Foto: © GEPA 12Meter / 2018

Grüner Populismus  

Der SK Rapid verpflichtet Dietmar Kühbauer als neuen Trainer und geht dabei den Weg des geringsten Widerstandes. Eine Entscheidung, die mehr den Bedürfnissen des Umfeldes als einer stringenten sportlichen Potenzialanalyse folgt.   

Ein 12 Meter von Jürgen Pucher

 

Dietmar Kühbauer ist also der neue Coach in Hütteldorf. Der ehemalige Publikumsliebling und Kapitän des SK Rapid ist am Trainer-Ziel angekommen und macht selbst auch gar keinen Hehl daraus. „Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass es für mich ein großes Ziel ist, bei Rapid auch als Trainer tätig zu sein“, ließ der 47-Jährige umgehend nach Bekanntwerden seiner Bestellung verlautbaren. Es scheint, als hätte sich hier gefunden, was zusammengehört. Und das gleich bis Sommer 2021. Möglicherweise trügt aber dieser Schein.

 

Stolzer Klub am Gängelband

Kühbauer selbst beendete mit einem 2:0-Sieg seiner bisherigen Mannschaft SKN St. Pölten am Wochenende im Allianz Stadion das mittlerweile mehr als unwürdige Schauspiel rund um Goran Djuricin. Wochenlang wurde dieser von den eigenen Fans beschimpft und der Block West „verlangte“ seinen Rauswurf. Was hier unter Anführungszeichen aufgeschrieben ist, weil es normalerweise absurd wäre, dass die Kurve den Trainer aus dem Amt kampagnisiert, ist im Wiener Westen allerdings tatsächlich Normalität. Der im eigenen Selbstverständnis größte Fußballklub des Landes hängt am Gängelband seiner organisierten Fanszene. Ein trauriges Schauspiel, das am Ende nur Verlierer zurücklässt.

Nun kann man über „Gogo“ Djuricins Leistung als Trainer trefflich geteilter Meinung sein, die an anderer Stelle ausreichend diskutiert wurde. Unter welchen Umständen und auf welche Art und Weise er vom Hof gejagt wurde, ist aber wohl bisher einzigartig in Fußballösterreich. Ein ganzer stolzer Verein knickt unter einer von der eigenen Tribüne angezettelten Mobbingaktion ein, wie ein schwaches Bäumchen im Wind. Die Schere zwischen vollmundigem und pseudoselbstbewusstem Auftreten vom Präsidenten abwärts und der jämmerlichen Realität, ist weiter geöffnet denn je. Und das noch dazu mit der Konsequenz einer Populisten-Entscheidung, die so mancher politischen Partei ein gehöriges Maß an Respekt abringen könnte.

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Deine Stimme ist gefragt!

Ruhe, PR und starke Sprüche

Mit der Wahl von Dietmar Kühbauer als nächstem Mann auf der grün-weißen Bank macht der SK Rapid nichts anderes, als den gemeinsamen Nenner aus „Volkeswillen“, medialer Rückenwinderwartung und einem diffusen Wunsch nach einem „der das Ruder herumreißen“ soll, zu verpflichten. Bis zu einem gewissen Grad, wie eben immer bei einer populistischen Entscheidung, ist das oberflächlich ja auch nachvollziehbar. Man will Ruhe, gepaart mit ein paar PR-technisch gut verkaufbaren Eigenschaften des neuen Mannes. Dazu einen, der die eine oder andere Krisensituation mit ein paar Sprüchen vom Tisch fegen kann und dafür aus diversen Ecken auch noch Applaus ernten wird, wofür ein Djuricin geteert und gefedert worden wäre.

Aus sachlich-sportlicher Perspektive hat Kühbauer in seiner bisherigen Trainerlaufbahn nichts auf der Visitenkarte, was ihn für den SK Rapid empfehlen würde. Er war bei Admira, Wolfsberg und St.Pölten tätig. Bei den ersten beiden Stationen mit einer durchschnittlichen Performance, jetzt bei St. Pölten mit einem außergewöhnlich erfolgreichen ersten Saisonviertel. Alle drei Stationen eint allerdings, dass es dort darum geht, aus der Underdog-Position Nadelstiche zu setzen. Eine Übung, wie die Erfahrung mittlerweile zu Genüge zeigt, die weit leichter zu bewerkstelligen ist, als ein Team zu coachen, das dominant sein will und in jedem Spiel außer gegen Red Bull mehr oder weniger der Favorit ist.

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Die krammerschen Geister

Diese Erwartungshaltung gibt es rund um den Verein und sie wird von der Klubführung immer wieder unterstrichen. Es fehlt zwar an einer sichtbaren sportlichen Linie, nicht allerdings an großspurigen Ankündigungen wie Mission 33 und Top 50 in Europa. Die krammerschen Geister, die hier gerufen wurden, wird man wohl nicht mehr leicht los. Nun ist es nicht unmöglich, dass Dietmar Kühbauer beim SK Rapid Erfolg haben wird. Allerdings geht man mit seiner Verpflichtung, auch wenn sie mit Vorschusslorbeeren ausgestattet sein wird, ein gehöriges Risiko ein. Man weiß schlicht nicht, ob der Burgenländer kann, was man von ihm will bzw. was dem Selbstverständnis entspricht. Blickt man nur vorsichtig zurück, zur Ära eines gewissen Damir Canadi, müssten eigentlich sogar die Alarmglocken schrillen. Der SK Rapid ist kurzfristig den einfachsten Weg des geringsten Widerstandes gegangen. Ob es langfristig eine gute Idee gewesen sein wird das Fähnchen in den Wind zu halten, wird sich zeigen und ist aus aktueller Sicht fraglich.