Ferdinand Feldhofer: "Man lernt zu schätzen, was man in der Heimat hat"
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Ferdinand Feldhofer: "Man lernt zu schätzen, was man in der Heimat hat"

Nicht nur der GAK, sondern auch sein Trainer Ferdinand Feldhofer, hat in der vergangenen Saison viele Veränderungen durchgemacht. Nach dem Klassenerhalt wird jetzt an der Weiterentwicklung des Vereins gearbeitet.

Bei seiner Präsentation als neuer GAK-Cheftrainer wurden in Graz viele Augen verdreht. Nach zähen Wochen und dem letztendlich geschafften Klassenerhalt bleibt Ferdinand Feldhofer aber fest im Sattel - in den kommenden Wochen sollen die Grundlagen für eine erfolgreiche zweite Bundesliga-Saison gelegt werden.

Davor ist der 45-Jährige 90minuten in einem Interview Rede und Antwort gestanden.

90minuten: Der GAK bleibt der Bundesliga erhalten, die Entscheidung ist letztendlich erst am letzten Spieltag gefallen. Sie haben selbst gesagt, dass jedes Spiel in der Meistergruppe ein Finale war. Waren das die anstrengendsten Wochen Ihrer bisherigen Trainerkarriere?

Ferdinand Feldhofer: Es waren sehr intensive Wochen für den gesamten Verein. Wir haben uns auf zehn Finalspiele eingestellt, uns Woche für Woche akribisch auf die bevorstehenden Aufgaben vorbereitet. Im gleichen Zeitrahmen haben wir auf frische spielerische Impulse gesetzt und an einem funktionierenden Kollektiv gearbeitet. Ich muss mich an dieser Stelle bei allen bedanken, dass sie so mitgezogen haben, alles angenommen haben und versucht haben, alles bestmöglich umzusetzen. Wir haben es gemeinsam geschafft, ich bin unglaublich stolz darauf.

90minuten: Wie ausgiebig wurde der Klassenerhalt gefeiert?

Feldhofer: Die Mannschaft hat ihren Fahrplan für die Feiern schon öffentlich kundgetan, eine schöne Mittelmeerinsel wurde dafür ausgewählt. Sie haben sich das absolut verdient. Es war eine hohe mentale Herausforderung für jeden Einzelnen, das Mindset für die bevorstehenden Aufgaben immer richtig einzustellen, am Tag X zu performen, kleine Rückschläge schnell wegzustecken und gleichzeitig bei einem guten Spiel nicht gleich abzuheben. Wir haben eine gute Balance gefunden als Team, der Zusammenhalt gab uns Kraft. Jetzt heißt es, loszulassen und den Kopf freizubekommen, Zeit mit der Familie zu verbringen und das zu machen, wo man am besten abschalten kann.

Die Vorbereitungen für die kommende Saison haben schon begonnen. Im Fußballgeschäft geht alles nahtlos weiter.

Ferdinand Feldhofer

90minuten: Was steht für Sie auf dem Plan, sobald die letzten Wochen aufgearbeitet sind? Bleibt Zeit für Urlaub oder haben die Vorbereitungen für die kommende Saison Priorität?

Feldhofer: Ich bin ein Familienmensch, verbringe gerne Zeit mit meiner Familie und werde mit meiner Frau ein paar Tage verreisen. Die Vorbereitungen für die kommende Saison haben schon begonnen, im Fußballgeschäft geht alles nahtlos weiter. Vor allem in unserer Situation und mit unseren Mitteln müssen wir aktiv sein und versuchen, den einen oder anderen Schritt voraus zu sein.

90minuten: Sie haben die Mannschaft nach dem Grunddurchgang auf dem vorletzten Platz übernommen, als dritter Trainer der Saison. In welchem Zustand - vor allem mental - haben Sie die Mannschaft und den Verein vorgefunden?

Feldhofer: Die Mannschaft hat ab Tag eins voll mitgezogen. Es war wichtig, eine gute Balance zu finden, zwischen der Implementierung einer neuen Spielidee und eines neuen Spielansatzes, dabei gleichzeitig aber nicht zu übersteuern. Bei häufigen Trainerwechseln kommt es oft zu Verletzungen, das wollten wir vermeiden und haben deshalb bewusst an der richtigen Trainingssteuerung gearbeitet. Wir haben jeden einzelnen Spieler, jeden einzelnen Mitarbeiter und Fan im Verein gebraucht.

