Foto: © ANNO / Österreichische Nationalbibliothek

Zeitreise: Als Rapid Wien deutscher Fußballmeister wurde

Vor knapp 76 Jahren schrieb der SK Rapid Geschichte, wurde als erste und einzige österreichische Mannschaft deutscher Meister. Eine historischer Tatsache, aber inmitten der Gräueltaten der Nazis errungen, ist der Umgang damit schwierig. Von Stefan Berndl.

Wir schreiben die Saison 1940/41. Der 2. Weltkrieg ist bereits lange im Gange, Fußball wird dennoch gespielt. Deutschland wollte im Kriegsalltag eine gewisse Normalität vermitteln. Das soll und darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nazis viele Vereine verboten, allen voran jüdische und solche, die sich nicht den Machthabern unterwerfen wollten.

Als Meister der Sportbereichsklasse Ostmark war auch der SK Rapid bei der großdeutschen Fußballmeisterschaft mit dabei. 1939 waren die Wiener bereits deutscher Pokalsieger geworden, zwei Jahre später sollte es noch besser kommen. Nachdem sich Rapid bereits in der Gruppenphase (gespielt wurde in vier Gruppen) durchsetzte, schlug man den Dresdner SC im Halbfinale mit 2:1 und stand damit im Endspiel um die Meisterschaft. Der Gegner hieß Schalke 04. Gespielt wurde im Olympiastadion Berlin vor fast 100.000 Zuschauern. Der Spielverlauf ließ aber nichts Gutes erahnen. 

"Schlechter Anfang - gutes Ende. Zur Pause sah es für Rapid gar nicht gut aus. Der Gegner führte 2:0 und bis dahin hatte sich die Elf aus Hütteldorf gerade nicht mit Ruhm bedeckt. Die Hintermannschaft begann äußerst unsicher und verhalf damit Schalke nach sieben Minuten zu einer Führung von zwei Toren" (Quelle: ANNO/ÖNB, Das kleine Volksblatt, 23. Juni 1941, Seite 9)

Nach gerade einmal sieben Minuten lagen die Schalker bereits mit 2:0 voran, in Minute 58 fiel das 3:0. Der Titel schien außer Reichweite. Dann startete allerdings eine Aufholjagd, mit der wohl keiner gerechnet hatte. 

"Berlin erlebt eine Rapid-Viertelstunde"

Es war eine Rapid-Viertelstunde der ganz besonderen Art. "Ausnahmsweise nicht die letzten 15 Minuten sorgten für eine historische Aufholjagd", schreiben die Rapidler auf ihrer Homepage. Erst gelingt Georg Schors der Anschlusstreffer zum 1:3. 

"In der 14. Minute läuft Binder von der Mittellinie aus durch, wird hierbei von zwei Schalkeläufern abgedrängt und kommt in die linke Verbindung. Er spielt das Leder zu Pesser, dieser flankt zu Schors, der wuchtig einsendet." (Quelle: ANNO/ÖNB, Das Kleine Blatt, 23. Juni 1941, Seite 8)

Jahrhundertstürmer als Matchwinner

Es war aber nicht Schors, der in der Folge zum Helden der Rapidler avancieren sollte. Sondern ein gewisser Franz "Bimbo" Binder. Der Jahrhundertstürmer Rapids schoss binnen weniger Minuten drei Treffer, drehte die Partie quasi im Alleingang. Rapid gewann am Ende mit 4:3.

"Bimbo-Binder hatte gestern wieder einmal die besten Schußstiefel an. Er schoß dreimal in das Schalke-Tor und ha so den Löwenanteil an dem großen Sieg Rapids, der nun großdeutscher Meister ist." (Quelle: ANNO/ÖNB, Das Kleine Blatt, 23. Juni 1941, Seite 8)

Die Rapidler waren damit die einzige österreichische Mannschaft, die sich deutscher Fußballmeister nennen durfte. Das Publikum zollte dem Team jedenfalls Respekt, nahm den Sieg der Wiener begeistert auf:

"Der Sieg Rapids war nach dem Spielverlauf ein vollkommen verdienter. Die Hütteldorfer haben das Kunststück zuwege gebracht, innerhalb weniger Minuten einem großen Gegner einen schon sicher dünkenden Erfolg zu entwinden. Das allein hat den Zuschauern so imponiert, daß sie zuletzt gänzlich auf der Seite der Wiener Fußballer standen." (Quelle: ANNO/ÖNB, Neues Wiener Tagblatt, 23. Juni 1941, Seite 5)

"Die Massen strömten in das Spielfeld, und die siegreichen Hüttedorfer konnten sich kaum dem Ansturm und der Glückwünsche erwehren, die ihnen von allen Seiten dargebracht werden. Mit dem Siegeskranz der Großdeutschen Kriegsmeisterschaft 1941 im Fußball geschmückt, verließen die glückstrahlenden Sieger umjubelt das Spielfeld." (Quelle: ANNO/ÖNB, Österreichische Volks-Zeitung, 23. Juni 1941, Seite 5)

Für die Rapidler ist es bis heute "einer der größten sportlichen Triumphe unserer ruhmreichen Vereinshistorie", wie sie auf der Homepage schreiben. Österreichische Meistertitel folgten zwar in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch einige, dieser Titel blieb aber einzigartig.