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Wie ticken Österreichs Trainer und wie ticken sie nicht?

Welche Eigenschaften sind bei Österreichs Trainer zu beobachten, welche Schwerpunkte werden gesetzt, welche weniger? 90minuten.at mit einer tiefgehenden Trainer-Analyse.

Zusammengefasst und analysiert von der 90minuten.at-Redaktion 

 

Jeder einzelne Übungsleiter hat bestimmte Eigenschaften, die ihn ausmachen. Selten aber werden Trainer in-depth beleuchtet, mit welchen Eigenschaften sie punkten, mit welchen weniger. Wir haben die Eigenschaften und ihre Auswirkungen genauer analysiert. Um das Ganze etwas zu strukturieren, haben wir Fachgebiete eines Trainers kategorisiert und die Aspekte beleuchtet.

Wichtig ist jedenfalls zu betonen, dass Eigenschaften nicht zu isoliert zu betrachten sind. Zwar gibt es durchaus Trainer, die eher nur einer Kategorie zuzuordnen sind, jedoch trifft es bei den meisten zu, dass man in vielen der Facetten unterschiedlich ausgeprägt ist, zudem ist dies oft auch situationsabhängig. Wir haben auch bewusst darauf verzichtet, die aktuellen Trainer den beschriebenen Eigenschaften zuzuordnen - jeder kann sich selbst ein Bild machen, welcher Typ Trainer im jeweiligen Verein im Amt ist.

 

Trainer haben unterschiedliche taktische Ansätze. Adi Hütter und Damir Canadi haben es so ins Ausland geschafft.

Der Führungsstil

Streng und disziplinierend

Der Cheftrainer ist der letzte Entscheidungsträger, wenn es um Aufstellungen, Trainingsinhalte und Ähnliches geht. Er soll die Mannschaft führen und dabei gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten, wie man dies anlegen kann. Die meisten Trainer führen bewusst, der Grad dieses Bewusstseins kann jedoch stark variieren. Vor allem Ansprachen werden oft aus der Emotion heraus gehalten. Trainer wollen mit „Wutreden“ ein Zeichen setzen, Spieler aufwecken. Weniger der Umstand, dass es solche Reden gibt, als vor allem die Häufigkeit und Intensität ebenjener beschreibt hier den Trainer. Je häufiger es diese Arten von Ansprachen gibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Trainer seine Spieler zur Verantwortung ziehen will. Im Endeffekt sind es die Spieler, die am Platz stehen und das Spiel spielen, dies ist jedem Trainer bewusst. Die Frustration mit dem Gezeigten sowie die Ratlosigkeit darüber, wie dies zu lenken sei, führt viele Trainer zu Brandreden.

Spieler beobachten diese Trends sehr schnell, sie sind ihnen bekannt. Ein verzweifelter Trainer greift oft zu strengeren Regeln in der Kabine (Handyverbot, Kaffeeverbot, etc) oder vergrößert die Dimension der (Geld-)Strafen. Interessant bei diesem Aspekt ist, dass es natürlich Trainer gibt, die diesen Grad der Strenge schon von Beginn an mit sich bringen. Sie sind überzeugt davon, dass durch Disziplin, Ordnung und Strafen die Leistung der Mannschaft verbessert wird. Diese Trainer können, gepaart mit Erfolg und fachlichem Wissen, die Spieler vor allen zu Beginn auf ihre Seite ziehen. Auf die Dauer wird dies jedoch buchstäblich ermüdend für die Spieler.

 

Der laissez-faire-Führungsstil

Weiters gibt es dann natürlich auch Trainer, die eher für einen laissez-faire-Führungsstil bekannt sind. Interessanterweise sind diese im österreichischen Fußball jedoch seltener anzutreffen. Interessant vor allem deswegen, da Österreicher in ihrer Mentalität durchaus ein Bindeglied zwischen den stereotypischen Eigenschaften des Nordens und des Südens Europas sind. In Führungspositionen ist es den österreichischen Vereinsverantwortlichen (und auch implizit den Spielern) wohl immer noch sehr wichtig, autokratische Übungsleiter zu haben. Diese vorhin genannten „laissez-faire-Trainer“ zeichnen sich durch wenig Regeln und deren weniger konsequente Durchführung aus. Ihnen ist die Autonomie der Spieler wichtig, sie wollen, dass jene sich wohl fühlen. Dann, davon sind sie überzeugt, können die Spieler ihre beste Leistung abrufen.

Auch hier gibt es natürlich ein Maß, dass es einzuhalten gilt. Dies variiert auch von Verein zu Verein, da vor allem besser bezahlte Spieler ihrer Autonomie größeren Stellenwert zuschreiben, als zum Beispiel bei etwas kleineren Verein. Die „lockeren“ Trainer haben zum einen den Vorteil, dass die Spieler sie meistens mögen und sich sehr wohl fühlen. Solang der Trainer den Spagat schafft, den Respekt vor seiner Autorität zu bewahren, so folgen ihm die Spieler auch gerne, vertrauen ihm und nehmen ihm auch Fehler, sowie Abschiebungen auf Bank und sogar Tribüne weniger übel. Zum anderen haben diese Art von Coaches jedoch das Problem, dass bei Misserfolg schnell genau diese Art von Führung kritisiert wird. Die Person des Trainers wird dann schneller in Frage gestellt als das Fachliche und dies ist nur schwer zu revidieren. Zudem können Spieler ihre Freiheiten natürlich auch ausnutzen, sich ungenügend auf Spiele vorbereiten. Jene laissez-faire-Trainer neigen dann auch dazu, Konflikte zu vermeiden und auch keine wahrhaftigen Lösungen parat zu haben, um Spieler nach solchen Fehltritten zu mehr Disziplin zu motivieren. Auch hier geht die Souveränität, aus Sicht des Spielers, dem Übungsleiter verloren.

Die perfekte Balance zu schaffen ist natürlich die Quadratur des Kreises. Jedoch haben die erfolgreichsten, und auch am kompetentesten wirkenden, Trainer in Österreich eines gemeinsam: Souveränität. Diese zeigen sie nicht nur im Training, sondern auch in ihren Ansprachen, mit den Schiedsrichtern und den Medien. Sie strahlen eine Ruhe aus, die von Selbstvertrauen zeugt. Sie können streng sein, wissen jedoch ob der Wichtigkeit des Wohlgefühls der Spieler Bescheid. Auch sie begehen hin und wieder kleine Führungsfehler, vergreifen sich mal im Ton oder zeigen selbst keine Disziplin vor. Prinzipiell sind diese Typen jedoch mal Vater, Freund, oder „cooler Onkel“ genau dann, wenn es richtig passt. Einen Trainer als „100% Choleriker“ zu bezeichnen wäre unseriös, aber gewisse Tendenzen sind jedoch nicht zu verneinen.

 

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