Die Spieler zogen sofort mit ihrem neuen Trainer mit
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Die Spieler zogen sofort mit ihrem neuen Trainer mit

90minuten: Die neue Spielidee haben Sie schon angesprochen. In letzter Zeit war immer wieder die Rede davon, dass Sie sich innerhalb der sportlichen Leitung auf eine Philosophie geeinigt haben. Wie sieht die aus?

Feldhofer: Die Mannschaft weiß seit meinem Amtsantritt, was ich spielen möchte. Ich habe eine klare Vorstellung, wie wir auf dem Platz auftreten müssen. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Mannschaft und den Verein in allen Belangen weiterzuentwickeln. Wir haben eine gute und traditionsreiche Plattform für junge Spieler, um ihnen eine Bundesliga-Bühne zu bieten, damit sie sich gut entwickeln können.

90minuten: Der GAK ist nach Ihren letzten Stationen in Tiflis, Brügge und bei Rapid relativ gesehen ein Verein, bei dem mehr Aufbauarbeit geleistet werden muss. Gegenüber der Konkurrenz ist man zum Teil in den eigenen Möglichkeiten limitiert. In welchen Punkten müssen Sie Ihre Herangehensweise und Erwartungen ein Stück weit anpassen?

Feldhofer: Es waren schöne und intensive Momente im Ausland – verschiedene Kulturen, unterschiedliche sportliche Herangehensweisen, verschiedene Vereinsstrukturen. Mit einem Engagement im Ausland wächst der persönliche Horizont. Man lernt aber auch, das zu schätzen, was man in der Heimat hat. Ich bin mit keinen Erwartungen in meine neue Rolle als Trainer des GAK gestartet. Meine Herangehensweise war klar definiert, ich wollte den Klassenerhalt mit dem Team schaffen. Das war die oberste Prämisse. Wir mussten als Trainerteam flexibel agieren, das richtige Mindset für den Abstiegskampf vorleben und es dann auch schlussendlich über die Ziellinie bringen. Es waren andere Voraussetzungen als bei meinen Stationen davor. Es waren zehn Spiele, in denen wir viel lernen konnten. Umso schöner fühlt es sich jetzt an, dass wir wieder mit der Bundesliga für die kommende Saison planen können.

Aktiv und selbstbewusst, mit und gegen den Ball.

Feldhofer über die GAK-Taktik für 2025/26

90minuten: Wie würden Sie das Spielsystem beschreiben, mit dem der GAK kommende Saison auftreten soll?

Feldhofer: Aktiv und selbstbewusst, mit und gegen den Ball.

90minuten: Sie haben Ihre erste Vorbereitung als GAK-Cheftrainer vor sich. In welchen Bereichen müssen Sie in den nächsten Wochen Schwerpunkte setzen, um das Maximum aus der Vorbereitung herauszuholen?

Feldhofer: Natürlich in der Umsetzung unserer Spielidee. Es gibt nun Zeit, in Ruhe, ohne zusätzlichen mentalen Stress, Dinge auf dem Platz zu trainieren. Da geht es um Abläufe, Automatismen, Bewegungsmuster, Anlaufmomente, Positionierungen und vieles mehr. Es geht darum, uns in allen Phasen des Spiels weiterzuentwickeln.

90minuten: Neuverpflichtungen wurden auch schon angekündigt. Geht es dabei vor allem um Verstärkungen in der Kadertiefe? Oder wird gezielt nach Führungsspielern gesucht? Dass es eine Mischung brauchen wird, ist klar, aber ein Verein wie der GAK muss wahrscheinlich Prioritäten setzen.

Feldhofer: Sie haben Ihre Frage schon selbst beantwortet. Die Kaderplanungen sind voll im Gange. Es bedarf eines guten Mixes aus Spielern. Wir scouten bewusst Spieler, die von ihrer Einstellung gut zum GAK passen würden.

