Foto: © First Vienna FC 1894

Gerhard Krisch: „Wir brauchen den Goodwill des ÖFB“

Seit Beginn des Jahres ist Gerhard Krisch General Manager der Vienna. Im Interview erklärt er, wie er trotz Insolvenz dem Zwangsabstieg in die Wiener Liga entkommen will. Das Gespräch führte Markus Mittermüller

90minuten.at: Herr Krisch, der Konkurs der Vienna ist vom Tisch. Wie erleichtert sind Sie, dass jetzt zumindest ein Insolvenzverfahren möglich ist?

Gerhard Krisch: Wir hoffen stark, dass sich der Sanierungsverwalter unserem Vorschlag anschließt. Dann haben wir zumindest einmal den ersten Schritt geschafft und den Konkurs verhindert. Das wäre eine gewisse Erleichterung. Aber es ist nur ein Schritt in einem Plan, der notwendig ist. Zurücklehnen können wir uns aber deswegen nicht. Wir wissen, dass die Aufgabe noch sehr anspruchsvoll ist.

 

"Wir werden abspecken müssen. Damit ist das Thema Wettbewerbsvorteil in der Regionalliga nicht gegeben." - Gerhard Krisch

90minuten.at: Sie hoffen darauf, vom ÖFB zu einer Anhörung eingeladen zu werden, um dem Zwangsabstieg zu entkommen. Wie realistisch ist es, dass die Vienna in der Regionalliga bleiben kann?

Gerhard Krisch:Ich habe in Gesprächen mit dem Wiener Fußballverband, mit Präsident Robert Sedlacek gesagt, dass ich die Richtlinie, die man da eingesetzt hat inhaltlich voll verstehe und unterstütze. Da hat es in der Geschichte Fälle gegeben, wo sich Vereine wirklich Wettbewerbsvorteile geschaffen haben. Ich hätte mir gewünscht, dass man die Richtlinie so gestaltet hätte, dass nicht in jedem Fall automatisch der Hintergedanke ist, sich mit der Entschuldung einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Natürlich bleiben wir hier in einer gewissen Art Bittsteller, denn Richtlinien sind da, um eingehalten zu werden. Wir brauchen den Goodwill des ÖFB. Da gibt es sicher auch unterschiedliche Interessen der Landesverbände. Robert Sedlacek hat als Vertreter des Wiener Fußballverbands großes Interesse, uns zu helfen. Ob das für die anderen Verbände auch so gilt, weiß ich nicht. Obwohl: Wir haben natürlich alle miteinander ein Produkt zu vermarkten, und das heißt Fußball. Ich hoffe, dass wir als Fußball-Comunity verstehen, dass es manchmal Situationen gibt, die nichts mit Wettbewerbsvorteil zu tun haben sondern mit anderen Ursachen. Aber wir bleiben natürlich Bittsteller.

 

90minuten.at: Wie würden Sie bei einer Anhörung vor dem ÖFB argumentieren?

Gerhard Krisch: Wir werden abspecken müssen. Damit ist das Thema Wettbewerbsvorteil in der Regionalliga nicht gegeben. Ganz anders, wenn man uns durch den Zwangsabstieg in die Wiener Liga bringt. Dann haben unsere Konkurrenten in der Wiener Liga einen Wettbewerbsnachteil, weil wir mit Sicherheit ein höheres Budget als die Konkurrenten haben werden. Das ist auch wieder wettbewerbsverzerrend. Also vielleicht findet man einen Kompromiss, zum Beispiel mit einem Punkteabzug. Das ist ja ein Instrument, das üblich ist. Aber derzeit sehen das die ÖFB-Richtlinien nicht vor. Daher ist es mehr ein Entgegenkommen von Seiten des ÖFB als ein realistischer Ansatz. Aber meine Aufgabe ist, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und ich hoffe, dass wir hier noch einmal eine Chance bekommen. (Siehe Reaktion des ÖFB - Link bzw. Artikelbox)

90minuten.at: Der Verein hat ein Strategiepapier ausgearbeitet. Was sind die wichtigsten Punkte, die darin enthalten sind?

