Wie sich die SV Ried für die Bundesliga rüsten möchte
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Wie sich die SV Ried für die Bundesliga rüsten möchte

Die SV Ried ist nach zwei Jahren zurück in der ADMIRAL Bundesliga. Das war alles andere als ein Spaziergang, wie Sport-Geschäftsführer Wolfgang Fiala im 90minuten-Interview erzählt. Entscheidend für ihn: Die Überzeugung, am richtigen Weg zu sein.

Wenn ein Plan funktioniert, ist es nachher immer leichter, davon überzeugt zu sein. Doch im Interview mit SV-Ried-Sportgeschäftsführer Wolfgang Fiala bekommt man dennoch den Eindruck, dass die Innviertler auch ein Scheitern ihres Zweijahresplanes in Kauf genommen hätten.

Die Reise zurück in die Bundesliga begann bekanntlich mit einem Abstieg. Es wäre wohl legitim gewesen, Maximilian Senft zu feuern, hatte er doch zwölf Runden Zeit, um das Ruder herumzureißen. Ein zweiter Platz in der Abstiegssaison ist dann keine Selbstverständlichkeit. Fiala setzt als Steuermann auf Ruhe und Kontinuität.

Nach einem Pokerspieler, wie es der Trainer war, lesen sich die folgenden Zeilen nicht. Im Interview erklärt der Sportchef nun, welche Parameter dazu geführt haben, dass das Wikingerschiff wieder in den sicheren Hafen Bundesliga einfahren konnte - und dort verbleiben will.


90minuten: Hat Markus Katzer Sie angerufen? Immerhin ist der Sportchef des Aufstiegskonkurrenten möglicher Rapid-Coach...

Wolfgang Fiala: (lacht) Vielleicht ruft er ja noch an. Im Ernst: Ich denke, Peter Stöger ist ein anderes Kaliber als ich.

90minuten: Die SV Ried ist dort, wo man sie seit 1995 eigentlich sieht: In der Bundesliga. Wie haben Sie diese Saison erlebt?

Fiala: Wir haben ja nach dem Abstieg im Sommer 2023 einen sportlichen Zweijahresplan ausgerufen, deswegen war das Saisonziel von Anfang an klar. Der Saisonstart war dann auch hervorragend, allerdings hatten wir trotz 15 Punkten nach fünf Spielen punktemäßig noch keinen großen Abstand zu den Verfolgern. Deswegen hat sich der Start nicht sofort ausgewirkt. In diesen Spielen war zudem nicht alles Gold, was glänzt. Das hat man dann im Laufe des Herbstes gesehen. Die Niederlagen gegen St. Pölten und gegen die Admira waren dann Hauptfaktoren, warum wir intern kleinere Kurskorrekturen vorgenommen haben. Wir sind aus den schweren Phasen immer gestärkt rausgekommen, das war am Ende der Schlüssel zum Erfolg.

Maximilian Senft nach dem geglückten Aufstieg. Die Verpflichtung des jungen Trainers verantwortete Fiala
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Maximilian Senft nach dem geglückten Aufstieg. Die Verpflichtung des jungen Trainers verantwortete Fiala

90minuten: Hat Sie der Einbruch der Admira vor dem direkten Duell überrascht?

Fiala: Das hat mich schon überrascht. Sie hatten bis dahin das letzte Spiel im Oktober verloren. Ich kann das als Außenstehender nicht so beurteilen, aber wenn man so lange nicht verliert, hinterfragt man vielleicht das eine oder andere nicht mehr so, ohne die Leistung der Admira schmälern zu wollen. Es ist eigentlich fast unmöglich, in 30 Runden keine Schwächephase zu haben. Letztlich haben zwei Klubs sehr, sehr gut performt.

90minuten: "Man muss zu dem Weg stehen, auch wenn es schwierig ist. Wir sind nicht gut in den Herbst 2023 gestartet und da gab es dann schon auch kritische Stimmen. Da braucht es Commitment, um diese Phasen zu überstehen", sagte Trainer Senft neulich in einem Interview zu mir. Wie unruhig war das Umfeld im Frühjahr?

