Wie abhängig sind die Bundesliga-Klubs von Einzelkönnern?
Jeder Verein wünscht sich einen verlässlichen Goalgetter. Wenn der Erfolg aber zu stark von einem Spieler abhängt, kommt das sportliche Konstrukt schnell ins Wanken. 90minuten analysiert die bisherige Bundesligasaison.
Fußballteams sind fragile Gebilde, deren Erfolg trotz aller Überlegungen zu Kadertiefe und Variabilität oft davon abhängt, ob einem Spieler im entscheidenden Moment ein Licht aufgeht. Irgendjemand muss - um eine weitere Redewendung zu bemühen - die Kohlen aus dem Feuer holen.
Davon, was passiert, wenn das nicht passiert, kann aktuell der SK Rapid ein Lied singen. Dass der Hütteldorfer Einbruch just in jener Phase seinen Anfang nahm, in der Petter Nosa Dahl mit einer Muskelverletzung pausieren musste, ist wohl kein Zufall. Der Norweger war zuvor an fünf der ersten sechs Bundesliga-Saisontore beteiligt. Es ist nicht die einzige Baustelle, die Rapid seitdem beschäftigt - ihren Anteil an der Misere hat sie trotzdem.
Die Abhängigkeit von hochtalentierten Einzelkönnern ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits wünscht man sich zu wissen, zu welchem Spieler man schauen soll, wenn die eigene Mannschaft dringend ein Tor braucht. Andererseits kommt schnell Unbehagen auf, wenn der hoffnungsvolle Blick in Richtung Tribüne schweift, weil die Leitfigur verletzt oder gesperrt ist.
Wie abhängig sind die 12 Bundesligisten von ihren besten Offensivspielern? Wie verteilt sich die Last in der Offensive? 90minuten hat zur Winterpause nachgezählt, wer in den letzten zehn Sekunden vor einem Torerfolg die Füße im Spiel hatte.
Solide Fundamente
Austria Wien
Mit Johannes Eggestein hat sich ein Sommer-Neuzugang als Schlüsselspieler in der violetten Offensive etabliert. Der Deutsche hat an mehr als der Hälfte aller Austria-Tore mitgewirkt, fünf hat er selbst erzielt, drei davon per Elfmeter.
Seit dem Abgang von Dominik Fitz verteilt sich die Last auf mehreren Schultern. Kapitän Manfred Fischer, Wingback Tae-Seok Lee, Manprit Sarkaria und Abubakr Barry waren jeweils an rund einem Drittel der Treffer beteiligt.
Mit bislang 25 Toren teilt sich die Austria den Platz als viertbeste Offensive mit dem WAC. Beinahe die Hälfte fiel nach Standardsituationen.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Johannes Eggestein | 14 | 14 | 56 % |
Manfred Fischer | 9 | 4 | 36 % |
Manprit Sarkaria | 9 | 9 | 36 % |
Tae-Seok Lee | 8 | 7 | 32 % |
Abubakr Barry | 8 | 7 | 32 % |
Red Bull Salzburg
An seine Glanzzeiten kommt der FC Red Bull Salzburg aktuell bei weitem nicht heran, der Vizemeister überwintert aber immerhin als Tabellenführer und stellt mit 36 Treffern die mit Abstand beste Offensive. Torjäger Nummer eins ist Petar Ratkov, der weiterhin Chancen liegen lässt und trotzdem bereits neun Tore auf dem Konto hat. Zum Vergleich: Salzburgs bester Torschütze in der Vorsaison, Dorgeles Nene, brachte es auf 13 Treffer.
Viele gute Momente hatten auch Yorbe Vertessen, Edmund Baidoo und allen voran Kerim Alajbegovic. Sollte der 18-Jährige die "Bullen" schon im Winter verlassen, wäre das ein herber Verlust.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Petar Ratkov | 14 | 11 | 39 % |
Edmund Baidoo | 13 | 9 | 36 % |
Yorbe Vertessen | 13 | 11 | 36 % |
Kerim Alajbegovic | 12 | 9 | 33 % |
LASK
Die bisherige Saison der Linzer lässt sich in zwei Phasen teilen: Vor dem Engagement von Didi Kühbauer gelangen dem LASK neun Tore in ebenso vielen Spielen. In den acht Partien danach fielen 15 Treffer, verloren hat man seitdem auch nicht mehr.
