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Das Rezept für den FC Salzburg gegen Borussia Dortmund

Mit Borussia Dortmund hat der FC Salzburg ein attraktives und schwieriges Los gezogen. Wer aber in dieser Saison Klubs wie Olympique Marseille oder Real Sociedad geschlagen hat, hat auch gegen den deutschen Topklub Chancen.

Von Georg Sander

 

Vor der Saison war es ein bisschen unklar, wie stark Red Bull bzw. der FC Salzburg sein würde. Zehn Punkte Vorsprung in der Liga, Cup-Halbfinale und das zweite Europa League-Achtelfinale der Ära Red Bull haben mögliche Kritiker aber Lügen gestraft. Es fehlen vielleicht die Glanzlichter von Sadio Mané oder Jonatan Soriano, dafür stellt Marco Rose die Mannschaft über alles. "Wir haben maximal Respekt. Das heißt, wir brauchen eine maximale Leistung und maximalen Mut", sagte Rose am Mittwoch. Maximal - ein Wort, das heimische Fußballfans an Otto Baric denken lässt. Jenen Coach des SV Salzburg, der die Mozartstädter bis ins Finale des UEFA-Cups brachte sowie in die Champions League. Der Startschuss damals war just ein Achtelfinale gegen Sporting Lissabon. Auswärts verloren die Salzburger mit 0:2, daheim gewann man nach Verlängerung mit 3:0. Martin Amerhauser erzielte den Treffer. Am Feld: Leo Lainer, Abwehrbollwerk und Vater des aktuellen Außenbahnspielers Stefan Lainer. Genau der könnte zum entscheidenden Faktor werden, steht er doch für viel, was die Bullen auszeichnet.

"Für mich ist ein guter Techniker der Philipp Lahm. Der macht keine Übersteiger oder so etwas. Aber bei ihm sitzt jede Ballannahme" - Stefan Lainer 2016 über sein Vorbild

Stefan Lainer - oder die Tugenden, die es braucht

Der Rechtsverteidiger Stefan Lainer vereint viele Tugenden, die die Salzburger im heutigen Spiel gegen Reus, Götze und Co. abrufen werden müssen. Zunächst einmal sein Werdegang: Er durchlief fast alle Nachwuchsstufen bei den Salzburgern, wurde verliehen, verkauft und zurück geholt. Seine Tugenden liegen tatsächlich weniger im Spiel für die Galerie; das zeichnet die Bullen seit einiger Zeit aus. Lainer marschiert 90 Minuten lang, bereitete mit seinen gefährlichen Flachpässen zur Mitte das 2:2 in San Sebastian sowie das 1:0 daheim gegen La Real vor. Er mag weder der beste Techniker sein, hat noch nicht die Klasse eines Christian Schweglers in der Defensive. Aber er denkt an das Team, stellt sich in den Dienst der Mannschaft und rackert und ackert. Das sind alles Tugenden, die Salzburg bis in Achtelfinale der Europa League gebracht haben. Neben der klugen, dosierten Pressing/Umschalttaktik des Trainerteams sind es diese Parameter, die aus einer guten Mannschaft eine machen, die gemeinschaftlich für Glanzlichter sorgen kann.

 

Doch das muss auch abgerufen werden. Die Salzburger brauchen oft ein bisschen, um ins Spiel zu finden. Nicht selten hat der Gegner - unabhängig davon, ob es in Europa war oder etwa die Admira - zuerst ein, zwei gute Szenen, die einen frühen Rückstand bedeuten können. Dazu kommt noch die Atmosphäre in Dortmund. Hiervon darf man sich nicht einschüchtern lassen oder Überpowern. So wie etwa Paulo Miranda im Herbst gegen Rapid, der in der Anfangsphase ein möglicherweise rotwürdiges Vergehen begangen hatte. Da kann es gegen Dortmund schnell in die falsche Richtung laufen, wenn man nicht von Anfang an da ist.

Szene aus dem Heimspiel gegen Rapid. Man steht relativ tief, der Gegner muss aufrücken, die Stürmer lauern.

Ins Pressing finden und den Gegner tief kontrollieren

Sofern als dass das Spiel des BVB gegen RasenBallsport Leipzig ein valider Vorgeschmack auf das heutige Duell sein kann, stehen die Vorzeichen nicht schlecht. Peter Stöger hat die Bullen noch (beinahe) nie geschlagen, weder mit Wiener Neustadt, noch mit der Austria oder in Deutschland mit Köln und Dortmund. Sieht man einmal von einem Sieg gemeinsam mit Schinkels im September 2005 ab. Das hatte damals auch noch nichts mit der heutigen RB-Philosophie zu tun. Leipzig kam am Wochenende gut ins Pressing rein und zwang Dortmund zu Umstellungen - Schürrle und Reus mussten nach der Anfangsphase Platz tauschen, um mehr zentraler zu spielen. Götze, der zentral spielte bzw. spielen wird, musste oft ausweichen. Das öffnete Räume. Peter Stögers Elf fand oftmals durch schnelles Umschaltspiel nach vorne, was gegen Salzburg interessant werden könnte. Denn schon in San Sebastian verstanden sich die Salzburger als Auswärtself auf eine tiefe Gegnerkontrolle. Wie der BVB als Heimteam darauf reagieren wird, wird spannend. Denn im Konter ist Salzburg bekanntlich brandgefährlich. 

