Muhr: "Nur mit Jungen steigst du nicht auf"
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Muhr: "Nur mit Jungen steigst du nicht auf"

Der Admira-Sportdirektor spricht über die Kritik der Fans, die Legenden der Admira und die Identität des Vereins.

Wohin geht der Weg der Admira?

Rund um den 120. Geburtstag des Vereins gab es Unruhe. Die Fans übten offene Kritik an Sportdirektor Ralf Muhr und Trainer Thomas Silberberger. Hier Nachlesen >>>

90minuten hat bei Ralf Muhr nachgefragt, ob er die Kritik nachvollziehen könne.

Außerdem spricht der 55-Jährige über Klub-Legenden, die Identität des Vereins und eine mögliche Trendwende.

Die Admira bei der Vienna, heute, 18 Uhr, im LIVE-Stream >>>

90minuten: Was sind Ihre ersten Erinnerungen an die Admira?

Ralf Muhr: Als ich Nachwuchstrainer bei der Austria war, sind wir immer in die Südstadt gekommen, um mit den Jüngsten auf dem Platz hinter der Tribüne gegen die Admira zu spielen. Das waren immer lässige Matches, weil bei beiden Teams richtig gute Spieler waren. Damals war Fredl Tatar noch Nachwuchsleiter, Walter Knaller war auch dabei.

90minuten: Wer ist für Sie die größte Admira-Legende?

Muhr: Die Knaller-Brüder, das ist unbestritten. Ich bin mit Herbert Oberhofer, Johannes Demantke und Willy Kreuz in der Stadthalle aufgewachsen. Harald Suchard ist zweifellos auch eine Admira-Legende. Peter Artner, Gerhard Rodax, und viele tolle Kicker, die ich jetzt sicher noch vergessen habe.

90minuten: Was ist die Identität der Admira?

Muhr: Es haben immer überragende Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, der eigenen Akademie die Plattform bei den Profis genutzt. Gleichzeitig wurde diese Plattform auch vielen jungen Spielern, die dazugeholt wurden, geboten. Viele Spieler haben hier den nächsten Schritt gemacht. Dieser Verein ist nicht aus dem österreichischen Fußball wegzudenken.

Wir haben die Verpflichtung, die Admira in die höchste Spielklasse zurückzuführen. Das funktioniert nicht mit ausschließlich jungen Spielern.

90minuten: Die Vienna, die Voest, der Wiener Sportclub. Es gibt so viele Traditionsvereine, die es irgendwann erwischt hat, die unten wieder anfangen mussten. Der Admira ist das nie passiert.

Muhr: Es hat sportlich sicher Ups und Downs gegeben. Aber das Wesen eines sehr guten Vereins ist eine sehr gute Basis, oft der Nachwuchs. Das ist sicher ein Asset, das die Admira immer am Leben gehalten hat.

90minuten: Aktuell gibt es Kritik, dass diese Identität der Admira verloren ginge. Wie sehen Sie das?

Muhr: Diese Kritik kann ich nicht teilen. Wir haben aktuell in unserem Kader viele Eigenbauspieler dabei, viele spielen auch. Wir haben aber schon die Verpflichtung, die Admira in die höchste Spielklasse zurückzuführen. Das funktioniert nicht mit ausschließlich jungen Spielern. Ich verstehe, dass man von Fan-Seite immer mehr eigene, junge Spieler haben will. Das wollen wir auch. Wir sind auch dahinter, diese Plattform glaubwürdig zu geben. Zuerst zählt aber das Leistungsprinzip. Wir sind aktuell nicht mit so vielen hochveranlagten Talenten verwöhnt. Im letzten Jahr haben wir mit Jakob Schöller (Anm.: Rapid) und David Puczka (Anm.: Juventus) auch zwei Top-Talente positiv verloren. Ich kann garantieren, dass wir der Linie treu bleiben, unseren Top-Talenten die Bühne Profi-Zirkus zu geben.

90minuten: Ist es schwieriger geworden, als Zweitligist gute Nachwuchsspieler zu holen, zumal ja einige Vereine im Umfeld immer mehr Wert auf die Qualität in den eigenen Akademien legen?

Muhr: Das Argument mit dem Zweitligist würde ich nicht gelten lassen. Man könnte sagen, es gibt bessere Perspektiven für junge Spieler hier. Wichtiger ist, den Kindern und ihren Eltern ein Paket anbieten zu können, von dem sie wissen, dass sie fußballerisch gut ausgebildet werden, es mit der Schule aber auch ein zweites Standbein gibt. Das Modell hier in der Südstadt ist diesbezüglich überragend. Es ist nicht unbedingt schwieriger, junge Top-Spieler hier zu halten, aber man muss mit der Zeit gehen – die Scouting-Struktur und das Drumherum betreffend.

Thomas Silberberger soll die Admira zurück in die Bundesliga führen
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Thomas Silberberger soll die Admira zurück in die Bundesliga führen

90minuten: Auf welche Talente dürfen sich die Admira-Fans in den nächsten Jahren freuen?

Muhr: Christopher Olsa und Nadir Ajanovic hatten schon ihre Profi-Einsätze. Marco Wagner kämpfte in seiner Entwicklung mit vielen Verletzungen, ist aber ein irrsinnig spannender Offensivspieler. Sandro Steiner macht bei den Panthers eine gute Figur, Ivan Bradaric, Aleks Djordjevic sind zwei U19-Teamspieler. Sergej Savic und August Tscheppe sind zwei sehr gute U18-Innenverteidiger. Benjamin Glitia ist ein Sechser, der mir gut gefällt. Und da gibt es noch viele weitere spannende Spieler in der Pipeline, wie etwa Denis Lörint und Filip Sikleski.

90minuten: Sie sind von den Fans auch persönlich kritisiert worden, wie geht es Ihnen damit?

Muhr: Ich kann die Kritik an und für sich nachvollziehen, wenn man sagt, die Art und Weise, wie wir spielen, ist unter den Möglichkeiten. Dass es auf einer persönlichen Ebene war – beim Trainer und bei mir –, muss man zur Kenntnis nehmen, ärgert einen und macht einen gewissermaßen betroffen. Das konnte ich von der faktischen Sachlage gar nicht nachvollziehen. Es ist aber leider "part of the game", dass in der Kritik oft die Emotion vor der Ratio geht.

90minuten: Was wünschen Sie der Admira zum 120. Geburtstag?

Muhr: Ich wünsche der Admira weiterhin ein so lässiges Bestehen wie bisher. Und kurzfristig, so schnell wie möglich in die höchste Spielklasse zurückzukehren. Ich wünsche dem Verein auch, dass die Fanbase weiterhin wächst, ein neues Stadion, dass die Infrastruktur den nächsten Schritt geht, und allen Admiranern persönlich nur das Beste.

90minuten: Kann das 4:0 im Jubiläumsspiel gegen Austria Salzburg eine Trendwende eingeleitet haben?

Muhr: Der dominante Auftritt und überzeugende Sieg sollte allen in den Abläufen wieder mehr Sicherheit geben. Ich bin überzeugt, dass wir das in den kommenden Spielen auch wieder auf den Platz bringen. Die Mannschaft hat sich die Latte mit dieser Leistung sehr hoch gelegt, das gilt es, wieder Woche für Woche abzurufen.

Zwarakonferenz on tour! Wir haben beim Jubiläumsspiel der Admira hinter die Kulissen geblickt:

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