
Sturm Graz: Erfolgreicher Sport, fehlender Rahmen
Der Meister strahlt in der Vorbereitung das aus, was man eine "professionelle Ruhe" nennen könnte. Alles, was auf und um den Rasen passiert, wirkt aufgeräumt und fokussiert. Was den organisatorischen Rahmen bei Sturm betrifft, gibt es Luft nach oben.
Der Meister übt gerade im obersteirischen Irdning für die kommende Saison, die es wieder einmal in sich haben wird. Neben der erneuten Mission Titelverteidigung steht für Sturm Graz in jedem Fall wieder eine europäische Gruppenphase an. Ob ganz oben oder in der zweiten internationalen Leistungsstufe, wissen wir Ende August.
Selbstverständlichkeit durch Erfolg
Wenn man die Schwoazn - Spieler, Staff, Coachingteam - im Trainingslager ein wenig begleitet, merkt man in diesem Juli vor allem eines: Eine sehr aufgeräumte und ruhige Atmosphäre. Es hat sich nach vielen erfolgreichen Jahren eine gewisse Selbstverständlichkeit hinsichtlich der eigenen Rolle eingestellt.
Der gesamte sportliche Bereich strahlt unisono aus: Wir sind gut aufgestellt, unsere Hausaufgaben machen wir, den Rest werden wir sehen.
Sturm ist aktuell das Maß der Dinge in Österreich, der gejagte Verein, und das weiß man auch. Kaderumbruch? Man wird sehen, was kommt, gut aufgestellt sei der Klub aber in jedem Fall. Erwartungsdruck? Kann schon sein, aber es ist, wie es ist. Noch einmal Champions-League-Ligaphase? Die Chancen sind da.
Egal ob Trainer Jürgen Säumel, Sportdirektor Michael Parensen, der technische Direktor Benjamin Schunk oder Teammanager Martin Ehrenreich in ein Mikrofon oder abseits davon sprechen. Der gesamte sportliche Bereich strahlt unisono aus: Wir sind gut aufgestellt, unsere Hausaufgaben machen wir, den Rest werden wir sehen.
Reduzierte, aber fokussierte Kommunikation
Es herrscht eine äußerst positive Grundstimmung, es ist aktuell nichts zu hören und nichts zu sehen von der früheren Dauernervosität rund um die Grazer. Der Abgang von Christian Ilzer und des einen oder anderen sehr lauten Co-Trainers hat diesen Zustand noch einmal mehr verfestigt.
Es herrscht reduziertere Kommunikation, mittlerweile aber nicht mehr so defensiv wie zu Beginn der Amtszeiten von Säumel und Parensen. Kein "der Meistertitel ist nicht das Ziel" oder "wir reden nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt" mehr. Aber auch kein martialischer Ilzer, der mit diversen Tools und markigen Sprüchen versucht hat, Energie zu erzeugen.

Dazu kommt ein Staff, in dem jeder, mit dem man in Kontakt tritt, absolute Professionalität ausstrahlt, und Spieler, die durch die Bank sehr fokussiert wirken. Die notwendige Energie kommt jetzt aus dem Inneren der Gruppe, die ganz offensichtlich durch die schwierigen Phasen in der letzten Saison noch einmal zusammengewachsen ist.
Wo bleibt die Champions League-Werbetrommel?
Die "Alten", Stefan Hierländer, Otar Kiteishvili oder Jon Gorenc Stankovic, spielen dabei eine wichtige Rolle. Um das festzustellen, reicht es, einmal 15 Minuten bei einer Übungseinheit zuzusehen. Durch die Bank gibt jeder neue oder ganz junge Spieler zu Protokoll, wie einfach es ist, in dieser Mannschaft anzukommen und integriert zu werden.
Diese positive Gelassenheit, gepaart mit hoher Professionalität und Bereitschaft, sind sicher nicht die schlechteste Ausgangssituation für die kommende Spielzeit. Egal, ob noch der eine oder andere geht, und egal, welcher neue Kicker noch dazukommt.
