Meistergruppe oder Derby-Sieg, Herr Elsneg? "Beides!"
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Meistergruppe oder Derby-Sieg, Herr Elsneg? "Beides!"

Dieter Elsneg ist mit dem GAK aufgestiegen und musste während der Saison gleich zwei Trainer vor die Tür setzen. Der große Ziel Klassenerhalt wurde realisiert. Was nun?

Es war eine turbulente Saison, die der GAK bei seinem Comeback hingelegt hat. Das markanteste Anzeichen: Gleich zwei Trainerwechsel. Dieter Elsneg hat als sportlicher Leiter aber das Ziel eines jeden Aufsteigers geschafft, den Klassenerhalt.

Dabei sollte man eines nicht vergessen: Wäre ein Ball früher im Tor des einen oder anderen Gegners gelandet, würde man von einem drei, vier Spieltage vor Schluss erreichten Ligaverbleib sprechen. Aber so ist der Fußball nun einmal.

Im ausführlichen 90minuten-Interview reflektiert er die Spielzeit und legt dar, was ihn zu den Entscheidungen gebracht hat. Dabei ist er ehrlich, manchmal sehr offen heraus, da und dort zwischen den Zeilen.

90minuten: Herr Elsneg, blicken wir auf die abgelaufene Saison zurück. Am Ende stand der Klassenerhalt, doch der Weg dorthin war holprig. Gerade der Saisonstart mit zwölf sieglosen Spielen war wohl eine große Herausforderung.

Dieter Elsneg: Es war eine lange Durststrecke und wir waren oft knapp dran – gerade das Auftaktspiel gegen Salzburg hat gezeigt, dass wir mithalten können. Aber es hat uns einfach das letzte Quäntchen gefehlt. In weiterer Folge spielen natürlich auch mentale Aspekte der Spieler eine Rolle, der Druck wurde größer, man hat alles immer mehr hinterfragt.

Ich bin kein Freund davon, in meiner Position nur auf den Kader zu schauen. Ich sehe meine Aufgabe viel breiter und komplexer. Als ich 2021 hier angefangen habe, ging es auch darum, die Strukturen zu verbessern.

Dieter Elsneg

90minuten: Als sportlicher Leiter eines Aufsteigers steht man immer vor der Frage: Vertraue ich dem Aufstiegskader oder brauche ich Verstärkungen? Wie haben Sie diesen Spagat gelöst?

Elsneg: Wir wollten einen bewussten Mix: Spieler, die sich den Aufstieg verdient haben, junge Talente mit Entwicklungspotenzial und einige erfahrene Kräfte, die auch neben dem Platz Verantwortung übernehmen können. Jacob Italiano oder Tio Cipot haben wir zugetraut, relativ schnell Fuß zu fassen. Ein Peter Filipovic etwa bringt aufgrund seines Alters vielleicht nicht den Speed mit, aber eben Erfahrung.

90minuten: Da wird man sich recht früh die Frage gestellt haben, welche Stellschrauben man drehen kann. Den Technischen Direktor Tino Wawra haben Sie ja schon im Herbst kontaktiert. Wie früh war klar, dass es diese Unterstützung braucht?

Elsneg: Ich bin kein Freund davon, in meiner Position nur auf den Kader zu schauen. Ich sehe meine Aufgabe viel breiter und komplexer. Als ich 2021 hier angefangen habe, ging es auch darum, die Strukturen zu verbessern und sich besser aufzustellen, was Personalressourcen, aber auch Scouting, Datenanalyse und allgemeine Dokumentation betrifft. Die GAK-Jugend war damals, als ich begonnen habe, in einem eigenen separaten Verein organisiert und wir hatten keine eigene Jugendakademie mehr.

Heute haben wir die Jugend wieder in den Verein eingegliedert und den höchsten ÖFB-Akademiestatus erlangt. Wir haben ja auch schon im Sommer Andreas Lienhart dazugeholt und zum Chef der Scoutingabteilung gemacht, um die ersten Schritte einer neuen Scoutingabteilung zu setzen. Für mich war es nicht erst in dieser Durststrecke klar, dass es die Position von Tino Wawra braucht.

90minuten: Wie schwierig war es, sich von Gernot Messner zu trennen, der mit dem Verein viel erreicht hat?

