Foto: © Martin König Juli

Arbeiten mit Ex-Bundesligatrainer Oliver Lederer

Oliver Lederer ist ein bekanntes Gesicht im heimischen Fußball. Im dritten Teil der Serie "Mein Jahr in der Regionalliga Ost" erzählt 90minuten.at-Taktikexperte Momo Akhondi, wie es ist, mit einem Ex-Bundesligatrainer zu arbeiten.

Mein Jahr in der Regionalliga Ost - Teil 1, Teil 2, Teil 3

 

Von Momo Akhondi

 

Das Engagement von Oliver Lederer beim Regionalligisten FCM Traiskirchen hat von Tag eins an für sehr viel Wirbel gesorgt. Im Umfeld fiel der Name Lederer täglich, zu den ersten Spielen kamen mehr Zuschauer als gewöhnlich. Auf den sozialen Medien, in Zeitungen und Online-Portalen wurde berichtet und die Regionalliga Ost war öfter in den Mainstream-Medien vertreten als üblich.

Einerseits herrschte große Euphorie und Vorfreude auf das Engagement des ehemaligen Admira- und SKN St. Pölten-Trainers in Traiskirchen. Immer wieder wurden wir von Zuschauern und Funktionären des Vereins angesprochen. Uns wurde viel Glück für die kommenden Aufgaben gewünscht. Gleichzeitig fragten sich auch viele wie lange dieses Abenteuer „Regionalliga Ost“ dauern würde, fast wöchentlich gab es neue Gerüchte. Jedes Mal, wenn ein Job in der 1. oder 2. Bundesliga frei wurde, wurde Lederer als Nachfolger ins Spiel gebracht. Nie ließ sich Lederer dabei aus der Reserve locken, stets voller Respekt für die interessierten Vereine und gegenüber den möglichen Konkurrenten auf den freien Posten. Bekam ein anderer Trainer den Vorzug, war Oliver Lederer stets voll des Lobes für die Arbeit des Trainers, der die vakante Stelle übernehmen durfte. Als jemand, der bereits mit vielen Trainern in Österreich arbeiten durfte, war es erfrischend zu sehen, dass ein Trainer konsequent kein böses Wort über Kollegen verliert. Oliver Lederer fühlte sich in Traiskirchen wohl und das Umfeld in Traiskirchen empfing ihn mit offenen Armen.

Doch es gab außerhalb von Traiskirchen viele Skeptiker, welche nur darauf warteten, dass der FCM unter dem Neo-Coach Misserfolg hat. So auch in der 10. Runde als wir auswärts an der Raxstraße in Wien gegen das Team Wiener Linien spielten. Der Platz des Aufsteigers ist sehr ungewöhnlich, einerseits weil er kleiner als die Plätze in Schwechat oder Traiskirchen ist, andererseits weil der Rasen sehr hoch und uneben erscheint. Sowohl Oliver Lederer als auch ich waren sehr überrascht über den Zustand des Platzes. Jedoch war das nun mal die Realität und diese lautete nicht mehr Bundesliga, sondern Regionalliga Ost.

Das Spiel startete denkbar schlecht für uns, die bisher so erfolgreiche Rautenformation im Mittelfeld stieß in diesem Spiel auf seine Grenzen. Wir hatten schlechte Abstände im Aufbauspiel doch auch der Gegner spielte unorthodox und hatte mit Delic, Atik und Kalser drei Stürmer, welche fast gänzlich von Defensivarbeit befreit waren. Unsere Außenverteidiger konnten dadurch nur schwer aufrücken und wenn, hatten wir in der Defensive oft Unterzahl am Flügel. Nach einem direkten Freistoßtreffer von Atik und einem herrlichen Distanzschuss von Kalser war das Team Wiener Linien früh 2:0 vorne.

Das Team Wiener Linien mit den drei Stürmern, welche extrem weit vorne agieren, wir antworten mit zu weiten Abständen und schlechter Staffelung.

 

Wir merkten rasch, dass unsere Grundausrichtung vor allem am Flügel für Konterangriffe des Gegners anfällig war. Nach kurzer Absprache mit mir fing Lederer an die Grundformation am Platz zu modifizieren. Aus der Raute entstand ein 4-2-3-1.

