Rückkehrer Schmerböck über Indien: "Alle zwei Wochen eine andere Großstadt"
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Rückkehrer Schmerböck über Indien: "Alle zwei Wochen eine andere Großstadt"

Marc-Andre Schmerböck kickte lange in Österreich. 2024 wagte er den Schritt ins Ausland – zu Logroñés nach Spanien, dann nach Indien. Nach dem Wechsel zu Austria Klagenfurt blickt er auf die Monate am Subkontinent zurück.

"Warte, ich habe mir das aufgeschrieben", lacht Marc-Andre Schmerböck beim 90minuten-Interview, als er die Frage hört, was ihm in Indien aufgefallen ist.

Für ihn war es eigentlich so, wie er sich das Leben in einer 20-Millionen-Menschen-Metropole wie Kolkata erwartet hatte:

"Brutaler Verkehr – da dauern zehn Kilometer schon einmal eineinhalb Stunden. Wenn bei uns Winter ist, ist die Luftverschmutzung krass."

Wie fühlt sich die 2013 gegründete Indian Super League an? Wie ist der Fußball im bevölkerungsreichsten Staat der Erde? Und wie kam es eigentlich dazu, dass der talentierte Schmerböck aus dem Sturm-Nachwuchs letztlich in Indien landete?

Eingeschlagen, durchgekämpft

Der gebürtige Feldbacher kickte sich via Regionalliga in den Bundesligakader der Blackies, im November 2013 debütierte er in der Bundesliga für den aktuellen Doublesieger. 2015 wechselte er leihweise zum WAC. Schmerböck schlug sich gut und kehrte zu Sturm Graz zurück, wo er 2016/17 eine super Saison spielte: 30 Einsätze, sechs Tore, sieben Assists.

Wir Ausländer haben in einem eigenen Wohnblock gewohnt, es gab einen Chauffeur, der uns zu den Trainings gebracht hat.

Marc-Andre Schmerböck

Nach einer etwas enttäuschenden Spielzeit in Graz verpflichteten ihn die Wölfe im Sommer 2018 fix. Ein halbes Jahr lief es super, mit acht Toren und drei Assists. Doch der 14. Dezember 2018 wurde zur Zäsur für Schmerböck: Ein Kreuzbandriss setzte ihn lange außer Gefecht.

Doch er gab nicht auf, kämpfte sich zurück und erhielt im Jänner 2021 einen Vertrag beim TSV Hartberg.

Ungewöhnliche Wege

Nach dem Abschied dort heuerte Schmerböck im Sommer 2023 bei der SV Ried an. Nach dem Vertragsende suchte er neue Abenteuer.

Ende September 2024 kickte der Neo-Klagenfurter als Wildcard-Spieler in der "Icon League" für das Team von Bayer-Leverkusen-Star Robert Andrich und Ex-Profi Felix Kroos im Einsatz.

Die SV Ried war seine bislang letzte Österreich-Stadion - bis zur seiner jetzigen Rückkehr
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Die SV Ried war seine bislang letzte Österreich-Stadion - bis zur seiner jetzigen Rückkehr

Ein halbes Jahr später unterschrieb Schmerböck bei Logroñés in Spaniens dritter Liga. Danach schaute er sich nach einem neuen Abenteuer um – bis der Anruf aus Indien kam. Eine Chance, die er ergreifen wollte.

Der Kontakt kam über eine indische Agentur zustande, die ihn direkt kontaktierte. Schmerböck gefiel nicht nur die Möglichkeit, wieder ganz oben Fußball zu spielen.

Kontraste in Kolkata

"Ich muss ehrlich sagen, dass man sich unter dem indischen Fußball wenig vorstellen kann – gerade als Österreicher", meint Schmerböck. Aber: "Marko Stankovic, mein Ex-Mitspieler, mit dem ich heute befreundet bin, hat immer positiv darüber gesprochen."

Der heutige Sky-Journalist spielte von 2018 bis 2020 bei verschiedenen Klubs im riesigen Land.