Fiala: Ried ist zwar eine kleine Stadt, aber die Region Innviertel ist groß, die Sportvereinigung das Aushängeschild, das viele bewegt. Die Fans fiebern und zittern mit, und wenn es dann nicht gut aussieht, wird es schon unruhig. Wichtig war aber, dass das im Trainingszentrum nicht der Fall war. Ich möchte hier daran erinnern, dass es auch in größeren Ligen und bei anderen Klubs nicht so leicht fällt, das Umfeld nach einem Abstieg einzufangen. Außerdem sind wir ja im ersten Jahr Vizemeister geworden und haben viele Akademiespieler eingesetzt. Das heißt, wir haben nicht so viel falsch gemacht. Mit so einer internen Überzeugung ist es leichter, mit schwierigeren Phasen umzugehen.

90minuten: Wie wäre es – Hand aufs Herz – gewesen, wenn es umgekehrt gewesen wäre, sprich Admira Meister, Ried Vizemeister?

Fiala: Das wäre enttäuschend, aber zu akzeptieren gewesen. Es ist eben brutal schwierig, aus dieser 2. Liga aufzusteigen, weil es nur einen Platz gibt und einen Meisterteller holt man auch in der zweiten Klasse nicht einfach so im Vorbeigehen.

90minuten: Der Zweijahresplan wäre dann gescheitert, Senft und Fiala wären nicht gut genug gewesen.

Fiala: Diese Frage muss man dem Vorstand stellen, bei dem ich mich für das Vertrauen und die Unterstützung in den letzten Monaten und Jahren an dieser Stelle noch einmal bedanken will. Alle müssen respektieren, dass es im Fußball immer einen Ersten und einen Zweiten gibt - ich bin aber froh, dass ich mich mit dem Thema nicht beschäftigen muss. Und ich denke, dass alle sehen, dass wir gute Arbeit leisten, den Verein im sportlichen Bereich extrem weiterentwickelt haben und es mit einem Aufstieg krönen können.

Natürlich wollen wir in den Kader investieren. Es geht dabei aber vielleicht auch darum, einen Co-Trainer zu holen, der sich um die Belange der jungen Spieler kümmert.

Wolfgang Fiala

90minuten: Die Lizenzierung kennt mehrere Parameter. Einer ist der Sport, das hat geklappt. Die Innviertel Arena ist 2003 eröffnet worden, 2013 wurde der VIP-Klub erneuert. 2024 wurde der Ausbau der Akademie abgeschlossen. In welche Richtung muss man sich infrastrukturell entwickeln?

Fiala: Ich möchte generell ein Kluboptimierer sein, jemand, der einen Verein auf allen möglichen Ebenen weiterentwickelt. Dabei ist allerdings die sportliche Ebene das Wichtigste. Ein schönes Stadion und tolles Trainingszentrum zu haben, wird dir am Platz nicht helfen, schwierige Phasen zu überstehen. Die Grundsteine des sportlichen Erfolgs sind aber die Kultur in der Mannschaft, die Spielidee und die dazu passende Kaderplanung. Die Innviertel Arena ist noch immer ein cool konzipiertes Schmuckkästchen, mit der passenden Größe. Man ist nah am Spielfeld und es ist in allen Ecken geschlossen, das schafft eine gute Atmosphäre. Dazu ist das Trainingszentrum top, hier bekommen wir nur das beste Feedback von den Spielern.

Wenn es noch irgendetwas zu verbessern gäbe, dann wäre es gut, wenn wir noch den einen oder anderen Platz bekommen könnten, damit von den Profis bis zur U15 alle auf einem Ort sind. Dann wären die Wege noch kürzer. Und natürlich muss man auch in anderen Bereichen immer besser werden: eine neue Ausstattung in der Kraftkammer, mehr Trainingsplätze mit Rasenheizung und so weiter. Das ist zwar Zukunftsmusik, aber ich denke schon, dass man das zumindest im Auge behalten sollte.

90minuten: Und personell?