Vor allem Moses Usor blühte zuletzt auf, aber auch Krystof Danek und Samuel Adeniran präsentieren sich in guter Form. Bemerkenswert ist die erfolgreiche Einbindung beider Außenverteidiger: Auf der linken Seite trug George Bello zu knapp unter einem Drittel aller Tore bei. Auf der rechten Seite hatte Kasper Jorgensen bisher seinen Anteil an rund 33 Prozent.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Moses Usor | 11 | 10 | 46 % |
Krystof Danek | 9 | 8 | 38 % |
Samuel Adeniran | 8 | 8 | 33 % |
Kasper Jorgensen | 8 | 8 | 33 % |
SV Ried
Auch der Aufsteiger macht seine Sache bisher gut. Die Innviertler werden vor allem über Konter und Standards gefährlich und sind mit einigen großen und mehreren temporeichen Spielern ein unangenehmer Gegner.
Aus dem Spiel heraus ist Kingstone Mutandwa ein effektiver Vollstrecker und dankbarer Abnehmer für Zuspiele von Ante Bajic, Mark Grosse und Philipp Pomer.
Mit 23 Saisontoren stellt die SV Ried die achtbeste Offensive der Liga.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Philipp Pomer | 11 | 8 | 48 % |
Kingstone Mutandwa | 11 | 11 | 48 % |
Ante Bajic | 10 | 8 | 43 % |
Mark Grosse | 8 | 6 | 35 % |
An der Kippe
GAK
Bei den Grazern gibt es für das Frühjahr viel Raum für Verbesserung. Mit 17 Toren steht der GAK wie auch nach Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz. In den letzten fünf Runden vor der Winterpause lief es besser, die 11 erzielten Treffer in diesem Zeitraum überbieten nur der LASK und Red Bull Salzburg.
Abhängig bleibt der Verein weiterhin von Stürmer Daniel Maderner, der mit Ramiz Harakaté aber immerhin einen zusätzlichen Unterschiedsspieler zur Seite gestellt bekommen hat. Sollte Tio Cipot demnächst doch noch an seine Form aus dem vergangenen Frühjahr anschließen können, wäre die GAK-Offensive ordentlich aufgestellt.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Ramiz Harakate | 8 | 9 | 53 % |
Daniel Maderner | 6 | 8 | 40 % |
Tobias Koch | 6 | 4 | 40 % |
WAC
In Wolfsberg ist Dejan Zukic der klare Dreh- und Angelpunkt der Offensive geblieben und schreibt in dieser Rolle bis dato absurde Werte. Der Serbe konnte vor 76 Prozent aller WAC-Bundesligatore der Saison 2025/26 einen Ballkontakt verzeichnen. Sechs Stück hat Zukic selbst erzielt, weitere sieben direkt vorbereitet. Sollte er den Verein im Winter oder kommenden Sommer verlassen, müsste man sich möglicherweise Sorgen um die Kärntner machen.
Zum kongenialen Offensivpartner hat sich Alessandro Schöpf entwickelt, der mit bald 32 Jahren einen zweiten Frühling erlebt.
25 Tore haben die "Wölfe" bis dato erzielt, nur der TSV Hartberg, Sturm Graz und Red Bull Salzburg haben hier die Nase weiter vorne.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Dejan Zukic | 19 | 17 | 76 % |
Alessandro Schöpf | 11 | 11 | 44 % |
Boris Matic | 8 | 6 | 32 % |
SCR Altach
Wie der GAK haben auch die Vorarlberger ihr Trefferkonto vor der Winterpause noch einmal aufgebessert.
Obwohl Patrick Greil, Ousmane Diawara und Kollegen die Erwartungen aus dem Sommer sowohl individuell als auch im Kollektiv übertroffen haben, handelt es sich um die wohl schwächste Offensivabteilung aller Abstiegskandidaten.
Mit gezielten Verstärkungen im Winter könnte man aber jedenfalls auf dem bestehenden Fundament aufbauen.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Patrick Greil | 8 | 7 | 44 % |
Ousmane Diawara | 6 | 7 | 33 % |
Yann Massombo | 6 | 3 | 33 % |
Blau-Weiß Linz
Aus dem Offensivtrio um Shon Weissman, Simon Seidl und Nico Maier oder Thomas Goiginger, sollte ein neuer Trainer mehr herausholen können, als es Mitja Mörec gelungen ist. Das erste Saisontor hat Blau-Weiß Linz erst in der fünften Runde erzielt, 14 weitere sollten folgen. Letztlich stellen die Linzer damit aber trotzdem den schwächsten Angriff der Liga.
