Die WM-Quali sollte neu gedacht werden
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Die WM-Quali sollte neu gedacht werden

Wie findet man 16 Starter aus 54 Nationen? Derzeit in Vierer- und Fünfergruppen, aber das System ist eigentlich tot gelaufen. Zeit für Neues.

Sieben Spiele, sechs Siege, eine Niederlage. Und dennoch muss Österreich bis zum letzten Spieltag um die WM-Qualifikation bangen. Und die Bosnier können einem leidtun: Sie verpassen die direkte Qualifikation vielleicht mit 17 Punkten. 

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Die Ungerechtigkeiten hören hier jedoch nicht auf: Selbst San Marino hätte unter bestimmten Umständen vom Nations-League-Erfolg anderer Nationen profitieren können. Rumänien als Gruppenzweiter hätte ihnen den Weg ins WM-Playoff geöffnet.

Und dann sind da noch die Schweden: Nations-League-Gruppe-B-Sieger, aber nur ein einziges Pünktchen in ihrer Qualifikationsgruppe – trotzdem dürfen sie um die WM spielen. Israel hingegen scheidet aus, obwohl man zwölf Punkte gesammelt hat. 

Österreich profitierte indirekt von solchen Mechanismen, weil man als Gruppenvierter dank des Nations-League-Siegs die Chance auf die WM 2022 erhielt. Das System wirkt alles andere als fair.

Es schiebt sich zusammen

Mit Sicherheit ist es recht kompliziert, aus 54 (mit Russland 55) Nationen 16 in einem möglichst fairen Verfahren auszuwählen. Allerdings schiebt sich im modernen Fußball vor allem in Europa vieles zusammen. Es gibt ein paar ganz kleine wie San Marino oder Gibraltar, und die traditionellen großen Nationen. 

Zwölf, fünfzehn in Topligen ausgebildete Kicker haben Nationen bis in den Lostopf vier hinunter schnell zusammen.

Georg Sohler

Aber zwölf, fünfzehn in Topligen ausgebildete Kicker haben Nationen bis in den Lostopf vier hinunter schnell zusammen. Hat man die aktuell nicht oder hakt es, sind nach fünf Spieltagen null Punkte am Konto wie bei Bulgarien. Der wesentlich kleinere Kosovo hat noch Chancen auf eine Direktqualifikation. 

Am Ende braucht es freilich Losglück. Topf-2-Nationen wie die Ukraine oder die Slowakei können sich nach Frankreich oder Deutschland eigentlich nur hinten anstellen. Österreich hätte hingegen genauso gut die Türkei, Schottland und den Kosovo ziehen können.

Umgekehrt dachten sich die Schweden als eines der besten Teams im FIFA-Ranking in Topf 2 wohl auch nicht, dass sie in der erwähnten Gruppe nur ein Pünktchen holen ...

Die Weltbesten?

Sollte Europa da nicht mehr Startplätze bekommen, mag man meinen. Es sind mit der Aufstockung schon 16 statt 13 europäische Startplätze, Afrika hat wiederum bis zu zehn (dank interkontinentalem Playoff) - statt bisher fünf. Allerdings besteht das Wesen der Weltmeisterschaft darin, dass die besten Nationen aus allen Regionen hinfahren - und eben nicht nur aus Europa.

Darum sind beispielsweise folgende Nationen erstmals mit dabei: Kap Verde, Usbekistan, Jordanien. Mit Sicherheit, das ist das Wesen der Weltmeisterschaft. Die besten aus allen Kontinenten fahren hin und matchen sich. 

Vielleicht würde es wirklich für mehr Fairness sorgen, wenn man die WM-Quali mit ihren acht Spieltagen ähnlich organisiert wie die Ligaphasen von Champions-, Europa- und Conference League.

Georg Sohler

Und bevor man jetzt darüber raunzt, dass die dabei sind und so manche Europäer nicht: Viele Kapverdische Spieler entstammen der Diaspora, ein richtig großer Haufen bekannter niederländischer Stars wie Clarence Seedorf oder Edgar Davids haben ihre Wurzeln in Suriname.

Auch Österreich profitiert von dieser Globalisierung. Der Rekordteamspieler hat serbische Wurzeln, der nächste Starstürmer rumänische, der beste Abwehrspieler der Nation nigerianisch-philippinische, seine zwei Nebenleute zuweilen ghanaische und kenianische und so weiter. Kurz gesagt: Europa hat genug von seiner Geschichte und der Stellung als dominante Macht profitiert. Mehr Startplätze wären unfair.

Wie wäre es mit einer Tabelle?

Während das System der vielen Gruppen bei der Europameisterschaft noch halbwegs vertretbar ist, weil ohnehin jeder hinfährt, ist es mit der aufgeblasenen WM sehr stark vom Losglück abhängig. Inklusive diverser Nations-League-Hintertürchen ist die Quali noch dazu undurchsichtig. Da war die frühere Rangliste der Gruppenzweiten noch besser, und die war schon nicht das Gelbe vom Ei.

Vielleicht würde es wirklich für mehr Fairness sorgen, wenn man die WM-Quali mit ihren acht Spieltagen ähnlich organisiert wie die Gruppen – pardon, Ligaphasen von Champions-, Europa- und Conference League. Bei 54 Nationen ergeben sich demzufolge 18 Länder pro Liga.

Die Paarungen werden gelost, pro Liga fahren die besten fünf Teams zur Weltmeisterschaft. Der letzte Platz könnte dann an den besten Ligasechsten gehen. Oder den Nations League-Sieger. Oder per Pfitschigogerl entschieden. 

Der Punkt ist: Die Vierer- und Fünfergruppen bilden mit der gegenwärtigen Leistungsverteilung kaum noch die Kräfteverhältnisse ab. Dafür ist die Breite im Mittelfeld zu groß. Das würde eine Tabelle besser abbilden – unabhängig davon, ob es Österreich zugutekommt oder nicht.


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