Fiala: Auch hier geht es um Optimierung, wir wollen schlanke Strukturen mit dem höchstmöglichen Output. Im Scouting könnten wir noch investieren, im Trainerteam noch anpassen. Wenn wir Spieler dazu holen, wollen wir, dass sie uns auf ein neues Level bringen. Der Transfermarkt ist ja für einen Mitgliederverein ein wichtiger Faktor, um Einnahmen zu lukrieren.

90minuten: Wohin kann man wirtschaftlich gehen? Ried hatte vergangenes Jahr Erträge in der Höhe von 8,24 Mio, da wird dann mit dem TV-Geld einiges drauf kommen, womit plant man?

Fiala: Für die Budgeterstellung ist der Finanzvorstand zuständig. Natürlich wollen wir in den Kader investieren, aber wie erwähnt, ist es uns wichtiger, dass dieser gut zusammengestellt ist. Da geht es dann darum, welchen Spieler man entdeckt, der zur eigenen Philosophie passt und den man vielleicht etwas vor allen anderen entdeckt – und so Transfergelder verdient. Es geht dabei aber vielleicht auch darum, einen Co-Trainer zu holen, der sich um die Belange der jungen Spieler kümmert. Was ich sagen will: Wenn man einen Klub wie die SV Ried sportlich verbessern will, muss man alles am Schirm haben. Um das Bestmögliche herauszuholen, ist es wichtig, extrem darauf zu schauen, welche Ambitionen die Menschen haben, die wir holen.

"Den perfekten Spieler gibt es nicht", sagt der Sportchef. Das werden die Spieler im Aufstiegsjubel anders gesehen haben.
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"Den perfekten Spieler gibt es nicht", sagt der Sportchef. Das werden die Spieler im Aufstiegsjubel anders gesehen haben.

90minuten: Welche Strategie verfolgt man am Transfermarkt konkret? Grob vereinfacht nimmt Wattens aktuell jene, die noch nicht den Durchbruch geschafft haben, Hartberg jene, die eine zweite Chance brauchen und so weiter.

Fiala: Wir wollen keinen Spieler holen, damit wir am Monatsende einem Spieler mehr Gehalt überweisen können. Der größte Mehrwert, den wir geschaffen haben, ist neben Spielidee und Grundformation ein Konzept für den internen Spielerbewertungsprozess zu haben. Wir achten dabei insbesondere auf zwei Dinge: Dass der Spieler seine Stärken bei uns auch einbringen kann. Da passieren viele Fehler, weil man etwa einen Stürmer mit einer guten Torquote holt, der aber mit seinen Stärken nicht zur Idee oder zum Kader passt.

Wir haben ein System geschaffen, mit dem wir einen guten Überblick haben und indem wir dabei Nischen entdecken, die sonst niemand nutzt. Also: Vielleicht bringt uns ein Spieler etwas, was wir gerade brauchen, auch wenn er den Durchbruch noch nicht geschafft hat. Der zweite Punkt ist, dass wir sehr stark auf den Charakter achten. Der Spieler muss Ambitionen haben, egal in welchem Alter, muss er sich weiterentwickeln wollen. Wenn die Einbindung in den Kader und die Ambitionen passen, dann schließen wir keinen Markt aus. Das wäre für uns nicht zielführend, uns da einzugrenzen.

90minuten: WAC-Boss Riegler bezifferte 50 Prozent erfolgreicher Transfers als gut, das wird man sich so nicht leisten können und wollen.

Fiala: Hundert Prozent ist unrealistisch. Die Frage die wir uns immer stellen ist: Was bringt mir der Spieler und worauf muss ich bei dem Spieler verzichten? Den perfekten Spieler gibt es ja nicht. Vor allem muss man schauen, dass er zur Vereinskultur und in die Region passt und wie er sich in die Gruppe einfügen kann. Er kann die beste Vita haben, aber wenn er nur seine Karriere ausklingen lassen und Geld kassieren will, haben wir wenig von ihm. Da nehme ich lieber den Spieler, der mir vielleicht sportlich die eine oder andere Sache weniger bringt, aber wirklich Lust hat, sich zu entwickeln.

