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Go home, Regelhüter - you're drunk

Das Fußballspiel soll attraktiver und fairer werden. Das IFAB - International Football Assiciation Board - hat dazu "radikale" Regeländerungen vorgeschlagen, die in einem Fünfjahresplan umgesetzt werden könnten. Bitte nicht! Eine Gegenansicht von Georg Sander

Das IFAB ist das Gremium, das über Regeln im Fußball entscheidet. Ihm gehören vier FIFA-Mitglieder sowie Vertreter der Verbände aus England, Schottland, Wales und Nordirland an. Als die FIFA 1904 gegründet wurde, erkannte man das IFAB als Regelhüterorgan an. Das Gremium ist eher konservativ. In den letzten hundert Jahren gab es zwar eine Reihe an Regeln, die angepasst oder neu eingeführt wurden, im Grunde genommen aber beobachten wir seit über hundert Jahren ungefähr dasselbe Fußballspiel. Das soll sich jetzt ändern. Die nun präsentierten Vorschläge sind aber sehr radikal:

  • Die Spieldauer beträgt nur noch 60 Minuten und das Spiel wird bei jeder Unterbrechung angehalten.
  • Bei Freistößen und Eckbällen können Spieler sich den Ball selbst vorlegen und aufs Tor dribbeln. Der Ball muss bei Standards nicht ruhen.
  • Kurze Abstöße im eigenen Strafraum sind erlaubt.
  • Nimmt der Torwart einen Rückpass mit der Hand auf, so wird das mit einem Elfmeter geahndet.
  • Ein Handspiel auf der Torlinie, unabhängig davon, ob der Ball ins Tor geht oder nicht, wird als Tor gewertet.
  • Beim Elfmeter ist kein Nachschuss erlaubt. Stattdessen gibt es Abstoß.
  • Kritik am Schiedsrichter wird mit Tor- oder Punktabzug bestraft.
  • Der Schlusspfiff ist erst möglich, wenn der Ball nicht mehr im Spiel ist.

Durchaus Sinnvolles dabei

Ein paar Vorschläge könnten das Spiel tatsächlich fairer gestalten oder sind eher wurscht. Egal beispielsweise wäre, dass man den Abstoß im Strafraum spielen darf. Ob und wann der Schlusspfiff gemacht wird, erscheint auch eher gleichgültig. Die Fairness anheben würden die unsäglichen Rettungsversuche mit der Hand auf der Linie und das aus baldiger Sicht resultierende Tor. Eigentlich ist es eh unverständlich, warum die "Tätermannschaft" hierbei noch einmal die Chance bekommt, einen Elfer zu halten!

Wem nützt das?

Andere Vorschläge sind haarsträubend, beziehungsweise würden sie den Charakter des Spiels grundlegend ändern. Etwa jene mit der Spieldauer und dem Anhalten der Uhr. Ja, es gibt Untersuchungen, die beweisen, dass die Nettospielzeit unter 60 Minuten liegt. Aber die Frage ist eher auf einer Ebene drüber zu sehen. Wem nützen den Unterbrechungen? Da sieht man doch schon die Dollar-Zeichen in den Augen der Verantwortlichen, die hier Werbung verhökern können. Und soll fair daran sein, wenn ein Spieler dem Schiri in der Hitze des Gefechts seine Meinung geigt und es übertreibt und dann wird ein Tor abgezogen? Und ruhende Bälle sind seit 1866 (!) Teil des Spiels. Sorry, das ist ganz persönlich, aber das soll bitte so bleiben. Jährte sich nicht jüngst Roberto Carlos' Traumfreistoß?

Der große Zusammenhang

Es fällt einfach schwer zu glauben, dass die FIFA mit derartigen Regeländerungen, auch wenn es noch nur Vorschläge sind, nur die Schönheit, Fairness und Attraktivität des Spiels im Blick hat. Vor allem die Regel zur Spielzeit zielt doch wohl auf Vermarktung ab. Zudem lebt das Spiel doch davon, dass es von der Weltmeisterschaft über die Champions League bis hin zur Krauthäuplliga nach ungefähr denselben Regeln spielbar ist, die noch dazu recht einfach sind. Da lässt man sich den Videobeweis dort, wo es um viel Geld geht, noch einreden. Aber eine derartige Revolution anzudenken, im März 2018 beim nächsten Meeting durchzubesprechen und vielleicht der FIFA zum Beschluss vorzulegen, würde den Fußball tatsächlich auf den Kopf stellen und uns allen den letzten Funken Hoffnung und Glaube an das einfache Spiel elf gegen elf rauben. Zudem ist man mit großen Regelungen in den letzten Jahrzehnten eh eingefahren. Golden Goal? Silver Goal?

 

Wie würde "das Internet" sagen: Go home, Regelhüter - you're drunk.

 

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