 

Während der Cheftrainer also wild gestikulierte, um den Spielern ihre neue Position verständlich näher zu bringen, kamen von Seiten der Zuschauer mehrere schnippische Bemerkungen:

Da macht er wieder einen auf Bundesliga-Trainer, hat ja eh super geklappt bei St. Pölten“

Ich musste kurz schlucken. Uns wurde von vielen Seiten Misserfolg gegönnt. Doch rasch machten sich die Umstellungen bezahlt. Ali Alaca gelang der Anschlusstreffer noch vor dem Halbzeitpfiff. In der zweiten Halbzeit hatte der Gegner uns nichts mehr entgegenzusetzen. Ohne ihre hochriskanten Gegenstöße merkte man schnell, dass die drei Stürmer in der Defensivarbeit fehlten. Schlussendlich sprang ein ungefährdeter 4:2 Sieg heraus und dieser hätte sogar höher ausfallen können. An diesem Abend konnten wir die Kritiker verstummen lassen.

 

Die Weiterentwicklung steht über allem

Vor seiner Zeit beim SKN St. Pölten haben Oliver Lederer und ich bereits mehrmals über eine Zusammenarbeit geredet. Doch als Lederer in der Landeshauptstadt als neuer Trainer vorgestellt wurde, stand ich ihm nicht zur Verfügung. Zu dieser Zeit absolvierte ich das 72-wöchige Praktikum an der Universitätszahnklinik und hatte daneben nicht die Möglichkeit bei einem Bundesligisten mitzuarbeiten. Umso schwieriger war es für mich mitanzusehen wie Oliver Lederer beim SKN St. Pölten nach einer sehr langen Durststrecke entlassen wurde. In meinen Augen ist Lederer einer der besten jungen Trainer in Österreich, doch der Ausrutscher in St. Pölten schadete seiner Reputation enorm. Ich nahm es mir vor, mit ihm in Traiskirchen seinen Ruf wieder zu reparieren. Doch ich musste schnell realisieren, dass es ein schwieriges Unterfangen werden würde.

Nicht wenige haben gedacht, dass Traiskirchen mit Oliver Lederer als Trainer groß aufrüsten wollte und über kurz oder lang den Aufstieg in die 2. Liga als Ziel ausgeben würde. Auch diverse Zeitungen und Journalisten sprachen mich auf die vermeintlich großen Ziele des FCM Traiskirchen an. Doch tatsächlich war das Gegenteil der Fall.

 

Die Vorgaben in Traiskirchen waren

  1. Jünger werden

  1. Günstiger werden

 

Diese Vorgaben wollte Oliver Lederer auch unbedingt erfüllen, schon in der ersten Transferperiode im Winter trennten wir uns von älteren Spielern und besetzten die vakanten Positionen mit jungen Spielern nach. Dadurch gelang es das Budget innerhalb eines Jahres um 25% zu reduzieren und den Altersschnitt, um ganze drei Jahre zu senken.

Und so sehr Oliver Lederer auch von diesem Weg mit jungen, hungrigen Spielern überzeugt war, ich war es nicht immer. Mehrmals wies ich Lederer darauf hin, dass ihm mit solch einem Sparkurs der Weg zurück in die Bundesliga nicht gelingen wird. Die Entwicklung eines Vereines und die Weiterentwicklung junger Spieler war für Oliver Lederer immer die allererste Priorität, dafür war es auch essentiell, dass wir unser Ego hintenanstellen mussten. Dementsprechend stolz war er darauf, dass wir es geschafft haben einen Spieler wie Amro Lasheen, der im Vorjahr noch in der zweiten (!) Mannschaft des First Vienna FC spielte, zum Stammspieler zu formen, wo er von den Anhängern der Liga sogar zum besten Spieler der Hinrunde in der Regionalliga Ost gewählt wurde.

Im Sommer folgte schließlich der nächste Umbruch, erneut wurden alternde Spieler abgegeben und mit jungen, hungrigen Spielern nachbesetzt. Die weitere Entwicklung des FCM Profibox Traiskirchen unter Oliver Lederer sollte mit Spannung verfolgt werden.

 

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