Vor allem die Möglichkeit, wieder in den Hauptbewerb der Champions League zu kommen, ist ein Umstand, der wenig Öffentlichkeit bekommt.
So positiv sich die Ruhe rund um das Sportliche darstellt, so sehr vermisst man aber die Energie im einen oder anderen Bereich des Klubs.
Vor allem die Möglichkeit, wieder in den Hauptbewerb der Champions League zu kommen, ist ein Umstand, der wenig Öffentlichkeit bekommt. Es liegt auf der Hand und wird auch von den zuständigen Personen bestätigt, wie nachhaltig eine weitere Teilnahme Sturm in andere finanzielle Sphären bringen würde.
Ungelöste Themen rund um die Nordkurve
Von diesem essenziell wichtigen Umstand ist in der Öffentlichkeit wenig zu spüren. Die Playoff-Spiele finden in wenigen Wochen statt, die Schwoazn müssen dafür wieder nach Klagenfurt und letzte Saison hat man gesehen, dass das in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung ist. Dazu zählt auch, das Stadion weit weg von zuhause voll zu bekommen.
Gälte es nicht schon jetzt, dieses Heimspiel in Klagenfurt massiv zu bewerben, um die notwendige Euphorie entstehen zu lassen? Wäre es nicht sinnvoll gewesen, schon jetzt zu den bestehenden Abos die Karte für das Champions-League-Playoff mit anzubieten? All das findet nicht statt und das verwundert doch ein bisschen.
Wenn man in die Fanszene hineinhorcht, kann durchaus ein wenig Unmut wahrgenommen werden. Nicht nur die fehlende Bewerbung des besagten Spiels stößt den Fanklubs sauer auf, auch noch immer ungelöste Dinge wie die katastrophale Einlasssituation in die Nordkurve oder der Umstand, dass in den Randsektoren der Kurve in Liebenau die Sessel noch immer nicht entfernt wurden, werden bemängelt.
Der Rahmen hinkt dem Sport hinterher
Beide Dinge würden nicht nur den Komfort in den Stehplatz-Sektoren erhöhen, auch der Sicherheitsaspekt ist nicht zu vernachlässigen. Die Bewegungsfreiheit in der immer randvollen Kurve wäre größer und durch den ungeregelten Zugang gepaart mit einem überforderten Ordnerpersonal beim Einlass, sind bei den Heimspielen immer wieder mehr Personen in den Fansektoren, als dort eigentlich Platz haben.
Stand jetzt dürfen sich die Sturm-Fans, die in die Nord wollen, wieder auf sehr lange Anstellzeiten unter sehr unangenehmen Bedingungen einstellen.
Der zuständige Geschäftsführer Thomas Tebbich ließ unlängst im Podcast "BlackFM.at" wissen, man hätte diesbezüglich alles versucht, besser als es letzte Saison gelöst wurde, sei es vor dem kompletten Umbau in Liebenau nicht zu machen. Eine Meinung, die viele nicht teilen. Stand jetzt dürfen sich die Sturm-Fans, die in die Nord wollen, wieder auf sehr lange Anstellzeiten unter sehr unangenehmen Bedingungen einstellen.
Dazu gesellt sich zum wiederholten Mal Kritik am Merchandising beim SK Sturm. Nachdem es bei den Meister-Shirts nach der letzten Saison wieder einmal zu Lieferschwierigkeiten kam, wird aktuell der Unmut über die saftige Preisgestaltung bei den Trikots und die Beflockung derselben immer lauter.
Das wieder monströs ausgefallene Sponsorlogo auf der Brust der Trikots gefällt auch vielen nicht und ganz generell stellt sich die Frage, ob Sturm seine aktuell durchaus sehr gute Verhandlungsposition gegenüber dem Hauptsponsor immer optimal ausnützt.
Unter dem Strich zeigt sich, dass in den letzten Jahren der sportlichen Erfolge die Leistungsfähigkeit des organisatorischen Bereichs mit jener auf dem Rasen nicht Schritt halten kann.