Foto: © GEPA 2018

Es lebe die Doppelmoral auf dünnem Eis

Das Theater um Hartberg und den Protest von Wiener Neustadt zeigt schonungslos auf, dass die Liga bei weitem nicht so professionell agiert, wie sie es selber gerne darstellt.

Von Michael Fiala

 

Als wäre das Theater um die Lizenz von Hartberg mit all den Facetten nicht schon genug gewesen, legt Wiener Neustadt jetzt noch eine Baggerschaufel drauf. Mit dem Protest gegen das Rückspiel der Relegation (1:1) versinkt die Liga noch vor dem Start in ein neues Zeitalter, mit dem alles besser werden sollte, endgültig im Chaos.

 

Es fing so gut an …

Dabei hat es noch 2017 so gut angefangen: Ein neuer Rekord-TV-Vertrag wurde vorgestellt. Wobei Vertrag eigentlich so nicht stimmt. Eine Vorvereinbarung wurde getroffen, unterschrieben ist der Vertrag bis heute noch immer nicht. Dass in gut acht Wochen die Liga in die neue Saison startet, die Vereine aktuell nicht genau wissen, welche Spiele im Free-TV wo zu sehen sein werden und so nebenbei das neue TV-Produkt auch logischerweise noch nicht beworben und verkauft werden kann, ist bei den aktuellen Problemen zum Nebenschauplatz verkommen. Und das soll etwas heißen!

 

Lizenz-Theater

Im April und Mai ging dann das Lizenz-Theater los. Ob bewusst oder nicht, anscheinend hatte man mit Hartberg ein gewisses Problem und hat die Lizenzregeln so ausgelegt, dass die Steirer die Lizenz nicht bekommen haben. Das Problem: Der Passus mit der verpflichtenden Ausgliederung war bisher noch nie ein Streitthema, die Erfahrung fehlte den Senatsmitgliedern offenbar. Das honorige Ständige Neutrale Schiedsgericht hob die Entscheidung bekanntlich auf, deutliche Kritik von der Bundesliga inklusive. Dem war nicht immer so: Noch im März 2017 meinte Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer nach dem Entscheid gegen Peter Svetits zum Ständigen Neutralen Schiedsgericht: „Es bestätigt, dass sich die Sportgerichtsbarkeit der Bundesliga auf höchstem Niveau bewegt. Die Verfahrensordnung des Ständigen Neutralen Schiedsgerichts wurde von renommierten Universitäts-Professoren entworfen und – wie jede Bestimmung der Bundesliga – von den Klubs beschlossen.“ So können sich die Zeiten ändern.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Das nächste Kapitel

Mit der Kooperationsspielerregelung, die Wiener Neustadt jetzt juristisch für sich nützen möchte, ist die nächste Bombe geplatzt. Und wirklich überraschend – vor einigen Monaten wurde umfassend über mögliche Probleme mit dieser Regelung berichtet - ist dies auch nicht, dass es irgendwann einmal zu Reibereien kommen könnte, wenn sich ein Verein (sportlich) unterlegen fühlt, wie jetzt im Falle von Wiener Neustadt.

Der Versuch einer Erklärung im Kurier von Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer hilft da auch nicht weiter, sondern zeigt eher auf, auf welch extrem dünnem Eis Vereine und Liga sich in den Vergangenheit bewegt haben: „Ein Wechsel als Kooperationsspieler wurde nie als Transfer gewertet. Das wurde von den Klubs so gewünscht. Als Bundesliga haben wir aber auch darauf hingewiesen, dass so ein Fall aus FIFA-Sicht anders beurteilt werden könnte.“ Das ist ungefähr so, wenn ich einem Kindergartenkind ständig einen Schlecker gebe und dazu sage, dass es später seine Gesundheit gefährden könnte.

 

"Das Chaos ist jetzt jedenfalls perfekt: Wie die Bundesliga aus dieser ganzen Sache jetzt herauskommt, ist aus heutiger Sicht nicht zu prognostizieren. Egal, welche Entscheidung der Senat jetzt treffen wird, entweder Wiener Neustadt oder St. Pölten wird sich im Unrecht fühlen und dann wohl weitere Schritte setzen. " - Michael Fiala

Doppelmoral

Zu guter Letzt sei an dieser Stelle natürlich auch die Doppelmoral von Wiener Neustadt erwähnt. Die Niederösterreich haben selbst mit Sobczyk einen Spieler eingesetzt, der für drei Vereine in einer Saison gespielt hat. Aber Moral im Fußball hat sowieso keinen relevanten Wert mehr. Es ist aber natürlich auch nachvollziehbar, dass sich Neustadt-Präsidentin Katja Putzenlechner, die übrigens so „nebenbei“ auch im Bundesliga-Aufsichtsrat sitzt, jetzt an jeden Strohhalm klammert. Möglicherweise ist es aber auch ein Baumstamm. Das werden die nächsten Wochen oder gar Monate zeigen.

 

Chaos ist perfekt

Die ganze Konzentration galt dem Neustart mit dem neuen Ligenformat. Dabei hat man gewisse Themen oder auch Regularien nicht so wahrgenommen, wie es erforderlich gewesen wäre. Das Chaos ist jetzt jedenfalls perfekt: Wie die Bundesliga aus dieser ganzen Sache herauskommt, ist aus heutiger Sicht nicht zu prognostizieren. Egal, welche Entscheidung der Senat in Kürze treffen wird, entweder Wiener Neustadt oder St. Pölten wird sich im Unrecht fühlen und dann wohl weitere Schritte setzen. Und, leider, man muss es so sagen: Anders als bei früheren Fällen wie etwa in Klagenfurt ist das Problem zum Großteil hausgemacht.

 

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