Der SK Rapid kann sich für seine Talente auch in der nun beginnenden Saison auf die Plattform der ADMIRAL 2. Liga verlassen.
Durch den Verzicht des Klubs auf den Österreicher-Topf sind die Perspektiven für junge Spieler, nach oben durchzustoßen, nicht unbedingt einfacher geworden. Davon soll ihre Entwicklung auf der Station zwischen Akademie und Profis unbeirrt bleiben.
Trainer Jürgen Kerber spricht im Interview über den Status quo beim Verein rund um seine Schützlinge, die ungewöhnlichen Zu- und Abgänge und seine eigene Situation.
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90minuten: Die vergangene Saison hat sich bei Rapid II in zwei Phasen einteilen lassen: Ein starker Herbst, in dem die Grundlage für den Klassenerhalt geschaffen wurde – und ein schwaches Frühjahr, in dem die Formation näher an die Kampfmannschaft heranreichte. Eine Grundlage auch für diese Saison, mit einem Polster beruhigt an der Entwicklung arbeiten zu können?
Jürgen Kerber: Das ist nicht bewusst passiert. Wir haben den Flow als Meister der Regionalliga Ost mitgenommen und einige Spieler dabeigehabt, die schon Erfahrung in der 2. Liga hatten. Diese Spieler haben sich persönlich auch extrem weiterentwickelt. Und das bedeutet, dass sie den nächsten Sprung machen können. Das wurde bezeichnend für unser Frühjahr: Viele Spieler waren dann schon im erweiterten Kader der Profis oder sind zu anderen Vereinen gegangen. Dann mussten sich die nächsten beweisen. Dass eine Entwicklung nicht immer nach oben geht, hat man dann einfach gesehen. Natürlich auch mit dem Wissen, schon einige Punkte Polster gehabt zu haben.
90minuten: Rapid verzichtet mittlerweile auf den Österreicher-Topf, setzt auf deutlich mehr Legionäre in der Kampfmannschaft. Wie viel schwieriger ist es für einen jungen Spieler geworden, diesen Durchbruch nach oben zu schaffen?
Kerber: Dass man bei Rapid Leistung bringen muss, ist klar. Die Erwartungshaltung ist sehr, sehr hoch. Peter Stöger schaut schon auf die jungen Spieler, darauf, wie sie sich entwickeln und performen. Er ist gewillt, dem einen oder anderen die Chance zu geben. Aber am Ende zählt einfach Leistung – das ist auch für junge Spieler ein guter Weg. Man muss resilient sein und abliefern, wenn man die Chance bekommt. Letztes Jahr hat man gesehen, dass mit Niki Wurmbrand, Tobias Hedl, Dominic Vincze oder Furkan Demir lauter junge Spieler in der Bundesliga gespielt und Leistung gebracht haben. Das Stichwort ist Geduld. Die muss der Spieler aufbringen, genau wie sein Umfeld. In der 2. Liga haben wir eine super Plattform, auf der der Weg Richtung Bundesliga trotzdem kürzer ist.
90minuten: Stichwort Peter Stöger, wie ist die Zusammenarbeit mit ihm?
Kerber: Was ich schon gesehen habe: Er sucht die Kommunikation, die direkten Gespräche mit den jungen Spielern, schenkt ihnen ein Ohr und geht auf ihre Bedürfnisse ein. Das finde ich schon sehr gut. Bei uns im Trainingszentrum sind die Wege kurz. Wir sind einen Stock unter ihm, können auch zwischen Tür und Angel viele Gespräche führen. Peter ist offen dafür, hat auch angekündigt, da zu sein, Trainings und Spiele anzusehen. Natürlich ist aus seiner Perspektive viel los, aber wir schauen, dass wir die Kommunikation hochhalten. Wenn der Bedarf da ist, sehen wir unseren Job schon als Zulieferer für die erste Mannschaft.
90minuten: Bei Rapid wurde immer betont, dass die Ziele der zweiten Mannschaft unabhängig von der Liga sind und der Abstieg in die Regionalliga kein Drama war. Trotzdem halte ich fest: Die größten Klubs der Bundesliga haben ihre Zweitvertretungen allesamt in der 2. Liga. Das ist schon ein wichtiges Asset, auch um Talente hierher zu locken?
Kerber: Das ist klar und es ist kein Thema, dass wir so hoch wie möglich spielen wollen. Die Plattform ist enorm gut, wir haben auch den Torschützenkönig der 2. Liga für die erste Mannschaft verpflichtet. Tobias Hedl ist als Führender dieser Liste nach Belgien gegangen. Es ist wichtig, den jungen Spielern diese Plattform bieten zu können.
