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Martin Bruckner: „Wir lassen uns von Geldgebern nicht irgendwelche Sachen erklären“

Martin Bruckner will neuer Rapid-Präsident werden. Im ausführlichen 90minuten.at-Interview spricht er über die Unterschiede zu Roland Schmid, wie er die Hütteldorfer sportlich nach vorne bringen will, sein Verhältnis zu den Fans und über die Positionierung seines Klubs im österreichischen Fußball.

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++ 90minuten.at-Exklusiv ++ Das Gespräch führte Michael Fiala

 

Am Montag hat das Wahlkomitee über die Zulassung der beiden Listen Bruckner und Schmid zur Wahl am 25. November entschieden. Gleichzeitig konnten die beiden Kandidaten nun auch damit beginnen, offensiv mit Medien über ihre Pläne zu sprechen - so auch mit 90minuten.at.

Mittwoch, 8:30 in einer Hietzinger Pasta-Grill-Bar. Martin Bruckner erscheint pünktlich, er wirkt ein wenig abgekämpft, die Strapazen des mittlerweile zeitlich intensiven Wahlkampfs mit einigen Interviewterminen und Teamsitzungen in Kombination mit dem Brotjob (Allianz) machen sich bemerkbar. Dennoch nimmt er sich über eine Stunde Zeit für das wohl ausführlichste Interview, das man mit Martin Bruckner im Rahmen dieses Wahlkampfes wird lesen können. Die Liste Bruckner steht für Evolution, nicht für Revolution. Wie das konkret aussehen soll, wird im Interview geklärt. Bruckner bestellt Ham & Eggs, einen Kaffee. Das Gespräch beginnt …

 

90minuten.at: Ich beginne vielleicht ein wenig unkonventionell. Erklären Sie mir in wenigen Sätzen: Warum sollte ein Rapid-Mitglied am 25. November Ihrer Liste die Stimme geben und nicht Roland Schmid?

Martin Bruckner: (denkt nach) Ich glaube, dass ich mit meinem Team mit mir als Kapitän eine Mannschaft habe, die einfach für den Verein sehr viel weiterbringen kann. Ein Team mit viel Erfahrung und neuem, frischen Blut – verbunden mit der Idee, dass wir das Leitbild zu 100% leben wollen. Wir wollen diesen Traditionsverein, wir wollen Rapid weiterentwickeln. Wir wollen den Weg, den wir 2013 begonnen haben und der noch nicht fertig ist, weitergehen.

90minuten.at: Im Konzept schreiben Sie: “Wir sind stolz auf die Errungenschaften in der Ära Krammer”. Welche Errungenschaften sind damit gemeint?

Bruckner: Als wir begonnen haben, hat man uns Fantasten oder Träumer genannt, weil wir gesagt haben, dass wir ein Stadion bauen wollen. Mit diesem Stadion haben wir den Verein in eine neue Dimension gehoben, wir haben das negative Eigenkapital von minus 1,4 Mio. Euro auf plus 15 Mio. Euro gedreht. Wir können jetzt natürlich darüber diskutieren, wie groß das neue Trainingszentrum werden soll. Wenn wir uns ins Jahr 2012 zurückversetzen und damals gesagt hätten, dass wir ein Stadion und in den nächsten sieben Jahren ein Trainingszentrum bauen wollen, dann hätten uns die meisten für verrückt erklärt. Wir haben viel geschafft, wir haben die Mitgliederzahl massiv erhöht, wir haben die Mitglieder mit eingebunden. Ich kann auch gleich die nächste Frage beantworten …

 

90minuten.at: … die wäre?

Bruckner: … worauf ich weniger stolz bin?

 

90minuten.at: Bitte ..

Bruckner: Es ist so, dass wir im sportlichen Bereich nicht dort sind, wo wir hin wollten. Im nationalen Bewerb können wir überhaupt nicht zufrieden sein, vor allem mit Blick auf das vergangene Jahr. International haben wir aber aufgezeigt, haben zwei Mal überwintert, wir haben in der Europa League sehr gut gespielt. Aber auch dieses Thema werden wir ändern und angehen.

"Ich glaube, dass wir mit unserem Konzept im sportlichen Bereich die Kontinuität mit der Bestellung von Zoran Barisic und Didi Kühbauer vorantreiben, die dem Verein in den vergangenen Jahren gefehlt hat. In diesem Zusammenhang sehen wir die ersten Erfolge." - Martin Bruckner

90minuten.at: Zum sportlichen Bereich wollte ich später noch zurückkommen. Im Konzept schreiben Sie auch: „Es braucht keine Veränderungen als Selbstzweck”. Ist das eine Spitze gegen die konkurrierende Liste Schmid?

Bruckner: Es war in der Erstellung der Unterlagen das Thema „Veränderung“ immer wieder zu hören. Ich frage mich: Was ist Veränderung? Für mich ist Veränderung die Evolution, den Verein kontinuierlich, mit ruhiger Hand weiterzuentwickeln.

 

90minuten.at: Die Liste Schmid setzt sehr stark auf das Thema Veränderung und will damit wohl die unzufriedenen Mitglieder abholen. Was können Sie diesen Mitgliedern anbieten, was kann die von Ihnen beschriebene Evolution hier bewerkstelligen?

