Entscheidet euch: Brav und fad oder mit Ecken und Kanten

Häufig gibt es Kritik an den angepassten Fußballern, die farblos sind und kein Charisma mehr ausstrahlen. Wenn dann doch jemand nicht der Norm entspricht, passt es aber auch nicht.

Die 91. Minute von Michael Fiala

 

Die Aufregung ist groß: Wie kann man sich nur nach einer Niederlage mit Edin Dzeko um 3:00 in der Früh ablichten lassen? Die Antwort ist einfach: In dem man es macht.

Zur Vorgeschichte: Marko Arnautovic wurde „erwischt“. Dutzende Medien haben bereits darüber berichtet, dass Arnautovic nach der 0:1-Niederlage gegen Bosnien/Herzegowina um ca. 3:00 mit Edin Dzeko noch unterwegs war. Ein Bild im Instagram-Account des Bosniers hat die beiden „verraten“.

Teamchef Franco Foda hat sich zum Glück nicht aus der Reserve locken lassen und den Ball richtigerweise zu Arnautovic weitergespielt: „Grundlegend ist es so, dass es nach dem Spiel einen Medizin-Check für alle Spieler gab. Danach wurde der eine oder andere Spieler entlassen, dazu gehört auch Marko Arnautovic, der um sieben Uhr seinen Flieger genommen hat. Es stand nicht mehr in meiner Verantwortung, er ist alt genug, er weiß was er tut. Er ist erwachsen, er hat ein Kind, ist verheiratet. Da  müssen Sie ihn fragen, ob es gescheit war.“

 

Mainstream im Aufregemodus

War es gescheit? Wenn man den Mainstream interpretiert, dann war es eine saudumme Aktion.

Doch es gibt auch eine andere Sichtweise: Wie oft muss man hören und lesen, dass die Fußballer von heute kein Charisma mehr hätten, dass sie in Interviews nur noch Stehsätze verbreiten, die keinen mehr interessieren. Marko Arnautovic ist keiner davon. Er gibt zwar möglicherweise aus inhaltlicher Sicht nicht die interessantesten Interviews, aber er steht zu dem, was er sagt. Und: Wenn er seinen alten Freund im Rahmen eines Länderspiels trifft und sie sich offensichtlich auf dem Feld ausmachen, nach dem Spiel noch ein Bier (oder was auch immer) trinken zu gehen, so ist das legitim.

Wir reden hier übrigens von Marko Arnautovic, der zwar gegen Bosnien wie viele andere Kicker auch nicht seinen besten Tag erwischt hat, der aber in den vergangenen Jahren in der Premier League nicht nur gespielt hat, sondern auch einen  Eindruck hinterlassen hat.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Welche Kicker wollen wir?

Irgendwann muss man sich entscheiden: Will man weiterhin diese faden Kicker, die dem Ideal des Mainstreams entsprechen, nach dem Match um 0:30 im Bett sind, möglicherweise noch ein Bild aus dem Hotelzimmer mit müdem Gesicht posten (und eigentlich sowieso nicht bis 4:00 schlafen können, weil die Niederlage an ihnen nagt). Oder: Will man Spieler wie Arnautovic, der das ÖFB-Team in den letzten Jahren wie kaum ein anderer getragen hat, fördern, indem man sie nicht verdammt, weil sie die wenigen Stunden im Jahr, wo sie vielleicht ein wenig Freiraum genießen, in einem vertretbaren Rahmen auch privat nützen.

Zwei Gedanken noch: Die eigentlichen Probleme des ÖFB-Teams gegen Bosnien/Herzegowina (und möglicherweise auch in den kommenden Partien) sollten heute im Fokus stehen.

Zweitens: Ist es nicht schön, wenn zwei Spieler aus unterschiedlichen Nationen, wovon der eine am Feld von den Fans aufgrund seiner serbischen Wurzeln gnadenlos ausgepfiffen wurde, danach gemeinsam kein Problem miteinander haben und dies der Welt auch zeigen?

In diesem Sinne: Fördern wir doch die Spieler mit Ecken und Kanten anstatt jede Möglichkeit wahrzunehmen, um sich künstlich aufzuregen.

 

Analyse Bosnien/Herzegowina vs Österreich