Elsneg: Gernot ist einen unglaublichen Weg mit uns gegangen. Es war seine erste Position als Cheftrainer, er wurde Vizemeister und ist aufgestiegen. Unser Verhältnis war und ist von gegenseitigem Respekt geprägt, und es kam für ihn, denke ich, nicht überraschend, weil wir ja ständig im offenen Austausch waren. Die finale Entscheidung mitzuteilen, war dann schon ein schwieriges, emotionales Gespräch.

Um einen so knappen Nicht-Aufstieg wie 2023 zu verdauen, braucht es viel
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Um einen so knappen Nicht-Aufstieg wie 2023 zu verdauen, braucht es viel

90minuten: Warum fiel die Wahl auf René Poms, einen durchaus polarisierenden Trainer, der im Gegensatz zu anderen Ex-Coaches andere Qualitäten mitbringt?

Elsneg: Gerade in so einer Phase will man Impulse oder neue Reize setzen. Es wird ein Trainerprofil definiert – etwa in Bezug auf Charakter, Persönlichkeit, technisch-taktische Ausrichtung und weitere Faktoren – in der Überzeugung, dass mit einem Trainer, der diesem Profil am nächsten kommt, wieder mehr Stabilität erreicht werden kann. Dieses Trainerprofil kann während der Saison anders sein als im Sommer. So haben wir uns letztlich für René entschieden.

Nach der bitteren Niederlage gegen den WAC sind wir leider wieder in einen Abwärtstrend gerutscht, den wir leider auch über die Winterpause hinweg nicht aufhalten haben können. Es geht auch nicht nur um das eine Ergebnis allein, im Fußball gibt es mehrere Faktoren. Das jetzt an einer Person oder Ergebnissen festzumachen, greift zu kurz. Dass zwei Trainerwechsel in einer Saison kein gutes Licht auf uns bzw. mich werfen, ist mir schon klar. Letztlich haben wir uns entschieden, Ferdinand Feldhofer zu holen – ein Trainer, der sich dazu begeistern ließ, in dieser schwierigen Situation mit uns zu arbeiten.

90minuten: Nach 22 Runden war der GAK Letzter. Inwiefern wurde Ihre Rolle hinterfragt?

Elsneg: Ich hatte intern immer volle Rückendeckung. Ich denke, die Vereinsführung sieht auch in schwierigen Phasen, was wir, auch mit mir als Sportdirektor, in den letzten Jahren erreicht haben. Als ich angefangen habe, war der GAK im Mittelfeld der 2. Liga. Wir haben oben erwähnte Dinge angestoßen, sind nach der Riesenenttäuschung in Dornbirn ruhig gewesen und dann aufgestiegen, obwohl wir nicht das höchste Kaderbudget hatten.

Dass der Druck dann im Laufe der Saison zunimmt und ich Verantwortung übernehme, wenn zwei Trainerwechsel stattfinden, ist aber auch klar. Der erste Schritt in der Bundesliga ist uns mit dem Klassenerhalt gelungen und dementsprechend heißt es jetzt, viele weitere kleine Schritte zu gehen, immer mit der nötigen Ruhe, aber auch mit der nötigen Selbstkritik und Selbstreflexion.

Ganz abschalten kann ich nicht, dieser Entwicklungsschritt ist mir leider noch nicht gelungen. Aber ich habe auch zwei sehr fußballbegeisterte Kinder, die viel von mir wissen wollen.

Dieter Elsneg

90minuten: Mit einem Tor hier oder dort mehr hätte man Ihnen auch drei, vier Spieltage vor Schluss zum Klassenerhalt gratuliert. Der Fußball ist ja durchaus brutal.

Elsneg: Es zeichnet den Verein aus, dass wir diesen Weg gemeinsam beschreiten. Wenn man überzeugt ist, das Richtige zu tun, übersteht man auch schwierige Phasen. Man muss das alles richtig einschätzen – die Kritik in schwierigen Phasen und den Zuspruch nach dem Aufstieg. Drei Monate später kann eben immer alles anders aussehen.

90minuten: Wie verarbeiten Sie das?

Elsneg: Ganz abschalten kann ich da bislang nicht, dieser persönliche Entwicklungsschritt ist mir leider noch nicht gelungen. Aber ich habe auch zwei sehr fußballbegeisterte Kinder, die viel von mir wissen wollen, also nehme ich natürlich einiges vom Arbeitsstress mit nach Hause.