 

Real Sociedad ist eine Mannschaft, die gerne auf die Flügel geht. Auch Stögers BVB bevorzugt grundsätzlich Breite. Im Sechzehntelfinale oder auch gegen Rapid jüngst schafften die Salzburger es recht gut, den Gegner auf die Seiten zu lenken. Das frühe Anlaufen/Pressen zwang den Gegner Sociedad auf die Flanke. Die Viererkette der Salzburger rückte ein, die Achter zogen sich auf die Außenbahn zurück. Etwaige Flanken sind meistens ein gelungenes Fressen für die großen Innenverteidiger. Dass die eine oder andere Hereingabe gefährlich werden kann, ist klar, aber die Bullen dürften dennoch wieder darauf setzen. Durch schnelle Konterspieler wie Hwang oder Lainer gibt man das Offensivspiel auch nicht auf. Diese können stets schnell für Gefahr sorgen. Das wird auch der Gegner wissen, weswegen es dann schwierig werden könnte, Überzahlsituationen in der Offensive zu generieren, ohne hinten aufzumachen. Klappt dieser Ansatz - durch Pressing Angriffe auf die Flügel lenken - ist schon einiges gewonnen und der Gegner wirkt zwar optisch überlegen, wird aber tief in der gegnerischen Hälfte kontrolliert.

Präzision, Effizienz & Personal

Viele Chancen wird man vorne nicht vorfinden und egal wer für die Dortmunder aufläuft, diese Elf wird in der Regel einfach besser sein als beinahe alle Gegenspieler in dieser Saison. Freilich, so mancher Bullenschmäh ist kaum verteidigbar. Etwa ein Lainer, der bis zur Grundlinie durchmarschiert und dann auch noch weiß, wen er neben oder hinter sich bedienen muss. Oder ein Hwang, der mit seiner Schnelligkeit Bälle erläuft, die Gegenspieler kaum erreichen können und noch dazu gerne vor den Beinen seiner Kontrahenten auftaucht. Hinzu kommen noch nahe an einer Abseitsstellung gechippte oder durchgesteckte Bälle auf die Spitzen. Das ist insgesamt schwer verteidigbar. Aber die Dortmunder werden den Ball öfters haben, selbst wenn das von Rose und Co. gewollt sein mag, verringert das die Zeit, in der man zum Abschluss kommt. Dabei ist die Präzision wichtig. Wenn die Umschaltangriffe präzise gespielt werden, schneiden sie wie ein Messer durch warme Butter. Wenn nicht, wird es kraftaufwendig, brotlos und gefährlich. Oben drauf kann man sich eine Schludrigkeit wie gegen Rapid keinesfalls leisten. Mehr als drei, vier Großchancen sind gegen den BVB unrealistisch.

 

All diese Ideen - oder gänzlich andere? - umsetzen werden wohl die altbekannten Kicker. Zwar waren Hwang und Samassekou fraglich, aber bislang spielte fast noch jeder Salzburger, wenn er fraglich war. Vor dem gesetzten Abwehrverbund mit Walke sowie der Viererkette bestehend aus Lainer, Ramalho, Caleta-Car und Ulmer wird wohl Diadie Samassekou abräumen, Berisha und Schlager dürften links bzw. auf einem in internationalen Spielen Zehner/Achter-Hybrid auflaufen. Einzig rechts im Mittelfeld entscheidet es sich wohl zwischen dem jungen Haidara und dem erfahrenen, aber in der Europa League an seine Grenzen stoßenden Yabo entscheiden. Vorne wird Munas Dabbur den Gegner necken dürfen, Hwang diesen nerven.

Realistisches Fazit: Dortmund müsste sich durchsetzen

Es ist trotz spielerischer Krise beim BVB noch immer ein deutscher Topklub, gegen den die Bullen antreten. Also müssten sich die Dortmunder auch durchsetzen. Worum es wohl hauptsächlich gehen wird, ist, dass ein Aufstieg nach dem Hinspiel nicht komplett unrealistisch ist. Unter Marco Rose hat Salzburg erst in vier von 43 Spielen mehr als ein Tor kassiert, das dürfte also klappen. Und wer weiß, vielleicht schreiben die Salzburger Bullen 2017/18 ein Fußballmärchen, das mit jenem der Salzburger Austria 93/94 vergleichbar ist.

 

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