Eine unverbindliche Wohltat
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Eine unverbindliche Wohltat

Josef Pröll ist neuer Aufsichtsratsvorsitzender des ÖFB und hat die ersten Termine absolviert. Sein Auftreten in der Öffentlichkeit tut dem Verband gut. Aber auch er wird an den Taten gemessen werden müssen.

Gerhard Milletich, Johann Gartner, Klaus Mitterdorfer und zuletzt Wolfgang Bartosch. Wer an die öffentlichen Auftritte der vergangenen vier (Interims-)Präsidenten zurückdenkt, dem wird unter anderem eine Gemeinsamkeit einfallen: Alle haben die (öffentlichen) Fettnäpfchen gesucht – und auch gefunden. Jeder auf seine Art.

Leidtragender war der ÖFB selbst. Die zum Teil peinlichen Auftritte in der Öffentlichkeit, gepaart mit der medialen Selbstzerfleischung aufgrund des Machtkampfs haben dem größten Sportverband Österreichs schweren Schaden zugefügt. Hätte nicht das A-Team unter Ralf Rangnick für Euphorie unter den Fans gesorgt, man könnte glauben, der ÖFB ist ein Therapieverein für Masochisten.

Eine Wohltat

Unter Josef Pröll soll nun alles anders werden. Es soll vor allem besser werden. Gut, schlechter kann es eigentlich nicht mehr werden, könnte man hier einwenden.

Die ersten medialen Auftritte hat der Niederösterreicher mit Bravour absolviert. Allein, dass man diese Leistung schon anerkennen kann, zeigt, wie tief die Latte mittlerweile liegt.

Zwar wurde Pröll von Susanne Schnabl leider nicht gefordert. Die Eloquenz und Klarheit in seiner Sprache und seinen Formulierungen hat man im ÖFB in den vergangenen Jahren jedoch ganz eindeutig vermisst.

Michael Fiala

Speziell der Auftritt in der ORF-Sendung "Das Gespräch" hat gezeigt, dass Pröll für den ÖFB eine echte Wohltat ist. Die jahrelange Schulung in der österreichischen Politik hat den 56-Jährigen zu einem Medienprofi geformt.

Zwar wurde Pröll von Susanne Schnabl leider nicht gefordert; zu komplex ist die Materie der Intrigen und Streitigkeiten für eine außenstehende Person für so ein Diskussionsformat. Die Eloquenz und Klarheit in seiner Sprache und seinen Formulierungen hat man im ÖFB in den vergangenen Jahren jedoch ganz eindeutig vermisst. Allein schon diese Fähigkeit wird dem Verband helfen, ein deutlich professionelleres Auftreten nach Außen aufs Parkett zu legen.

Zeit gewinnen

Die Taktik von Pröll ist klar: Er will zunächst Zeit gewinnen und sich einen Überblick verschaffen. Wie 90minuten in Erfahrung bringen konnte, dürfte selbst der Niederösterreicher von der Intensität des Machtkampfs innerhalb des ÖFB ein wenig überrascht gewesen sein.

Das heißt etwas, wenn man Vizekanzler und Finanzminister von Österreich gewesen ist.

Josef Pröll war bisher eine Wohltat für den ÖFB – jedoch eine ziemlich unverbindliche. Ein professionelles Auftreten nach außen wird nicht reichen. Auch er wird nicht darum herumkommen, den Finger in die Wunde zu legen.

Michael Fiala

Ein bisschen Zeit kann und soll sich Pröll auch nehmen. Zudem: Die von oben "verordnete" Ruhe tut dem ÖFB gut. Der Auftakt zur WM-Qualifikation kann somit ohne Störfeuer erfolgen.

Josef Pröll war bisher eine Wohltat für den ÖFB – jedoch eine ziemlich unverbindliche. Ein professionelles Auftreten nach außen wird nicht reichen. Auch er wird nicht darum herumkommen, den Finger in die Wunde zu legen.

Es wird der Tag kommen, wo er die heißen Kartoffeln angreifen wird müssen. Eine nach der anderen, und von denen gibt es einige: Die Ausschreibung des neuen CEO, wie geht es mit Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold weiter, wie kann Pröll aufkeimende Konflikte im Präsidium moderieren. Oder wie wird er damit umgehen, wenn interne Informationen über die Medien ausgespielt werden, was in den vergangenen Jahren im Verband schon zum "guten Ton" gehört hat. Und nicht zuletzt wird auch das Thema eines neuen Stadions an Pröll nicht einfach so vorbeigehen.

Erst dann wird man sehen, ob Josef Pröll dem ÖFB gewachsen sein wird. Oder ob die Krake den nächsten Präsidenten verschlucken wird.

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