djuricin auf dem Cheftrainerposten zu belassen. Die Habenseite? Ein Cuphalbfinale, ein dritter oder  gar vierter Platz in der Liga, starke Phasen einzelner Akteure, das eine oder andere begeisternde Match. Auf der Nichthabenseite? Unglückliche bis geht-gar-nicht-Auftritte in der Öffentlichkeit, anhaltende Schwächephasen, man muss zumindest Sturm den Vortritt in der Liga lassen, dem LASK vielleicht auch, beide mit der Hälfte oder noch weniger Klub-Budget angetreten. Dennoch hat sich das Präsidium für Goran Djuricin entschieden. Es ist gewissermaßen die Korrektur des Fehlers, als der sich der Rauswurf von Zoran Barisic für viele darstellt.

Alternativlos?

Für die Verantwortlichen hat sich Djuricin anscheinend als alternativlos dargestellt. Das hat man sich zum Teil natürlich auch schönreden müssen: Pech im Cup, so viele Stangenschüsse, Verletzungen! Wie der Trainer selbst kann man die Abwesenheit von Glück gut und gerne als Grund anführen, warum man nur dort steht, wo man steht.

Im Hintergrund läuft sicherlich auch Gutes. Willi Schuldes ist für die Akademie ein Fachmann, mit Thomas Hickersberger wurde im Winter ein zusätzlicher, wichtiger Kopf ins Trainerteam zurückgeholt. Noch fruchtet die Sache nicht so wirklich. Außer man will sich Kantersiege gegen Krisenklubs wie den WAC, die Austria bzw. die vogelwild angetretenen Admiraner schön reden. Viele Rapidfans tun das aber nicht. Sie antizipieren, dass es mit Djuricin nicht weiter nach vorne geht. Wenn einzelne Leistungsträger nicht abliefern oder verletzt sind, tritt das zu Tage.

Aber wen hätte Fredy Bickel holen sollen? Einen Ausländer? Ging zuletzt in die Hose. Einen jungen, aufstrebenden Provinzcoach? Ebenfalls. Einen Vertrauten? Das ging schon mit Müller schlecht aus und Bickel wollte sich nicht in dieses Fahrwasser begeben. Bleibt Djuricin.

Mut?

Die sportliche Leitung muss an die Zukunft denken. Der Djuricin-Kick, der nahtlos an Barisic anschließt, ist eine relativ sichere Variante, wenig zu wagen. Ballbesitzfußball, Konterkick im Zweifel. Der große taktische Wurf ist das keinesfalls, eher 08/15. Taktisch clevere Teams stellen Rapid hingegen beinahe die gesamte Saison schon vor schwer zu lösende Aufgaben, weil eben die eigenen Vorüberlegungen offenbar nicht immer genügen. Das hat sich in der Rückrunde schon etwas gebessert. Mängel werden durch individuelle Klasse ausgebessert.

Der Blick in die Zukunft? Wie soll man sich im Europacup gut verkaufen, wenn die Selbstwahrnehmung bei Trainer und Sportdirektor zu oft auf Glück/Pech hinausläuft?

Mit der Djuricin-Verlängerung gibt es more-of-the-same, andere Klubs beweisen da mehr Esprit. Der LASK holte Oliver Glasner, weil seine Ideen als langfristig erfolgsversprechend eingeschätzt wurden. Sturm holte Vogel, um bewusst Reize zu setzen. Rapid belässt es bei dem Kick, der auch vor der Seuchensaison 2016/17 keine Titel geliefert hat. Weil der Mut fehlt?

 

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Runterfallen, aufstehen?

Rapid muss sich die Frage gefallen lassen, ob man weiterhin auf die individuelle Klasse setzen will und auch kann. Wenn ein Spiel mit der Tagesform einzelner Kicker steht und fällt, dann kann man schon auch Zweiter werden. Oder eben auch Fünfter. Für ganz oben braucht es einen Plan, der möglichst unabhängig vom ausführenden Personal funktioniert. Das turnt Red Bull Salzburg gut vor, das findet sich aber bei der Admira ebenso wieder. Natürlich hätte ein ambitionierter neuer Trainer mit einer klaren Vorstellung kurzfristig auch Misserfolg bedeuten können. Mittel- bis langfristig kann es aber weiter nach oben gehen.

 

Es ist im Bereich des Möglichen, dass Djuricin 2018/19 den ersten Meistertitel seit 2008 holt. Aber es ist eben auch möglich, dass man nach 22 Runden um die Top 6 der Liga kämpft (Play-Off in der neuen Liga!), weil die individuelle Klasse vielleicht fehlt, die Tagesform zu oft schlecht ist.

Genau das ist die Problematik bei dieser Entscheidung: Der Zufall hat einen zu hohen Stellenwert. Dabei wäre es jetzt, auf gut wienerisch, auch schon wurscht. Von Krammers Top50 in Europa, dem Titel oder Ruhe im Verein ist Rapid weit entfernt. Eine mutige Trainerentscheidung hätte das vielleicht kurzfristig noch befeuert, aber was soll's? Hätte der Djuricin-Fußball langfristig zum Erfolg geführt, hätte Rapid schon unter Zoran Barisic die Hand am Meisterteller haben können.

 

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