"Er war besonders. Nicht, weil er ein erfolgreicher Star seiner Zunft war. Das war er. Aber besonders war der Mensch, der in allem was er tat, diese Strahlkraft hatte, ohne jemals laut zu sein."
Bevor Osim über Athen nach Graz gekommen ist, hat er sein Amt als jugoslawischer Nationaltrainer zurückgelegt, als seine Heimatstadt Sarajewo schon belagert wurde. Der Rücktritt sei das einzige, was er für seine Stadt tun könne, sagt Osim damals. „Sie sollen sich erinnern, dass ich aus Sarajewo komme.“ Selbst in den Wirren und der Tragödie des Krieges klagt Osim nicht, schreit Osim nicht. Er bleibt leise und erreicht damit eine Größe, die dem Moment wieder das Bleibende, das Besondere gibt. Obwohl ihn und seine Familie dieser Krieg mitten ins Herz und die Seele trifft.
Die leise Strahlkraft
Als Fußballtrainer an der Linie und abseits des Feldes, zeichnet ihn eine Strahlkraft aus, wie es keiner vor ihm geschafft hat. In Graz erfuhr er Anerkennung und Bewunderung quer durch alle Schichten. Er verkörperte damit einen der Grundsätze der 'Schwoazn' wie selbstverständlich, lange bevor der Klub es geschafft hat, das in einem Leitbild zu verschriftlichen. Das änderte sich auch nicht, als seine Trainerkarriere schon lange vorbei war. Wann immer er ins Stadion kam, wurde er frenetisch gefeiert und nicht zuletzt war Graz zu seinem 80. Geburtstag ein Osim-Gesamtkunstwerk mit Lichtinstallationen und Graffitis. In Japan, wo er Klub- und Nationaltrainer war, wurde er überhaupt zum Helden eines ganzen Landes. Über seinen Stellenwert in Sarajewo und bei seinem Klub Željezničar muss hier ohnehin nicht viel gesagt werden. Ivica Osim war nirgendwo egal, nirgendwo belanglos. Er war besonders. Nicht, weil er ein erfolgreicher Star seiner Zunft war. Das war er. Aber besonders war der Mensch, der in allem was er tat, diese Strahlkraft hatte, ohne jemals laut zu sein.
Als ihn ein früherer Sturmpräsident und späterer Sträfling beflegelt, beleidigt und gedemütigt hat, behielt er nicht zuletzt eines: seine Würde. Und nicht nur das. Er hatte sogar die Größe, diesem Menschen, der ihm in hundert Jahren nicht das Wasser reichen könnte, zu verzeihen. Auch das machte ihn in der Nachbetrachtung zum Jahrhunderttrainer von Sturm. Wahrscheinlich ist nicht einmal der Superlativ Jahrhunderttrainer einer, der Ivica Osim gerecht wird. Es wird wohl keiner mehr kommen, wie er einer war. Auch, weil das brutale Antlitz des modernen Fußballs keinen wie ihn mehr zulässt. Für das Leise, das Würdevolle, das Besondere, das Schöne sind kein Platz und keine Zeit mehr.
Ivica Osim ist gestorben, wie er gelebt hat. In Anmut und Schönheit, in dem Moment, in dem er sich befand. Als hätte er auf den Feiertag des SK Sturm am 1. Mai gewartet. Der Kreis hat sich geschlossen. Die Schönheit wird bleiben. Danke für alles.