90minuten: Wie viel Veränderung ist notwendig und wie viel Veränderungen geben die finanziellen Gegebenheiten des GAK her?

Feldhofer: Klar ist, dass wir den Kader verstärken wollen. Ich glaube, das geht jedem anderen Klub in der österreichischen Bundesliga genauso. Für die finanziellen Angelegenheiten bitte auf einer anderen Etage im Verein anfragen. Ich bin verantwortlich für das Sportliche, die Weiterentwicklung des Kaders und unserer gemeinsamen Spielphilosophie.

Es liegt an ihm. Unsere Plattform bietet das perfekte Umfeld für ihn, um den nächsten Schritt zu machen.

Feldhofer über eine Weiterbeschäftigung von Leihspieler Cipot

90minuten: Vor allem die Offensive wird kommende Saison einen Sprung machen müssen. Wie soll das gelingen?

Feldhofer: Ich glaube, wir müssen alle einen Sprung nach vorne machen – das gelingt nur im Kollektiv. Die Offensive hat Dinge gegen den Ball in vielen Phasen des Spiels gut umgesetzt und somit auch die Verteidigung unterstützt. In den wichtigen Momenten waren sie da.

90minuten: Ein wichtiger Faktor in den letzten Wochen war Tio Cipot. Gibt es eine Chance, ihn für eine weitere Saison zu halten? Oder ist das schon vom Tisch?

Feldhofer: Tio hat sich gut entwickelt, ist hochtalentiert und willig. Von seinen Anlagen am Ball ist er gerade im Eins-gegen-eins schwer zu stoppen. Tio hat eine große Karriere vor sich, wenn er seine Dinge ordnet und seine ganze Aufmerksamkeit dem Fußball widmet. Es liegt an ihm. Unsere Plattform bietet das perfekte Umfeld für ihn, um den nächsten Schritt zu machen.

90minuten: Abgesehen von Cipot war Daniel Maderner in mehreren Spielen eine Lebensversicherung für den GAK. Lässt sich diese Abhängigkeit von einem einzelnen Spieler derzeit, in der aktuellen Phase der Entwicklung des Vereins, einfach nicht vermeiden?

Feldhofer: Beide sind genauso abhängig von einem funktionierenden Kollektiv. Wir haben keine Zauberer im österreichischen Fußball – es müssen die elf, die auf dem Platz stehen, zusammen funktionieren. Und das haben wir mit Bravour umgesetzt. Die Homogenität, die Gemeinschaft, die Freude am gemeinsamen Gewinnen, das gemeinsame tägliche Arbeiten – das ist das Wichtigste.

90minuten: Der GAK hat seine sportliche Leitung in den letzten Monaten neu aufgestellt: Didi Elsneg ist schon lange da, Andi Lienhart hat jetzt seine erste Saison als Chefscout hinter sich, Sie sind im Frühjahr dazugekommen, Tino Wawra ist auch nicht viel länger da. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Feldhofer: Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Ich bin dankbar, so ein Team um mich zu haben – mit viel Erfahrung und Leidenschaft für den Fußball. Ich bin von der ersten Minute an herzlich willkommen geheißen worden. Es war auch schön, nach zwei Auslandsstationen wieder bekannte Gesichter zu sehen.

Feldhofer neben Co-Trainer Matthias Urlesberger
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Feldhofer neben Co-Trainer Matthias Urlesberger

90minuten: Sie arbeiten inzwischen auch wieder mit Matthias Urlesberger zusammen, das war bei Ihren letzten Stationen ja nicht möglich.

Feldhofer: Matthias ist sehr vertrauensvoll, professionell und ein super Mensch. Wir haben schon vorher zusammengearbeitet – er weiß, wie ich bin und was ich von einem Team verlange. Wir tauschen uns sehr wertvoll aus. Ich bin froh, so einen wie ihn in meinem Team zu haben.

90minuten: Er war ja schon beim GAK aktiv, bevor Sie zum Verein gekommen sind. War das ein Faktor bei Ihrer Entscheidung für eine Zusage?