90minuten: Die Nähe zu Deutschland wird helfen. Da kann ich einem deutschen Zweitligaspieler schon sagen: Geh nach Ried statt nach Sandhausen, du verdienst zwar weniger, aber spielst gegen Champions-League-Teilnehmer?

Fiala: Stimmt, wir haben oft Scouts da, weil man schnell in Deutschland ist.

90minuten: In der Bundesliga sind im Normallfall fünf von sechs Meistergruppenplätze vergeben. Wie will man eher Austria Klagenfurt 2021/22 – als Aufsteiger in die Top 6 – als der GAK sein, der in der letzten Runde noch um den Klassenerhalt zittern muss?

Fiala: Ich erinnere an Blau-Weiß Linz. Die haben sich in den ersten Bundesliga-Runden schwergetan und jetzt sind sie äußerst erfolgreich. Jetzt sieht man, wie schwer sich der GAK tut, obwohl sie überlegender Meister in der 2. Liga waren. Ich glaube, dass wir sehr gut beraten sind, uns im ersten Jahr zu etablieren, um wettbewerbsfähig zu sein und die Klasse zu halten. Sprich: Das Wichtigste ist Platz elf. Ich habe aber schon mehrmals erwähnt, dass wir ambitioniert sind und das auch bleiben wollen. Unser Plan ist es demzufolge schon, sich kontinuierlich zu entwickeln.

Die Öffentlichkeit glaubt ja, dass ein 19-Jähriger schon 15 Bundesligaspiele gemacht haben muss und wenn nicht, war es das mit der Karriere.

Wolfgang Fiala

90minuten: Ist die SV Ried resilient genug, um nicht nach 20 oder 22 Runden so nervös zu sein, dass man den Trainer wechselt? Es soll auch hier schon Personen in der Führungsebene gegeben haben, die auf Aktionismus gesetzt haben.

Fiala: Max Senft ist der drittlängstdienende Trainer. Man sieht, dass sich Kontinuität auszahlt. Man hat bei uns in der Vergangenheit oder in der jetzigen Saison auch gesehen, dass Trainerwechsel nicht automatisch zum Erfolg führen. Ich bin ehrlicherweise auch aus verschiedenen Gründen ein extremer Gegner von Trainerwechsel, wenn ich von meinem Weg grundsätzlich überzeugt bin.

Es gibt sicher Situationen, da macht es Sinn, aber es schiebt ja nur den Druck von der sportlichen Leitung weg. Man entwickelt ja ein Gefühl dafür, ob der Trainer passt, die Arbeitsweise richtig ist, er für Feedback empfänglich ist. Wir sind mit Max auch durch schwierige Phasen gegangen, jetzt ist er fast 26 Monate im Amt. Allerdings gibt es schon Druck durch Medien und Umfeld, und das sagt sich in unserer jetzigen Situation auch leichter.

90minuten: Abschließend: Die Meistergruppe ist ja immer das Ziel, aber geht bei den Kleinen zulasten von langfristigem Erfolg. Selbst wenn man es schafft, spielt man drei Qualirunden, fliegt im Playoff gegen Trabzonspor oder Gent raus, hat sechs Spiele und viele Ausgaben zu verbuchen, aber wenig Gewinn. Setzt man auf die eigene Jugend und lässt sich nicht vom Strich oder Abstieg blenden, könnte man langfristiger etwas aufbauen. Müsste man da nicht ein bissl auf den Zwang, oben zu sein, pfeifen?

Fiala: Sportler streben immer nach dem Höchsten. Die Spieler wollen jedes Spiel gewinnen und die Vereine folglich international spielen. Und man bietet den Fans coole Auswärtsreisen und macht insgesamt Erfahrungen, die man in Geld gar nicht bemessen kann. Das Ligaformat macht es einem nicht so leicht, jungen Spielern die Möglichkeit zu geben, Fuß zu fassen. Da sind wir ohnehin sehr hart hierzulande. Die Öffentlichkeit glaubt ja, dass ein 19-Jähriger schon 15 Bundesligaspiele gemacht haben muss und wenn nicht, war es das mit der Karriere. Ich denke eher, dass man mit 22 oder 23 Jahren soweit sein muss.

90minuten: Wir danken für das Gespräch!

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