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Dominik Thalhammer: "Können in einem Spiel zwischen vier Systemen wechseln"

Seit 2011 ist Dominik Thalhammer nun bereits Teamchef des österreichischen Frauen-Nationalteam. Diesen Sommer ist die Mannschaft erstmals bei einem Großereignis mit dabei, es geht zur EM in den Niederlanden. Mit 90minuten.at sprach Thalhammer über die Entwicklung und Ziele des ÖFB-Frauenteams, aber auch das Standing des Frauenfußballs in Österreich. Das Gespräch führte Stefan Berndl.

90minuten.at: Erst einmal zum Sportlichen. Beim Zypern-Cup, der als EM-Vorbereitung absolviert wurde und Anfang März stattfand, wurde das Team Achter. Im Vorjahr hatte man das Turnier noch gewonnen. Heuer traf das Team aber durchwegs auf Gegner, die in der Weltrangliste vor Österreich platziert sind. Wie fällt das Resümee aus?
Dominik Thalhammer: Ich glaube, dass wir inhaltlich besser waren als im letzten Jahr. Unser Blickwinkel war in den letzten Jahren immer, dass wir sehr auf die Prozesse schauen und weniger auf die Ergebnisse. Obwohl natürlich die Ergebnisse letztendlich auch da sein müssen, das wissen wir auch. So naiv sind wir auch nicht. Aber es gibt einfach Spiele, die man gewinnt, aber die Inhalte sind schlecht. Genauso kann es aber auch sein, dass man ein Spiel verliert oder Unentschieden spielt aber trotzdem inhaltlich gute Dinge umsetzen konnte. Beim Zypern Cup wollten wir einiges ausprobieren. Wir wussten natürlich auch, dass wir gegen Gegner spielen, die in der Weltrangliste vor uns sind. Da muss man realistisch bleiben. Wir hatten auch zwei wichtige Spielerinnen, die verletzt ausgefallen sind. Unser Ziel war es, viele Dinge auszuprobieren, flexibler zu werden, ständig auch unsere Systeme und Spielanlage verändern zu können. Und so auch für den Gegner weniger ausrechenbar zu sein. Das ist uns in vielen Phasen ganz gut gelungen.

 

90minuten.at: Was ist hingegen nicht so gut gelaufen?

Wenn man etwas kritisieren kann, dann das Verhalten im dritten Gruppenspiel gegen Schottland, als wir uns einen Konter eingefahren haben. Wenn wir dieses Spiel gewinnen, stehen wir im Finale gegen die Schweiz. Wenn man das Tor bekommt und verliert, spielt man eben um Platz sieben und acht. Das war denke ich der Knackpunkt. Wenn man gegen solche Gegner spielt, wie in diesem Jahr, werden bestimmte Dinge auch aufgezeigt. Daher war das für uns sicher lehrreich und wir sind auch dankbar, dass wir gegen vier sehr, sehr gute Gegner spielen konnten. Fakt ist aber auch, dass wir jeden Gegner in diesem Turnier schlagen hätten können. Daher ist die Erkenntnis schon sehr positiv. Wir wissen aber auch, dass wir in den letzten Jahren nur drei Spiele verloren haben. Jetzt haben wir die Gegner so ausgewählt, dass wir vor der EM noch das eine oder andere Spiel verlieren können. Aber das beunruhigt uns nicht weiter, weil wir unseren Weg gehen genau wissen, was wir wann trainieren und entwickeln wollen. Und wenn man sich weiterentwickelt, dann kann es auch mal sein, dass es einen Schritt zurückgeht. Aber eine ständige Weiterentwicklung und Veränderung sind entscheidend, um erfolgreich zu sein.

"Wir beginnen zum Beispiel mit einem 4-3-3, dann wird es im Spiel ein 3-4-3 oder 3-5-2 und in der Defensive, wenn wir hoch attackieren, hatten wir ein 4-4-2. Oder wenn wir tief attackiert und verteidigt haben, dann war es ein 5-3-2." - Dominik Thalhammer

90minuten.at: Sie haben es bereits angesprochen, dass Ihnen die Inhalte besser gefallen haben, als im letzten Jahr. Was sind das konkret für Inhalte?
Thalhammer: Wir haben letztes Jahr ein Spielsystem gehabt, das wir spielen konnten. Und jetzt können wir in einem Spiel zwischen vier Spielsystemen wechseln. Wir beginnen zum Beispiel mit einem 4-3-3, dann wird es im Spiel ein 3-4-3 oder 3-5-2 und in der Defensive, wenn wir hoch attackieren, hatten wir ein 4-4-2. Oder wenn wir tief attackiert und verteidigt haben, dann war es ein 5-3-2. Und auch die Spielanlage ändert ständig zwischen hohem und tiefem Attackieren. Das sind Dinge, von denen wir im letzten Jahr noch weit entfernt waren, beziehungsweise erst begonnen haben, sie zu entwickeln und umzusetzen. 

 

90minuten.at Also vor allem, dass man im Spiel variantenreicher geworden ist?
Thalhammer: Ja, wir wollten variabel und flexibel werden, damit immer etwas anderes, Unerwartetes kommen kann. Wichtig ist, dass die Spielerinnen wissen, dass über dem Ganzen gewisse Spielprinzipien stehen, die immer gleich sind. Ich war früher auch der Ansicht, dass man ein Spielsystem und gewisse Automatismen braucht. Das ist in einem ersten Schritt wichtig für die Mannschaft, aber mittlerweile haben wir uns dahingehend entwickelt, dass ganz zuoberst gewisse Spielprinzipien stehen, die wir verfolgen wollen. Das Spielsystem und die Anordnung der Spielerinnen am Spielfeld sind dem untergeordnet.

 

90minuten.at: Diese Spielprinzipien schauen wie aus?
Thalhammer: Das sind ganz viele Punkte - in der Offensive, in der Defensive, in den Umschaltphasen. Zum Beispiel, wie wir unser Spiel in der Offensive anlegen wollen, in welche Räume wir spielen wollen, welche Räume wir attackieren, wie wir in die Zwischenlinienräume und in den Rücken der Verteidigung kommen wollen. Das sind übergeordnete Prinzipien. Das hat aber nichts mit dem Spielsystem zu tun. Da ist es egal, wie die Spielerinnen angeordnet sind. Das ändert nichts daran, wie wir den Gegner attackieren und freie Räume finden wollen. Und das gleiche gilt auch für die Defensive. Wie wir dem Gegner Räume wegnehmen wollen.

 

>>> Seite 2: Damenteamchef Thalhammer über die Chancen bei der Euro

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