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Gerald Baumgartner: "Ich will auch in Mattersburg mein Konzept durchbringen"

Wer in der Bundesliga war oder ist, will dort wieder hin oder bleiben. Gerald Baumgartner scheiterte bei der Wiener Austria und stellt seine Reputation gerade beim SV Mattersburg wieder her. Im 90minuten.at-Interview verrät er, wie er die Defensive stabilisiert hat, die Jungs vorne aggressiv macht und dass sich beim SVM einiges ändern könnte. Von Georg Sander

90minuten.at: Können Sie uns konkret sagen, was Sie verändert haben?

Gerald Baumgartner: Wer mich kennt, weiß, dass ich mein Konzept mit dem vorhandenen Spielermaterial durchbringen will. Ich habe mir das genau angeschaut um herauszufinden, wo die Schwachpunkte sind. Wir haben jetzt alle drei Heimspiele gewonnen, Salzburg auswärts eine gute Leistung abgerufen. In Altach hatten wir 63 Prozent Ballbesitz, aber zwei individuelle Fehler haben zu Toren geführt und dann war‘s schwierig. Gegen Rapid wollten wir top organisiert sein, um bei Ballverlust schnell hinter den Ball zu kommen. Das ist uns gut gelungen. Rapid hatte wenig Möglichkeiten. Wir haben in Hütteldorf verdient einen Punkt geholt, was nie leicht ist; denn Rapid ist für mich immer noch Rapid! Wir haben aber unsere Sache erledigt, haben das vorgenommene frühe Tor gemacht. Aus den sechs Spielen im Frühjahr haben wir zehn Punkte gemacht und sind in der Frühjahrstabelle – glaub ich – derzeit Dritter.

 
90minuten.at: Nur Salzburg hat mehr Punkte, die Austria, die Admira und der WAC haben wie der SVM zehn Punkte geholt, Mattersburg ist aufgrund des Torverhältnisses Fünfter in der Frühjahrstabelle. Was bedeutet dies für die kommenden Wochen?

Baumgartner: Wir mussten diese Änderungen machen. Ried ist nur einen Punkt hinter uns. Wir müssen so weitermachen, uns auf das nächste Spiel vorbereiten und die letzten zehn Spiele sehr erfolgreich gestalten.

 
90minuten.at: Wo genau waren Ihre Ansatzpunkte, was ist im Herbst nicht gut gelaufen?

Baumgartner: Wenn man abgeschlagen Letzter ist, schaut man sich zunächst zwei Parameter an: Wie viele Tore bekommst du? Und wie viele schießt du? Diese Parameter waren sehr schlecht. Dann muss man sich genau ansehen, warum das so ist. Wir haben da die Hebel angesetzt. Auch im Kader wollten wir den Hebel ansetzten, auf Positionen, wo wir Nachholbedarf sehen. Das war vor allem in der Offensive, zentrale Spitze; und die Außenbahnen.
 

"Die Abwehr war zu weit auseinander in Tiefe und Breite, wir haben uns das mit Jano und Erhardt per Videoanalyse angeschaut." - Gerald Baumgartner

90minuten.at: Die Abstände zwischen defensivem Mittelfeld und innerhalb der Verteidigung wirken nun enger.

Baumgartner: Das ist richtig. Die Abwehr war zu weit auseinander in Tiefe und Breite, und es waren immer wieder individuelle Fehler, die zu Toren geführt haben. Wir haben gesagt, dass wir bei Ballverlust die Mitte zumachen müssen. Das ist in unserem System ganz wichtig. Wir haben viel trainiert und gesprochen. Zum Beispiel haben wir uns mit Jano und Erhardt per Videoanalyse das beste Agieren angeschaut. In Vorbereitungsspielen kann man im Match viel coachen, das geht in der Meisterschaft weniger gut, weil es die Spieler nicht so gut hören. Und Sie haben das richtig beobachtet, das war einer der Schwerpunkte, an denen wir angesetzt haben. Auch das Umschaltspiel von der Defensive zur Offensive haben wir viel trainiert. Natürlich war auch die Abstimmung der Sechser, wenn einer der beiden auf die Seite raus geht, ein großes Thema. Ich habe häufig ein 4-2-3-1 spielen lassen, damit zwischen den Linien weniger Platz ist.

 
90minuten.at: Wie haben Sie das erreicht?

Baumgartner: In vielen kleinen Spielformen wollten wir, dass die Spieler im Block aggressiv gegen den Ball arbeiten. Da gibt es genug Trainingsformen; das muss man immer wieder erklären, auch wie man aus dem Deckungsschatten kommt, raus läuft, die Passwege zustellt. Wie man sieht, gelingt uns das im Moment sehr gut. Auch die individuellen Fehler sind weniger geworden. Sie führen nicht mehr so leicht zu Toren.

 
90minuten.at: Systeme beziehen sich oft auf die Defensivstaffelung. Das ist trainierbar. Wie bekommt man die Aggressivität in der Offensive rein, dass man die letzten Meter geht. Defensive ist harte Knochenarbeit, Offensive spielt sich auch im Kopf ab?

Baumgartner: Wir haben natürlich unsere Offensivmuster und die Freiheit offensiv kreativ zu handeln, aber wir haben auch einiges umgestellt. Die Spieler sind oft kurz gekommen, statt in die Tiefe zu gehen. Auch bei den Vertikalläufen. Hier haben wir angesetzt. Wenn die Spieler dann in die entsprechenden Situationen kommen, dann sollten sie im Kopf haben, dass sie in die Tiefe gehen, um Raum zu schaffen und den Passgeber zu animieren, den Ball über die Abwehr zu chippen oder durchzustecken. Das klappt noch nicht immer. Beim Tor gegen Rapid hat das super geklappt. Das geht nicht immer auf, aber wir versuchen es zu machen, auch wenn man dann das eine oder andere Mal im Abseits steht. Wir wollten die Offensivmuster eintrainieren, aber die Spieler haben die Freiheit, so zu handeln, wie sie es im Kopf haben. Wir beeinflussen aber schon im Training, was sie da im Kopf haben. Die Motivation kann man durch Ansprachen und Gespräche mit Einzelnen schon herstellen, aber wir versuchen das oft in Spielformen zu machen.

 

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