Abgesehen von lokalen Rivalitäten spaltet Fußballfans kaum etwas so sehr wie Schiedsrichter-Entscheidungen. Seit der Videoassistent-Referee ab 2016 schrittweise eingeführt wurde und im Finaldurchgang 2021 in Österreich ankam, konzentriert sich der Ärger oftmals auf die Menschen vor den Bildschirmen.
Überall, wo diese tätig sind, gibt es Fehler und die heimischen Pfeifenträger sind mit Sicherheit nicht perfekt – aber man muss ja nur einmal wieder auf den Dorfplatz des Vertrauens gehen, um zu sehen, wie viele Entscheidungen das große Schiedsrichterteam inklusive Videobeweis richtigstellt.
Allerdings ist der VAR nicht gratis. Der Videoassistent-Referee kostet aktuell rund 1,5 Millionen Euro im Jahr.
Sparzwang bei Liga und Klubs
Und die ADMIRAL Bundesliga muss sparen. Der ab 2026/27 geltende TV-Vertrag mit Sky wirft dem Vernehmen nach rund 15 bis 20 Prozent weniger Geld ab als zuvor. Gleichzeitig kündigte der ÖFB im Zuge der Regionalliga-Reform einen Vertrag, der die Kostenübernahme der Schiedsrichter der 2. Liga durch den Fußballbund regelte.
Rund 40 Millionen Euro pro Jahr bislang, ab nun kolportierte 34 Millionen Euro. Dazu noch Mehrkosten in der Höhe von rund 800.000 Euro für die Schiedsrichter.
Mit der neuen Erlössituation ab der kommenden Saison evaluieren wir gemeinsam mit den Klubs gerade, wie wir die Mittel ab der neuen Saison am effizientesten einsetzen können.
Nachdem das TV-Geld auch noch den Österreicher-Topf speist, ist diese Gemengelage für viele Ligaklubs nicht angenehm, werden doch auch die Sponsoringbudgets nach zwei Jahren Rezession nicht größer. Dazu noch Mehrkosten in der Höhe von mehr als 800.000 Euro für die Schiedsrichter der ADMIRAL 2. Liga.
Viele offene Fragen
Wer ab Sommer 2026 überhaupt Bilder produziert, ist ebenfalls noch unklar. Zur Erinnerung: Sky zahlt für die Rechte, nicht die Produktion. Bislang hat die Bundesliga also von Sky Geld für die Rechte bekommen, das zum Teil für die Produktion wieder zurück an Sky floss.
Auch an diesem Punkt stellt sich die Frage, inwiefern die alte oder neue Produktionsfirma in Zeiten allgemeiner Teuerung und höherer Löhne überhaupt günstiger wird als bislang. Die Hoffnung könnte auf Remote-Produktionen liegen, die zumindest einen Teil der Personalkosten sparen.
Der aktuelle Vertrag mit dem technischen Dienstleister läuft bis Saisonende 2025/26. Dass Hawk Eye es billiger machen wird als bisher, ist eher unwahrscheinlich. 1,5 bis 2,5 Millionen Euro flossen gegenwärtig an TV-Geldern an jeden Klub. Bei Klubs wie der WSG Tirol (6,1 Mio. Euro Umsatz), dem TSV Hartberg (8,8) oder Blau-Weiß Linz (9,7) macht das schon einen großen Anteil des Budgets aus. Man braucht kein Mathematikgenie sein, um sich auszurechnen, dass mögliche Mehrkosten bei einigen Klubs nicht gut ankommen.
Nichts mehr sehen?
"Es geht schon noch mit weniger Aufwand, aber dann droht das gesamte Produkt noch schlechter zu werden", kritisiert einer, der sich auskennt, der seinen Namen aber nicht in den Medien lesen will. Was, wenn es zukünftig nur Kameras auf einer Seite gibt?

Schon neulich meinte Schiri-Experte Gerhard Gerstenmayer, dass ein Hauptproblem neben der Positionierung bei der Arbeit des VAR eine mangelhafte Auflösung durch die Bildqualität der Kameras sei - wobei man hierbei wie auch international normal in Full-HD produziert und auch da kann man nicht beliebig weit reinzoomen.
Die Verträge zu TV-Produktion und Hawk Eye sollen laut Bundesliga bis Jahresende geregelt sein. Bei den Kosten der 2. Liga-Schiedsrichter ist eine Einigung eher unwahrscheinlich. Ob es nun noch weniger Kameras werden, ist eher unwahrscheinlich. Sprich: Der Status Quo soll sich nicht verschlechtern.
Liga will das nicht
Das natürlich alles vorausgesetzt, der VAR bleibt überhaupt. Dem Vernehmen nach gab und gibt es auch hierzulande Ankündigungen von Verantwortlichen, dem schwedischen Beispiel zu folgen – sei es auch aus nostalgischen oder wie hier dargelegt aus beinhart finanziellen Gründen. Einen echten Antrag auf Abstimmung darüber gab es in der Klubkonferenz bis dato nicht.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten schaut aber jeder überall nach, wo es Einsparungspotenziale gibt. Bundesliga-Vorstandsvorsitzender Christian Ebenbauer erklärt gegenüber 90minuten:
"Mit der neuen Erlössituation ab der kommenden Saison evaluieren wir gemeinsam mit den Klubs gerade, wie wir die Mittel ab der neuen Saison am effizientesten einsetzen können. Da geht es einerseits um die Verteilung der TV-Gelder unter den Klubs und andererseits auch um Vorabzüge wie beispielsweise für den VAR."
Weil deutlich über 50 Prozent der Fußballspiele mit keinem oder einem Tor Unterschied enden, kann jede Änderung (statistisch, theoretisch und praktisch) große Auswirkungen haben.
Der VAR zahlt sich aus
Laut der VAR-Homepage gibt es im Schnitt fünf bis sechs Checks pro Spiel. Das macht insgesamt etwas mehr als 1.000 derartige Begutachtungen. Alle drei Spiele wird eine Entscheidung geändert. Das bedeutet:
Über den Daumen ist jeder Klub rund 10 Mal pro Saison vom VAR "betroffen".
Das ist nicht nichts. Der LASK verpasste die Meistergruppe vergangene Saison um zwei Punkte gegenüber Blau-Weiß Linz. Austria Klagenfurt verpasste um zwei Zähler den Klassenerhalt. Und weil deutlich über 50 Prozent der Fußballspiele mit keinem oder einem Tor Unterschied enden, kann jede Änderung (statistisch, theoretisch und praktisch) große Auswirkungen haben - gerade in dem Modus mit Punktehalbierung und Ligateilung.
Oder will man wirklich wieder in die Zeit zurück, als offensichtliche Fehlentscheidungen an der Tagesordnung waren?