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Fußballfest als Corona-Test: Es braucht mehr Disziplin!

Lokalaugenschein in Wien-Hernals beim Cupkracher Wiener Sportclub gegen Austria Wien. Dass solche Spiele weiterhin oder in Zukunft wieder stattfinden können, verlangt mehr Disziplin auf den Rängen.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Reportage von Georg Sander

 

Als sich der Wiener Sport-Club und Austria Wien zuletzt in einem Pflichtspiel begegneten, schrieb man das Jahr 1994 und damals war noch keine Rede von Corona. Die Pandemie rund um die Krankheit Covid19 ist das bestimmende Thema und stellt Bundes- und Regionalligisten gleichsam vor große Herausforderungen, ein Fußballspiel durchzuziehen. Die Hernalser verkauften rund 2.300 Tickets, der Aufwand ist riesig. Ein Funktionär verriet im Vorfeld der Partie gegenüber 90minuten.at auf die Frage, ob man über die Vorbereitungen sprechen könnte, dass dazu sehr viel Zeit vonnöten wäre. Wer sonst dieser Tage auf Fußballplätze geht, kann sich den Aufwand vor allem im Amateurbereich vorstellen: Namen und Kontaktdaten müssen penibel notiert werden, es gibt zugewiesene Sitzplätze, ähnlich wie in Dornbach auf „Bankeln“. Zu Anpfiff waren deshalb noch nicht einmal alle Fans im Stadion.

 

Durchsagen und Aufmerksamkeit schaffen

Der Stadionsprecher verkündete vor dem Ankick die Maßnahmen: Mund-Nasen-Schutz überall, außer am Platz, Abstand halten, die zugewiesenen Sitzplätze einnehmen. Nun, das funktionierte wie draußen genau so gut oder schlecht. Beim Lokalaugenschein fiel auf, dass das Schachbrettmuster nicht immer eingehalten wurde. Allerdings dürfen Familien auch zusammen sitzen. Umgekehrt wäre es vermutlich sinnbefreit, ständig durchzugehen und jeden zu fragen, ob man beispielsweise zusammen in einer WG wohnt oder wer, bei dem gestrigen Wetter nicht unverständlich, gemeinsam mit dem Auto anreiste; in dem Fall wäre der Abstand auch eher sinnbefreit. Bei der Verköstigung war es schwierig, Abstand zu halten. Ein Hinweis an einen Hintermann, doch bitte die Maske aufzusetzen und Abstand zu halten versetzte den 90minuten.at-Redakteur in Sekundenschnelle in die ORF-Sendung „Am Schauplatz“ von Donnerstagabend; das Wording wurde gemerkt, eine Wiedergabe ersparen wir. Nur so viel: Die Sätze „Corona-Diktatur“, „I krieg ka Luft mit der Maskn“ und ein Vergleich mit der Zeit in Österreich zwischen 1938 und 1945 fiel. Man hätte wohl so manche derartige "Diskussion" führen können.

 

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Im Stadion braucht es jeden Fan

Und genau an dieser Situation lässt sich die Problematik festmachen: Um weiterhin während der Pandemie Fußballspiele im Freien zu haben, braucht es neben den engagierten Heimvereinen auch die Fans selbst. Während außerhalb des Stadions vonseiten der Politik zuweilen nicht immer nachvollziehbare Maßnahmen getroffen werden, sind diese im Stadion leicht: Namen hinterlegen, Sitzplatz einhalten, Mund-Nasen-Schutz tragen und Abstand halten. Das sollte auch am Wochenendstart nach ein paar Bier oder Spritzer mittlerweile verinnerlicht sein. Die ständigen Appelle an die Eigenverantwortung in ganz Österreich sind nicht nur nervig, sondern widersprüchlich. In Erinnerung ist das Bild des Bundeskanzlers vor ein paar Monaten, als verfassungswidrige Verordnungen Staatsbürger bestraften, er sich aber in einem kleinen Dorf feiern ließ. Oder die Vorgaben in Niederösterreich, wo in Bezirk a) eine Hand voll Fans ins Stadion darf, im Bezirk b) nebenan nicht. Oder das Bildungssystem, wo Vorgaben fehlen. Schlechte, zum Teil unnachvollziehbare Vorgaben des Systems auf Individuen abzuwälzen, ist ein Hohn.

Aber will die gesamte Fußballfamilie die liebgewonnene Freizeitbeschäftigung „Kick anschauen“ weiterhin genießen, dann braucht es mehr Disziplin auf den Rängen. Die Gefahr durch den Virus ist da, genau so wie eine Politik, die nicht selten populistische Maßnahmen ergreift. Die gesamte Fußballfamilie muss drauf achten, den Bogen nicht zu überspannen. Denn, das wissen wir seit März: Das Fehlverhalten weniger kann weitreichende Folgen haben. Ein Fußballcluster kann in diesen Zeiten schnell dazu führen, dass es gar keine Fans oder gar Spiele mehr gibt. So kann es dann leider sein, dass einzelne schnell zehntausenden Fußballfans ihr Hobby wegnehmen. Und das kann niemand wollen.

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