90minuten: Einige Transfers waren untypisch für Rapid II: Etwa die Rückholaktionen von René Kriwak und Dalibor Velimirovic, in ihrem Alter keine Talente mehr. Braucht das Team mehr Leader oder gab es einen anderen Hintergedanken?
"Persönlich ist es schon ein Thema. Ich fühle mich wohl in der Funktion, in der ich jetzt bin, sehe für mich aber irgendwann auch den nächsten Schritt. Wo der sein wird? Wird man sehen."
Kerber: Man muss die aktuelle Situation betrachten. Wir haben viele junge Spieler, frisch von der Akademie. Dalibor ist sehr flexibel: Er kann hinten sowie im Mittelfeld spielen. Dadurch ist er für mich eine sehr, sehr gute Option. Wenn er bei 100 Prozent ist, hat er irrsinnige Qualitäten, mit denen der Weg schon noch weiter gehen kann. Nicht nur in der zweiten Mannschaft. An ihm können sich die Jungen anhalten. René wollten wir nach seinem Kreuzbandriss in den Niederlanden helfen. Wenn wir ihm helfen können, kann er am Ende des Tages wahrscheinlich auch uns helfen. Man muss abwarten, wie sich das entwickelt.
90minuten: Mit dem Gedanken, ihn nach dem Aufbau zu transferieren?
Kerber: Bevor wir an andere Klubs denken, denken wir schon zuerst an uns. Der Trainingskader ist bei uns nicht allzu groß. Deswegen haben wir Verstärkungen gebraucht. Aber wenn beide fit sind, wecken sie sicher auch Begehrlichkeiten bei anderen Klubs. Eventuell reicht es auch noch für uns. Die Tür ist offen.
90minuten: Dominik Weixelbraun wurde für Rapid II geholt und spielt nun schon in der "Ersten". Wirst du dich – Achtung, Augenzwinkern – mit Peter Stöger um ihn streiten müssen?
Kerber: "Weixi" kenne ich in erster Linie als Gegner. Es war natürlich überraschend für viele Beteiligten. Er hat ein, zwei Trainings mitgemacht, dann die Möglichkeit bei den Profis bekommen. Wenn einer performt, wird er die Möglichkeit bekommen. Wir müssen schauen, wie es sich da weiterentwickelt, wie beide Kader endgültig aussehen. Er kann so ein Spieler sein, der bei beiden Teams unterwegs sein kann.
90minuten: Auf der Gegenseite gab es mit Aristot Tambwe-Kasengele, Jovan Zivkovic und Aaron Sky Schwarz drei Abgänge, die teilweise sehr lange als Hoffnungsträger galten. Warum hatten sie keine Perspektive mehr?
Kerber: Da muss man ein bisschen differenzieren. Aaron Sky Schwarz war schon in der Bundesliga, hat hohe Ansprüche und will sich nicht unter einer Kampfmannschaft einordnen, sondern den höchstmöglichen Weg gehen. Da hat er mit der Admira einen Klub gefunden, bei dem er um den Titel mitspielen kann. Aristot hat viele Jahre in der zweiten Mannschaft hinter sich und es ist für seine Entwicklung ein guter Schritt, auch einmal etwas anderes zu sehen. Auch er ist bei der Admira. Bei Jovan war es so, dass Geduld gefragt gewesen ist. Er hat einen schwierigen Weg hinter sich, der nicht so verlief, wie man sich das zusammen vorgestellt hat. Er ist ein Junge, der immer Gas gegeben hat und fähig war, Tore zu schießen. Er wird seine Möglichkeiten schon noch bekommen, eine Entwicklung verläuft nicht linear. Mit den Qualitäten, die er hat, wird er sich in Ungarn beweisen. Vielleicht geht der Weg ja wieder weiter.
90minuten: Letzten Herbst gab es das Gerücht um Jürgen Kerber und den SCR Altach. Auch nach dem Aus von Robert Klauß gab es Fans, die dir die Chance geben wollten. Wann muss es auch für den Trainer der Anspruch sein, den nächsten Schritt zu machen?
Kerber: Persönlich ist es schon ein Thema. Ich fühle mich wohl in der Funktion, in der ich jetzt bin, sehe für mich aber irgendwann auch den nächsten Schritt. Wo der sein wird? Wird man sehen. Ich denke, dass ich bis jetzt gute Arbeit gemacht habe. Das weckt Begehrlichkeiten. Wenn die Rahmenbedingungen passen und alle Beteiligten sehen, dass es ein positiver Schritt für mich wäre, dann werden wir den auch gehen. Aber wir haben keinen Stress. Derzeit gibt es genug Aufgaben bei uns.