Gerhard Krisch: Bei einem Strategiepapier erwarten viele immer den Stein der Weisen. In Wirklichkeit sind das die Basics eines Unternehmens. Wir müssen von diesem exorbitant hohen Regionalliga-Budget herunter. Ein Eckpfeiler ist daher das Thema Cost-cutting, das andere das Thema Ertragssteigerung und Herstellen einer Einkommensstruktur. Wir waren viel zu sehr von Sponsorengeldern abhängig. Es gibt in Österreich viele gute Beispiele, an denen wir uns orientieren können. Es gibt neben den Sponsoren noch andere Einnahmequellen wie Ticketverkauf, Merchandising, sonstige Vermietungs- und Verpachtungserlöse. Auch strukturell müssen wir etwas ändern. Wir haben den Verein in den letzten Jahren immer nebenberuflich gemanagt. Aber dieser Verein ist auch ein Unternehmen. Wir haben über 40 Mitarbeiter, ein Budget von derzeit 2,5 Millionen Euro. Das bedarf eines professionellen Managements. Daher haben wir auch einen hauptamtlichen Manager eingesetzt.

 

90minuten.at: Das Stadion auf der Hohen Warte soll künftig auch besser genutzt werden?

Gerhard Krisch: Die wirtschaftliche Nutzung des Stadions ist ein Must der Zukunft. Von zwei Spielen pro Monat kann man dieses Stadion nicht finanzieren. Wir müssen die Attraktivität erhöhen. Das Produkt Fußball, das Produkt Freizeitgestaltung für unsere Zuschauer attraktiver machen. Die Leute müssen Gründe haben, warum sie hierher kommen – und das ist vielleicht nicht nur der Fußball. Da kann man sich ein Beispiel bei den Vikings nehmen. Wenn die Vikings hier spielen, dann verbringen die Familien Stunden hier – vor und nach dem Spiel – und feiern dieses Event.

Krisch: "Wir haben in den letzten Jahren viel Geld in die Erhaltung dieses Stadions investiert."

90minuten.at: Wäre es nicht notwendig, das Stadion zuerst zu sanieren?

Gerhard Krisch: Wir haben in den letzten Jahren viel Geld in die Erhaltung dieses Stadions investiert. Es ist natürlich in ein gewisses Alter gekommen. Wenn wir dieses Stadion erhalten wollen – und das ist unser Ziel – dann muss man auch perspektivisch denken und überlegen, wo die Reise hingehen kann. Das ist ein riesiges Areal – alleine das Rasenmähen auf der Naturarena ist eine Herausforderung. Ich wünsche mir auch, dass wir hier mehr Zuschauer haben dürfen. Mittlerweile sind es nur mehr 4.500, mit Sondergenehmigung bis zu 7.500 Zuseher. Das limitiert uns natürlich. Das Stadion wäre hammergeil für ein Konzert. Aber wenn ich hier nur 10.000 oder 20.000 Zuschauer hereinbringe, macht das keinen Business-Case. Weil wir haben dann auch Probleme damit. Wie zum Beispiel den Rasen, der dadurch beschädigt wird. Auch die Auflagen sind schwierig, weil wir einen Schallschutz aufbauen müssten. Aber das alles ist eine längerfristige Perspektive. Zuerst müssen wir unsere Hausaufgaben machen. Wenn wir dann wieder stärkere Partner haben, die über das normale Sponsoring hinaus hier investieren würden, dann kann man darüber nachdenken. Aber das ist Zukunftsmusik.

 

90minuten.at: In den vergangenen Jahren sind immer wieder Pläne aufgetaucht, anstelle des Stadions Luxuswohnungen zu errichten.

Gerhard Krisch: Diese Pläne sind aus meiner Sicht auf jeden Fall vom Tisch. Das ist eine Frage der Widmung. Dieses Grundstück ist für Sport gewidmet und das ist gut so. Es ist eine Naturarena, die wir so gut wie möglich so erhalten sollten. Aber man muss Stadien auch weiterentwickeln können.


Danke für das Gespräch!

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