Feldhofer: Sicherlich ein Mitgrund, da ich nicht lange nachdenken musste, mein Trainerteam neu aufzustellen. Entscheidend waren aber die positiven Gespräche, die gemeinsame Philosophie, das Wachstumspotenzial des Vereins und vieles mehr. Ich wollte nahtlos weiterarbeiten.

90minuten: Sie mussten bei Cercle sicherlich schneller wieder gehen, als Sie und die meisten Beobachter erwartet haben. Halten Sie es für gerechtfertigt, dass der Verein versucht hat, mit einem weiteren Trainerwechsel mehr Erfolg zu erzwingen?

Feldhofer: Der Wechsel war kurzfristig, ich hatte dennoch viel Spaß an der Arbeit. Es war eine Riesenerfahrung, die für den jetzigen Karriereschritt gut war. Ich sah eine Vereinsstruktur, die etwas anders funktioniert als viele andere. Das Fußballgeschäft ist schnelllebig, auch mein Nachfolger Jimmy De Wulf blieb nicht lange an der Seitenlinie. Ihm wurde leider auch nicht viel Vertrauen geschenkt, obwohl wir beide das Team sehr gut weiterentwickelt und uns platzierungstechnisch sogar verbessert haben. Unsere zwei besten Stürmer wurden im Wintertransferfenster verkauft, wir bekamen keinen Ersatz dafür – und das mitten im Abstiegskampf. Es waren tolle Momente in Belgien. Ich bin noch immer mit vielen in Kontakt und bin froh, dass Cercle es geschafft hat, in der Liga zu bleiben.

90minuten: Letztendlich hat Cercle erst in der Relegation knapp die Klasse gehalten. Warum - oder warum vielleicht nicht - findet der Verein Ihrer Wahrnehmung nach kommende Saison wieder in die Spur?

Feldhofer: Cercle verfügt über eine hohe Anzahl an Potenzialspielern, die gegen den Ball unglaubliche Qualitäten haben. Für den Erfolg braucht es auch Stabilität und Ruhe. Das wäre das Ziel.

Ich wusste, es stehen herausfordernde Wochen mit vielen Überstunden auf dem Programm.

Feldhofer über den Wechsel zum GAK

90minuten: Zwischen Ihrem Aus in Brügge und der Präsentation beim GAK ist nur eine Woche vergangen. Wann kam der erste Kontakt zum GAK zustande? Hat sich Didi Elsneg direkt bei Ihnen gemeldet?

Feldhofer: Ja, er hat mich angerufen.

90minuten: Wie lange haben Sie vor Ihrer Entscheidung überlegt? Zum einen war die sportliche Herausforderung und das Risiko enorm groß, zum anderen waren Sie natürlich als langjähriger Sturm-Spieler dem GAK wahrscheinlich nicht automatisch zugeneigt.

Feldhofer: Ich habe mir ein paar Tage Bedenkzeit gegeben, um mir ein Bild von der Gesamtsituation zu machen, vom Kader und den Menschen, die im Verein arbeiteten. Obwohl nur eine Woche zwischen Cercle und dem GAK vergangen ist, wusste ich, dass ich die Energie habe, um den Trainerjob anzunehmen. Ich wollte weiterarbeiten und hatte als Rückhalt auch meine Familie bei mir. Ich wusste, es stehen herausfordernde Wochen mit vielen Überstunden auf dem Programm, aber ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten und etwas gemeinsam zu schaffen. Dass wir dann so ein Finale hatten, macht mich sehr glücklich und bestätigt auch die Arbeit unseres Teams.

90minuten: Der GAK ist Ihre dritte Trainerstation in kurzer Zeit - bei Interviews mit Trainern hört man immer wieder rückblickend, dass sie sich zu schnell von einem Engagement in das nächste "stürzen" und eine Auszeit vielleicht gutgetan hätte. Wie sehen Sie dieses Thema?

Feldhofer: Wenn sich eine Tür schließt, gehen andere auf. Ich sehe es als Chance – manchmal geht es schnell, manchmal braucht man viel Geduld. Es geht viel um Intuition und Erfahrung.

90minuten: Vielen Dank für das Gespräch!

VIDEO: Wer ist die größte GAK-Legende?


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