Individuelle Qualität ist vorhanden, für den Klassenerhalt muss sie im Frühjahr allerdings besser in Szene gesetzt werden.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Simon Pirkl | 10 | 5 | 67 % |
Simon Seidl | 7 | 5 | 47 % |
Shon Weissman | 6 | 6 | 40 % |
Dünnes Eis
SK Rapid
Unter den vergangenen Herbst muss der SK Rapid einen Haken setzen. Aufgabe eines neuen Trainers wird es unter anderem sein, den Hütteldorfern eine offensive Identität zu verpassen. Als zentraler Stürmer empfohlen hat sich Sommer-Neuzugang Claudy Mbuyi, der immerhin in den 10 Sekunden vor einem Drittel der 21 Rapid-Tore mitgewirkt hat. Hinter ihm folgen Petter Nosa Dahl und Matthias Seidl mit einem Anteil von jeweils 29 Prozent.
In den aktuellen Umständen hat es jeder Spieler schwer - einen offensiven Anführer, wie es Guido Burgstaller in den vergangenen Spielzeiten war, vermisst man allem Anschein nach aber stark.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Claudy Mbuyi | 7 | 7 | 33 % |
WSG Tirol
Mit 24 Saisontoren ist die WSG Tirol auf einem guten Weg, die eigene Marke aus dem Vorjahr - 35 Treffer - rund um die Ligateilung zu überbieten. Trainer Philipp Semlic hat der Offensive Leben eingehaucht, mit Nikolai Baden Frederiksen wurde Anfang Oktober zudem personelle Verstärkung an Land gezogen.
Der Däne hat seitdem vierfach getroffen, teils spektakulär. Sollte er diesen Lauf im Frühjahr fortsetzen können, käme es der WSG sehr gelegen. Auch wenn die Tiroler vor allem als Kollektiv stark sind, braucht es einen verlässlichen Torjäger.
Valentino Müller hat diese Rolle zum Saisonbeginn überraschend gut eingenommen, würde sie sich in Zukunft aber mit Sicherheit gerne teilen. Hinter ihm waren bisher vor allem Moritz Wels - mit 29 Prozent Anteil an allen Torszenen - und Benjamin Böckle - mit 25 Prozent - auffällig.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Valentino Müller | 12 | 10 | 50 % |
Sturm Graz
Solange sich in Graz kein neuer Topstürmer in Haaland-, Biereth- oder Emegha-Manier etabliert, schmeißen Otar Kiteishvili und Tomi Horvat den Laden. Auf das Mittelfeld-Duo ist seit Jahren Verlass, beide waren 2025/26 an knapp weniger als der Hälfte aller Bundesligatore der Grazer beteiligt.
Eine Titelverteidigung unter diesen Bedingungen ist nicht ausgeschlossen, aber erschwert. Sollten Kiteishvili oder Horvath im Frühjahr ausfallen, könnte man dieses Ziel wohl abschreiben.
Mit William Boving und Mika Biereth wurden über 20 Tore aus der Vorsaison abgegeben. Spätestens seit dem Kreuzbandriss von Leon Grgic sollte klar sein, dass die Offensive im Winter aufgebessert werden muss.
Die beiden einflussreichsten Grazer hinter Kiteishvili und Horvat sind Maurice Malone und Tochi Chukwuani mit 26 bzw. 22 Prozent Anteil am Offensiv-Output.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Otar Kiteishvili | 13 | 13 | 48 % |
Tomi Horvat | 12 | 12 | 44 % |
TSV Hartberg
Der Hartberger Höhenflug auf den vierten Tabellenplatz stützt sich auf die Schultern von Elias Havel. Mit 14 Torbeteiligungen hat sich der 22-Jährige auf den Notizzettel von Teamchef Ralf Rangnick gespielt und überwintert als Führender der Torschützenliste.
Das Team von Trainer Manfred Schmid setzt auf gnadenlosen Konterfußball und ist ohnehin auf Aussetzer in der gegnerischen Defensive angewiesen. Ob ein anderer Hartberger Havels aktuelle Abschlussqualität annähernd ersetzen könnte, darf bezweifelt werden.
Die beiden nächstbesten Offensivspieler - Maximilian Hennig und Tobias Kainz - bringen es auf jeweils sechs Torbeteiligungen und rund 27 Prozent Beteiligung an den 26 TSV-Toren.
Spieler | Beteiligung innerh. 10 Sek. | Tore + Assists + Pre-Assists | Anteil |
|---|---|---|---|
Elias Havel | 15 | 14 | 58 % |
Daniel Sauer