90minuten: Ihr Vertrag soll bis 2026 laufen. Sprich: Die Vereinsführung muss sich noch nicht gleich um eine Verlängerung bemühen?

Elsneg: Über Vertragsinterna spreche ich nicht. Aber ich denke, man bekommt mit, mit welchem Elan ich arbeite und ich habe noch sehr viele Ziele, die ich erreichen will.

90minuten: Schauen wir in die Zukunft. Was braucht der Kader?

Elsneg: Wir haben im Winter den Kader bereits verschlankt und verjüngt. Das war wichtig, um etwaige Spannungen zu reduzieren, es also dem Trainerteam zu erleichtern, weil nicht so viele Kaderspieler enttäuscht sind. Zudem wollen wir jünger werden und physisch wettbewerbsfähiger. Wir wollen in jeder Linie mehr Qualität dazu bekommen, auch wenn ich betonen will, dass wir viele Hürden genommen haben und die Mannschaft der vergangenen Saison sehr große Qualität in schwierigen Phasen bewiesen hat.

Im Sommer möchten wir diesen Weg fortsetzen – mit jüngeren Spielern, aber auch mit Profilen, die physisch und spielerisch zur Liga passen. Es geht um Balance, Persönlichkeit und Entwicklungspotenzial.

Ferdinand Feldhofer soll den Klub Schritt für Schritt verbessern
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Ferdinand Feldhofer soll den Klub Schritt für Schritt verbessern

90minuten: Die bestehenden Routiniers bleiben also und dann sollen jüngere kommen.

Elsneg: Einige Abgänge wie Perchtold, Rosenberger oder Jovicic haben wir schon kommuniziert. Die, die kommen, müssen uns nach einem klar definierten Profil in der kommenden Phase weiterhelfen, den nächsten Schritt zu gehen. Da geht es um eine physische Basis, fußballerische Qualität und die notwendige Persönlichkeit.

90minuten: Das Konzept Leihspieler wird man weiter verfolgen?

Elsneg: Leihen sind ein Mittel, um Qualität zu holen – wenn sie gut eingebettet sind. Dabei achten wir auf Optionen wie Kaufrechte oder Beteiligungen. Langfristig wollen wir aber auch eigene Werte schaffen. Spieler wie Italiano oder Fofana zeigen, was möglich ist, wenn man Entwicklungschancen bietet. Dann beginnt sich das Rad zu drehen und man kann Transfergewinne erzielen. Wir bedenken diese Dinge in der Planung mit.

90minuten: Rohdiamanten findet man in der Landesliga vermutlich keine mehr.

Elsneg: Ja, vor allem, weil die Altersstruktur der steirischen Landesliga oder auch Regionalliga Mitte schon sehr gehoben ist.

90minuten: Wird sich auch taktisch etwas tun? Dem Gefühl nach ist man mit offenem Visier in die Liga gegangen und jetzt spielt man defensiver.

Elsneg: Ich denke, dass wir es trotz der schwierigen Situation in der Qualifikationsrunde geschafft haben, einerseits stabiler, andererseits attraktiver zu agieren. Ein Balanceakt, bedenkt man den Druck, der auf dem Trainerteam lag. Dennoch haben wir teilweise spielerische Lösungen gefunden, um über die erste Pressinglinie drüberzukommen. Jeder will proaktiv spielen, aber es hängt auch immer vom Gegner ab. Und man sieht auch internationale Topmannschaften, die in Phasen im tiefen Block verteidigen und auf Umschaltmomente warten. Wir möchten also in allen unterschiedlichen Spielphasen step by step besser werden.

90minuten: Zum Abschluss: Derby-Sieg gegen Sturm oder Platz in der Meistergruppe – was ist das größere Ziel?

Elsneg: Also ich bin bei einem 0:1 2007 auf der Bank gesessen, der letzte Sieg gegen Sturm war also 2006.

90minuten: Exakt. Aber was hätten Sie lieber?

Elsneg: Beides wäre großartig. Ein Derby-Sieg nach fast 20 Jahren hätte enorme emotionale Bedeutung. Aber der Einzug in die Top 6 wäre ein echter Meilenstein für den Verein – auch wirtschaftlich. Ich bin ein Freund davon, langfristig zu denken. Und ein Platz in der Meistergruppe wäre ein solcher Schritt.

90minuten: Wir danken für das Gespräch!


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