Foto: © GEPA 12Meter / 2018

Der Mählich-Riegel

Der SK Sturm fährt seit drei Spielen die Ergebnisse ein, die beim Trainerwechsel als Wunsch für die Zukunft formuliert wurden. Wer den Schwarz-Weißen in diesen Spielen auf die Beine geschaut hat, könnte allerdings den Verdacht bekommen, dass dafür noch ein teurer Preis zu bezahlen sein wird.

Ein 12 Meter von Jürgen Pucher

 

Nach dem 0:0 gegen Rapid am Sonntag war bei der Sturmabordnung gelöste Freude allerorts zu sehen. Die Spieler ließen sich feiern, der Trainer und der Sportchef lagen sich in den Armen und der Präsident spazierte zufrieden im Stadion umher. Seit Roman Mählich im Amt ist, gab es zwei Siege, ein Unentschieden und null Gegentore. Logisch, dass alle happy sind, oder?

 

Prinzip Hoffnung

Wenn man nur auf die Resultate schaut, ist das vielleicht auch berechtigt. Wenn man allerdings ein Auge auf das „Wie“ wirft, dann ist schon etwas weniger Freude angebracht. Seit dem Mählich-Debüt in Altach zeigt der SK Sturm ein komplett anderes Gesicht, als unter Vorgänger Heiko Vogel. Eines, das zu erwarten war, eines, das zu befürchten war. Je nach Standpunkt. Der neue Coach macht hinten dicht. Vielmehr muss nicht beschrieben werden, um die „neuen Grazer“ zu charakterisieren. Vor einem Fünferriegel steht ein Viererriegel und im Sturm rennt Emeka Eze um sein Leben, um die nach vorne flippernden Bälle zu erwischen. Er macht das bis er nicht mehr kann und von Markus Pink ersetzt wird. Der eher spielerisch ausgerichtete Stürmer Philipp Hosiner saß gegen Rapid nicht einmal mehr auf der Bank. Kein Bedarf.

 

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Die Offensivaktionen finden nach dem Motto statt, den Ball so schnell als möglich von ganz hinten, wo sich die meisten Spieler aufhalten, nach ganz vorne zu bringen. Alles, was an spielerischem Element unter Vogel aufgebaut wurde, ist abgesagt. Mittelfeldspiel findet nur noch insofern statt, als dass, sollte ein Ball dort landen, dieser entweder auf die Seite weitergereicht wird, Otar Kiteishvili zu einer Einzelaktion ansetzt oder Peter Zulj ein paar Gegner wegblockt, um ein bisschen Platz zu machen. Alles Weitere folgt dann weiter vorne ein wenig dem Prinzip Hoffnung. Bisher ganz offensichtlich mit Erfolg. Sicher auch deshalb, weil Mählich den Nerv der Spieler getroffen hat und personell den einen oder anderen sehr klugen Schachzug gesetzt hat. Nicht zufällig sind die früher mit wenig Einsatzzeit ausgestatteten Eze und Thomas Schrammel mit die auffälligsten Akteure am Feld.

 

Strategischer Salto rückwärts

Mählich hat damit genau das gemacht, was die wegen des Ligaformats nervöse Klubführung und sportliche Leitung von ihm wollten. Kurzfristig Ergebnisse, um es über den „Strich“ zu schaffen. So wie es derzeit aussieht, könnte das funktionieren und der SK Sturm nächstes Jahr in der Meisterrunde teilnehmen. Aber was dann? Die Wach- und Schließgesellschaft „Mählich-Riegel“ wird nicht mehr reichen, wenn es darum geht in der oberen Tabellenhälfte weiter erfolgreich zu sein. Das „Feuer“, das aktuell im Team da ist, wird nicht ewig aufrecht zu halten sein. „Dem Neuen liegt ein Zauber inne“, hat ein ehemaliger Vizekanzler einmal gesagt. Wie schnell der verflogen ist und man wieder am Boden der Realität angekommen ist, kann man bei ihm auch nachfragen. Und die anderen Mannschaften, die jetzt vielleicht noch ein wenig überrascht sind von der neuen Spielanlage, werden sich darauf eingestellt haben. Sturm wird, seinen eigenen Ansprüchen folgend, irgendwann das Spiel machen müssen und in der Lage sein, gegen tief stehende Gegner etwas zu unternehmen. Schließlich ist ja der Europacup immer noch das Ziel, auch wenn der Trainer immer nur über das nächste Spiel redet.

Roman Mählich sagt, er will variabel bleiben und anlassbezogen anderen Fußball spielen lassen. Bisher stand er drei Mal an der Linie, gegen unterschiedlich ausgerichtete Gegner, und er hat jedes Mal eine systemische Kopie der vorigen Partie spielen lassen. Es fehlt ein bisschen der Glaube daran, dass hier wirklich noch etwas Anderes in der Hinterhand versteckt ist. Wenn er gegen eine nahezu inferiore Rapid-Mannschaft, wie am Sonntag, nicht die Möglichkeit nutzt, um im Verlauf des Matches umzustellen und die Entscheidung zu suchen, wann dann? Der Mählich-Riegel ist wohl das Produkt der Kurzfristigkeit, er scheint System zu haben. Und er ist offensichtlich ein Einzelkind. Vielleicht wird intern schon an Nachwuchs in der Winterpause gearbeitet? Möglicherweise werden uns Günter Kreissl und Roman Mählich überraschen und mit Variantenreichtum ins Frühjahr starten? Sollte aber auch dann kein Zuwachs da sein, wird die sportliche Leitung für diesen strategischen Salto rückwärts irgendwann die Rechnung präsentiert bekommen.

 

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