Bruckner: Ich glaube, dass wir mit unserem Konzept im sportlichen Bereich die Kontinuität mit der Bestellung von Zoran Barisic und Didi Kühbauer vorantreiben, die dem Verein in den vergangenen Jahren gefehlt hat. In diesem Zusammenhang sehen wir die ersten Erfolge. Wir bauen junge Spieler ein, wir haben Qualität im Nachwuchs. Diesen Weg müssen wir weitergehen, dieser Weg ist wichtig.

 

90minuten.at: Sie haben die ersten Erfolge angesprochen. Welche meinen Sie konkret?

Bruckner: Zoki Barisic hat bereits in seiner ersten Transferzeit die richtigen Spieler geholt. Er hat Rapid-Spieler geholt, die mit unseren  Tugenden wie das Kämpfen, das Nicht-Aufgeben, das Fighten zusammenpassen. Er hat auch dafür gesorgt, dass junge Spieler aus der 2er-Mannschaft ganz oben spielen. Das sind Signale, die natürlich vom Sportdirektor kommen.

 

90minuten.at: In Ihrem Konzept erwähnen Sie auch, dass im sportlichen Bereich Fehlentwicklungen abgestellt wurden.  Welche waren das aus Ihrer Sicht?

Bruckner: Wir wollen wieder Kontinuität. Diese Arbeit und die Handschrift vom Sportdirektor, der die Spielphilosophie upgedatet hat, der stark Richtung Nachwuchs arbeitet, der auch die Durchgängigkeit  sicherstellt.

 

90minuten.at: Sie haben die Spielphilosophie angesprochen. Die ist bei vielen Vereinen ein Diskussionsthema. Zuletzt hat Peter Stöger etwa sinngemäß gemeint, man kann keine vereinsübergreifende  Spielphilosophie implementieren, man müsse sich eher nach dem Spielermaterial richten. Dann gibt es Vereine wie Salzburg und dem LASK, die das vormachen. Wie sieht das bei Rapid aus?

Bruckner: Wir sind da am Weg. Wir haben schon die ersten Schritte in die richtige Richtung gesetzt. Ich bin in den 70er-, 80er-Jahren groß geworden und regelmäßig auf den Platz gegangen. Die Mannschaft damals hat gut Fußball gespielt, aber auch gekämpft bis zum Umfallen. Das ist Rapid. Wir wollen nicht in Schönheit sterben. Wir sind der Tradition verpflichtet, wollen kämpfen und siegen. Das will ich wieder sehen. Man kann dann auch verlieren, wenn man alles versucht hat. Im Regelfall reicht das dann aber, dass man gewinnt.

 

90minuten.at: Aber „Kämpfen und Siegen“ wollen anderen Mannschaften auch …

Bruckner: Das wollen alle. Das ist ja das Schöne, wichtig ist aber, dass wir das mehr wollen als die anderen ..

 

90minuten.at: Aber das ist ja dann als Philosophie zu wenig …

Bruckner: Wir wollen angriffslustig spielen, den direkten Weg zum Ziel, also zum Tor. Immer nach vorne orientiert, auch im Spiel die Dominanz haben, um dem Spiel den Stempel aufdrücken zu können.

"Das ist genau das, was wir jetzt ändern. Wir wollen die Trainer holen, die mit unseren Vorstellungen kompatibel sind und genau so spielen lassen, wie wir uns das vorstellen …" - Martin Bruckner

90minuten.at: Und an der Spielphilosophie arbeitet Zoran Barisic?

Bruckner: Das gibt es bereits. Ich weiß nicht, woher das kommt, dass wir das nicht hätten. Aber ich muss ja meine Betriebsgeheimnisse nicht immer erzählen …

 

90minuten.at: … aber wenn wir die Trainer der vergangenen Jahre bei Rapid nach ihrem Spielstil beurteilen, wurden die verschiedensten Typen geholt: Umschaltfußball, ballbesitzorientierter Fußball, etc. Deswegen frage ich, weil man offensichtlich nicht gewusst hat, wie Rapid spielen soll. Jeder Trainer hat überspitzt formuliert, dem Klub seine Philosophie „aufs Aug“ gedrückt. Eigentlich sollte es ja umgekehrt sein, oder?

Bruckner: Das ist genau das, was wir jetzt ändern. Wir wollen die Trainer holen, die mit unseren Vorstellungen kompatibel sind und genau so spielen lassen, wie wir uns das vorstellen …

 

90minuten.at: .. und Didi Kühbauer verkörpert die von Ihnen beschriebene Spielphilosophie? Bei Kämpfen und Siegen würde ich das sofort unterschreiben. Sonst auch?

Bruckner: Auch fußballerisch, ja. Wenn wir uns die letzten Spiele ansehen, kann man eine Handschrift erkennen. Wir haben eine Mannschaft gesehen, die nach vorne marschiert, die schnell in die Tiefe geht, die Tore schießen will. Das sieht man alles. Didi Kühbauer ist sicherlich kein Defensivapostel, das kann man ihm nicht vorwerfen.

 

90minuten.at: Dennoch tut sich Rapid offensichtlich schwer, zu Hause das Spiel zu machen und zu gewinnen. Warum?

Bruckner: Das ist das Puzzleteil, an dem wir noch verstärkt arbeiten müssen, damit wir zu Hause jene Macht werden, die wir einmal waren. Nach dem Motto: Bei uns bekommt keiner die drei Punkte, die gehören uns. Auch das wird uns gelingen.

 

>> Weiterlesen auf Seite 2 - Martin Bruckner über sein Verhältnis zu den Fans, die sportliche Kompetenz im Präsidium, den Bau der Akademie und die Außenwirkung von Rapid

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