Was macht eigentlich Andreas Dober?
Rund sechs Jahre ist es her, dass der ehemalige Rapid- und ÖFB-Verteidiger einen Schlussstrich unter seine schillernde Profi-Karriere zog.
Bis vor etwa einem Jahr hielt der Kultkicker seine Knochen noch im niederösterreichischen Unterhaus hin - mit derselben Mentalität und Abgezocktheit, wie einst in der Bundesliga und dem Europapokal.
Seit Oktober 2024 ist Dober nun Sportlicher Leiter beim FC Tulln - was nach einem reinen Liebhaber-Projekt klingt, soll für das "Wiener Original" jedoch erst der Anfang sein. Ein alter Bekannter aus legendären Rapid-Jahren wandelte schließlich auf einem ähnlichen Weg.
Dober: "Mir macht das irrsinnigen Spaß"
Wer sich in den vergangenen Monaten auf den einen oder anderen Sportplatz Niederösterreichs verirrte, konnte sowas wie eine Zeitreise erleben.
Andi Dober, wie er leibt und lebt - mittlerweile nicht mehr als Abwehrchef, sondern als Regieführer neben der Ersatzbank des FC Tulln. Das Herz nach wie vor auf der Zunge, statt im Trikot mit Baseball-Cap und Sonnenbrille.
Erst im vergangenen Herbst hing der Abwehrhaudegen die Schuhe endgültig an den Nagel und wechselte ins Funktionärswesen. Es dürfte der Beginn einer neuen Leidenschaft sein, die in Kindheitstagen beim "Football Manager" spielen ihren Lauf nahm.
"Mir macht das irrsinnigen Spaß. Man sieht Woche für Woche, dass etwas weitergeht. Wenn man Spieler holt, die dann auf Anhieb funktionieren, dann macht das schon stolz", erzählt Dober. Unter seiner Regie beendete der Verein, der von 1975 bis 1978 in der 2. Division spielte, die letzte Saison als Vizemeister der Gebietsliga Nord/Nordwest. Nur zwei Zähler fehlten am Ende auf den Titel, Meister wurde der ASV Hohenau.
"Dann würden mich die Leute fragen, ob ich deppert bin"
Auf seine erste Halbsaison in Amt und Würden blickt der dreifache ÖFB-Teamspieler zufrieden zurück: "Wenn man sieht, dass Spieler nicht nur fußballerisch, sondern auch charakterlich in eine Mannschaft passen, dann zeigt das, dass ich ein gutes Auge bewiesen habe. Ich habe ja schon zwei, drei Jahre Fußball gespielt und habe da halt Ahnung und Menschenkenntnis."

An Ehrlichkeit und gesundem Selbstvertrauen hat es Andi Dober noch nie gemangelt.
Das gilt auch für die Ziele in der kommenden Saison. Der Vizemeistertitel besänftigt die Ansprüche der Rapid-Legende jedenfalls nicht - in der kommenden Saison 2025/26 soll - ja, muss - der Meistertitel her. Dafür leistete Sportchef Dober am Transfermarkt ganze Arbeit.
"Wenn ich jetzt sage, wir wollen Zweiter werden, dann fragt mich jeder ob ich deppert bin. Wir haben den stärksten Kader in der Liga, sind knapp nicht Meister geworden. Den Kader habe ich jetzt noch einmal verstärkt, jetzt zählt einfach nur der Meistertitel. Alles andere wäre ein Schwachsinn."
Scouting-Tipps für Silberberger
Tatsächlich strotzt die Liga nur so vor Ex-Profis und illustren Namen.
Bei Titelaspirant SC Leopoldsdorf/Marchfeld schnüren die ehemaligen Bundesliga-Kicker Markus Pavic und Daniel Schöpf die Schuhe, bei Deutsch-Wagram sorgt ein gewisser Benjamin Sulimani für die Tore und bei Aufsteiger SV Gablitz stehen Toni und sein Bruder Tin Vastic unter Vertrag. Marco Sahanek und sein SK Ernstbrunn stiegen vergangene Saison ab.
Die Tullner selbst haben mit Robin Josefik einen tschechischen Stürmer in ihren Reihen, der in der abgelaufenen Saison 37 Tore in 26 Spielen schoss. In der Saison 2023/24 waren es 41 Treffer. "Ich sage, dass es im Unterhaus in Österreich keinen besseren Stürmer gibt als ihn. Würde er regelmäßig trainieren, könnte er auf jeden Fall in der Bundesliga spielen."
Sogar Thomas Silberberger habe er auf den 25-Jährigen, der in einer Werkstatt in Tulln arbeitet, aufmerksam gemacht. Vorbeigekommen sei das Tiroler Trainer-Urgestein allerdings noch nicht.
"Unsere Liga ist eine richtig gute Gebietsliga, sicher die stärkste. Es kommen sehr viele Spieler aus Wien, auch aus den Regionalligen." Ein Karriereweg, den einst auch Dober einschlug. Von Ostligist ASV Siegendorf zog es den dreifachen ÖFB-Teamspieler in seinem Karriereherbst über den SV Absdorf nach Tulln an der Donau.

Markus Katzer? "Kann man als Vorbild nehmen"
Einzig die Leidenschaft zum Fußball ist es aber nicht, die Dober antreibt - dass sein Horizont durchaus über die Grenzen seiner Wahlheimat reicht, verhehlt er nicht.
"Es wäre gelogen, wenn ich sage, ich möchte mein Leben lang nur für den FC Tulln tätig sein. Man muss halt einmal klein anfangen. Wer weiß, wohin die Reise für den Verein und mich geht."
Schließlich startete auch der eine oder andere langjährige Weggefährte seine Funktionärskarriere im Unterhaus. "Man kann die Klubs zwar nicht wirklich vergleichen, aber Markus Katzer hat die Vienna auch in der 2. Landesliga (Anm. d. Red. fünfthöchste Spielklasse) übernommen. Wenn man sich das jetzt ansieht, kann man diesen Weg schon als Vorbild nehmen."
"Mission" Tulln noch nicht erfüllt
Die Arbeit und der Werdegang seines früheren Rapid-Kollegen - 95 Spiele absolvierte das Duo in seiner aktiven Zeit gemeinsam - imponieren Dober: "Da kann man nur den Hut ziehen. Man sieht, dass alles möglich ist."
Der Sommer ist im Fußball meist die Zeit für richtungsweisende Veränderungen. Eilig hat es Dober jedoch nicht: Schließlich gilt es eine "Mission" zu erfüllen.
"Ich habe den Kopf momentan nur in Tulln. Ich bin jetzt seit Winter hier und habe eine Mission angetreten. Die möchte ich schon erfüllen. Was die Zukunft bringt, kann man ohnehin nicht sagen."