Cricket steht hier über allem, aber Fußball ist meiner Meinung nach die Nummer zwei. Es gibt viel Potenzial, die Stadien sind sehr groß. Ich denke, dass in Zukunft viel möglich ist.

Marc-Andre Schmerböck

Wie geht man sowas an? "Ich bin einer, der etwas vom Leben im Land mitbekommen will." Und davon gibt es in Kolkata einiges. Knapp fünf Millionen Menschen leben direkt in der Stadt, in der Metropolregion gut 20 Millionen.

Es sind vor allem die Gegensätze, die spannend sind.

Auf der einen Seite existieren riesige Stadien, den Kickern geht es gut, sie werden herumgefahren und -geflogen. Aber auch: "Hier gibt es sehr viel Armut."

Sehr alter Bekannter

Trainer beim SC Mohammedan: Andrey Chernyshov. Der gebürtige Russe spielte 1995/96 für den SK Sturm sowie von 1998 bis 2000 für den DSV Leoben und Bad Bleiberg. Auch Ex-FAK-Spieler Mohammed Kadiri kickt bei dem Klub.

International konkurrenzfähig sind die Klubs allerdings eher nicht, betrachtet man ihre Performance in diesem Bewerb.

In der höchsten Spielklasse spielen nur 13 Teams. Pro Verein können sechs Ausländer registriert werden, von denen aber nur vier gleichzeitig auf dem Feld stehen dürfen. Es gibt neben dem regulären Ligabetrieb einen Cupbewerb für die sechs bestplatzierten Klubs.

Der Kicker im Dress der Blackies
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Der Kicker im Dress der Blackies

Noch mehr Namen

Die ersten beiden Teams qualifizieren sich für die asiatische Champions League.

Die ganz großen Stars fehlen heutzutage, aber Kicker wie John Arne Riise, Diego Forlán oder Eidur Gudjohnsen schnürten hier schon ihre Schuhe.

Absteiger gibt es keine – sonst müsste sich Schmerböck ärgern, denn sein nunmehr ehemaliger Klub wurde Letzter.

Das Profi-Dasein sei aber "super professionell. Alle zwei Wochen fliegt man in eine Großstadt. Wir Ausländer haben in einem eigenen Wohnblock gewohnt, es gab einen Chauffeur, der uns zu den Trainings gebracht hat. Wenn ich einen Masseur gebraucht habe, hat der Verein einen geschickt."

Durchstarten in Klagenfurt

"Asien war eine super Erfahrung", bilanziert er die letzten Monate. Sein Fazit: "Cricket steht hier über allem, aber Fußball ist meiner Meinung nach die Nummer zwei. Es gibt viel Potenzial, die Stadien sind sehr groß. Ich denke, dass in Zukunft viel möglich ist."

Auch für ihn? "Ich will bei Austria Klagenfurt noch einmal durchstarten. Jetzt bin ich zurück in Österreich und freue mich total auf die Aufgabe bei der Austria Klagenfurt. Wir haben eine junge, hungrige Truppe, der ich am Platz und daneben helfen und die nötige Stabilität geben will."

Ich habe eine Ausbildung zum Scout und Kaderplaner gemacht, werde nächstes Jahr mein Sportmanagement-Studium abschließen.

Marc-Andre Schmerböck

Etwas draus gemacht

Der Bundesliga-Absteiger bekommt, so meint er, den "Prime-Schmerböck, wie beim WAC". Der Erfahrungsschatz ist auf jeden Fall sehr groß, auch abseits des Fußballs:

"Ich habe eine Ausbildung zum Scout und Kaderplaner gemacht, werde nächstes Jahr mein Sportmanagement-Studium abschließen."

Wenn er mit Europa fertig ist, geht er vielleicht auch wieder nach Indien, noch einmal erleben, wie das Land tickt. Ein guter Plan. Und außer Marko Stankovic weiß auch niemand, wie es ist, in Indien zu kicken...


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