„Wir dürfen in die Schule gehen, aber nicht gemeinsam trainieren?“
Zeitgleich zum Sportgipfel der österreichischen Bundesregierung demonstrierten bundesweit die österreichischen Amateurklubs. Ihr Ziel: Den zehntausenden Kindern endlich wieder einen Trainingsbetrieb zu ermöglichen.
Ich verstehe nicht, warum wir jeden Tag in die Schule gehen dürfen und dort sogar getestet werden, aber am Nachmittag dürfen wir nicht mit den gleichen Kindern Fußballspielen.
Ein 90minuten.at-Lokalaugenschein beim SC Mauerbach von Michael Fiala
Freitag, 17:00, Sportplatz SC Mauerbach. Die Vereinsführung, alle Trainer und ein paar Kinder des SC Mauerbach haben sich zu einer angemeldeten Demonstration eingefunden – so wie hunderte andere Klubs in Österreich auch, die im Rahmen der Aktion „Kinder brauchen Sport“ ein Zeichen setzen wollen. Denn eigentlich dürfen die Kinder und Trainer derzeit das so geliebte Grün nicht betreten: Seit November ruht der Ball. Sie alle demonstrieren für die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs.
Zur gleichen Zeit in Wien: Der Sportgipfel tagt u.a. in Wien mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Sportminister Werner Kogler.
Sogar die Kinder des SC Mauerbach haben sich zuletzt für die Politik interessiert und durch die Demonstration mitbekommen, dass die Politiker über eine mögliche Rückkehr zum Training im organisierten Sport diskutieren.
Am Vormittag in der Schule, am Nachmittag Trainingsverbot
„Ich verstehe nicht, warum wir jeden Tag in die Schule gehen dürfen und dort sogar getestet werden, aber am Nachmittag dürfen wir nicht mit den gleichen Kindern Fußballspielen“, fragt sich der 8-jährige Jonathan – die anderen Kinder sehen es ähnlich. Die Hoffnung der Kinder an diesem Tag ist groß, die Sehnsucht ebenso, der Fußballplatz sei doch eh so riesig, da passen viele Babyelefanten dazwischen.
Erinnerungen werden wach, die Kinder erzählen sich Geschichten: Auf diesem Platz haben die Nachwuchsteams von Mauerbach noch im September und Oktober gegen Atzenbrugg, Klosterneuburg, Gablitz oder etwa Purkersdorf spannende Matches gespielt. Es wurde gejubelt, es wurde gewonnen, manchmal auch verloren. Tränen sind geflossen, Jubelchöre gesungen, Eltern feuerten mit Sicherheitsabstand an.
Die Wintersaison ist sowieso schon dem Corona-Virus komplett zum Opfer gefallen. Kann wenigstens das Frühjahr mit einem geregelten Trainingsbetrieb gerettet werden? Kann man den über 100 Kindern in Mauerbach, stellvertretend für die hunderttausenden Kinder in Österreich eine Perspektive geben?
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Nach der Demo wird gekickt
Die Demonstration ist nach 15 Minuten zu Ende. Die Kinder laufen noch ein bisschen auf dem Platz herum, danach werden sie nach Hause geschickt. Besonders absurd: Während den Kindern das Training verwehrt wird, treffen sich die gleichen Kinder dieser tausenden Fußballclubs eben inoffiziell. Sie kicken gemeinsam auf Wiesen, in Parks, auf dem Funcourt oder wo es sich sonst eben ergibt.
Um kurz nach 20:00 Uhr meldet die Nachrichtenagentur APA: „Keine Zusage für konkrete Öffnungsschritte im Breitensport hat das Gipfeltreffen von Sportminister Werner Kogler, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (beide Grüne) und Vertretern des organisierten Sports am Freitag gebracht. Die beiden Regierungsvertreter sicherten dem Sport zwar eine prioritäre Behandlung zu, die entscheidende Frage sei aber "Wann ist der Tag X?", meinte Anschober.“
Entscheidung am Montag?
In den vergangenen Tagen sind die Infektionszahlen wieder gestiegen. "Faktum ist, dass wir steigende Infektionszahlen haben", erklärte auch Anschober. Der Gesundheitsminister erwarte noch am Sonntag eine neue Studie, die Aufschluss darüber geben soll, worauf der derzeitige Anstieg der Neuinfektionen basiert.
Am Montag soll beim Bundesländergipfel eine Entscheidung fallen. Sport-Austria-Präsident Hans Niessl hofft auf erste Lockerungen schon am Montag, 1. März. „Es dürfte zumindest vager Konsens darüber herrschen, dass zuerst Kindern wieder mehr sportliche Betätigungsfelder ermöglicht werden sollen, zumal diese durch den Schulbesuch sowieso regelmäßig getestet werden“, heißt es in dem APA-Bericht.
Die Klubs, die Vereinsfunktionäre, die Trainer und vor allem die Kinder haben am Freitag ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. Sie wollen Sport betreiben. Im Freien. Mit Regeln. Sie sind zu vielen Kompromissen bereit.
Nur einen Kompromiss, den wollen sie nicht mehr: Leere Fußballplätze. "Wir brauchen Fußball", sagt Jonathan. Die Kinderaugen leuchten.
Bildergalerie: Demonstration SC Mauerbach am 26. Februar