"Alle rund um den Schiedsrichter sollen nicht die Feinde und Gegner von ihm sein. Wo er einen Spielraum hat, sollen sie ihn unterstützen. Dort wo er falsch gelegen ist, müssen sie sagen: hallo, das stimmt nicht."
90minuten.at: Ja, ich verstehe. Nur die Frage war: Wie waren die Leistungen aus Ihrer Sicht in der aktuellen Saison?
Sedlacek: Für uns ist es grundsätzlich in Ordnung. Wir haben nach jeder Runde eine Telefonkonferenz oder ein persönliches Treffen, wo wir die einzelnen Spiele noch einmal betrachten. Es gibt nicht nur die Beobachter im Stadion, es gibt auch einen Supervisor, der sich die Kurzzusammenfassungen im Fernsehen anschaut und den Beobachtungschef. Der ist gefordert, wenn nicht alles harmonisch ist und der eine etwas gesehen hat und der andere nicht. Er muss schauen: was ist die Wirklichkeit? Im Medienzeitalter heutzutage ist das meistens leicht. Eigentlich ist aber das Erstgebot: Alle rund um den Schiedsrichter sollen nicht die Feinde und Gegner von ihm sein. Wo er einen Spielraum hat, sollen sie ihn unterstützen. Dort wo er falsch gelegen ist, müssen sie sagen: hallo, das stimmt nicht. Im Großen und Ganzen haben wir jedenfalls gute Leistungen. Dass das eine oder andere Spiel, aus welchen Gründen auch immer, nicht so läuft, wie man sich das vorstellt – das liegt in der Natur der Sache.
90minuten.at: Österreich als Fußballnation befindet sich seit Jahren im Bereich der Top10 in Europa. Schiedsrichter der Kategorie „Elite“ haben wir seit 15 Jahren keinen mehr. Woran liegt das?
Sedlacek: Das hat verschiedenste Gründe. Da ist einmal die Sache, und das sage ich jetzt so, auch wenn da vielleicht aufgeheult wird, wir sind nicht eines der Top-Fußballländer. Vor allem nicht, was Schiedsrichter betrifft. Dazu bräuchten wir Profis und einen anderen Zugang zum Schiedsrichterwesen. Wir arbeiten professionell aber eben als Amateure. Das ist derzeit so.
90minuten.at: Abgesehen davon, dass Österreich früher schon Elite-Schiedsrichter hatte, gibt es Bestrebungen das Schiedsrichterwesen zu professionalisieren?
Sedlacek: Dazu müssten Bundesliga und ÖFB viel Geld investieren und das ist derzeit nicht der Zugang. Es gibt Einzelne, die Profis verlangen. Ich habe grundsätzlich kein Problem damit. Aber es gibt aktuell dafür nicht die Voraussetzungen.
90minuten.at: Aber noch einmal von Beginn an. Wir sind eine professionelle Fußballliga, haben Mannschaften in allen europäischen Bewerben und haben den Anspruch bei den UEFA-Nationen vorne mit dabei zu sein. Müsste das Schiedsrichterwesen nicht den Anspruch haben, sich zu professionalisieren?
Sedlacek: Das ist eine Frage des Wollens, nicht des Müssens.
90minuten.at: Es ist also so: Die Vertreter der Klubs beschweren sich oft über das ehrenamtliche Schiedsrichterwesen, wollen aber zugleich nichts dazu beitragen, dass es zu einer Professionalisierung kommt?
Sedlacek: Schauen Sie, wir haben über ein Jahr lang eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema gehabt. Natürlich kam da immer wieder die Frage auf, wären Profis nicht die bessere Lösung? Aber es gibt durchaus auch die, die sagen: Einer, der mehr Geld bekommt, pfeift deshalb nicht besser. Aber ganz grundsätzlich: Das Schiedsrichterwesen ist beim ÖFB angesiedelt, weil das nach der Charta von FIFA und UEFA so sein muss. Es ginge bei Profischiedsrichtern um unglaublich viele Dinge. Das beginnt bei steuerlichen Themen, da geht es um Arbeitsrecht, da geht es darum, dass ein Profi eine Absicherung braucht, wenn er verletzt oder krank ist und nicht pfeifen kann und so weiter. Da geht es alles in allem nicht um ein bisschen mehr Geld, sondern um sehr viel mehr Geld.