
Übergangslösung im Trend: Immer mehr Leih-Tormänner für die Bundesliga?
Quo vadis Tormannposition? Der moderne Fußball hat auch die Schlussmänner eingeholt, die Vereine passen ihre Strategien an. 90minuten hat die Sportchefs von Blau-Weiß Linz, GAK und Sturm Graz zu ihren Plänen befragt.
Zwischen 2003 und 2018 stand Christian Gratzei 15 Jahre bei Sturm Graz unter Vertrag, 318 Spiele hat der Steirer in dieser Zeit absolviert. Beim SK Rapid war Helge Payer zwischen 2001 und 2012 über weite Strecken ein sicherer Rückhalt - mit Spielern wie Thomas Gebauer, Ferdinand Oswald, Alexander Kofler, Jörg Siebenhandl und Alexander Schlager gibt es viele weitere Beispiele für Kontinuität.
In den letzten Jahren hat sich in der Bundesliga allerdings eine Art Gegenbewegung gebildet - wenn auch nicht in jedem Fall freiwillig. Torhüter wurden nicht langfristig verpflichtet, sondern ausgeliehen.
Die wichtigsten Beispiele:
Spieler | Saison | Verein | Stammverein |
---|---|---|---|
Arthur Okonkwo | 2022/23 | Sturm Graz | FC Arsenal |
Kjell Scherpen | 2023 - 25 | Sturm Graz | Brighton |
Vitezslav Jaros | 2023/24 | Sturm Graz | FC Liverpool |
Radek Vitek | 2024/25 | Blau-Weiß Linz | Manchester United |
Janis Blaswich | 2024/25 | Red Bull Salzburg | RB Leipzig |
Florian Wiegele | 2024/25 | GAK | Viktoria Pilsen |
Viktor Baier | 2025/26 | Blau-Weiß Linz | Viktoria Pilsen |
Sind das die Vorboten für eine Entwicklung, die bald auch auf andere Bundesligisten übergreifen könnte? Wie wollen sich Sturm Graz, Blau-Weiß Linz und der GAK in Zukunft im Tor aufstellen? 90minuten hat die Sportdirektoren gefragt.
Sturm Graz

Bei Sturm Graz hätte mit Beginn der Saison 2025/26 erstmals seit Jörg Siebenhandl vor rund zweieinhalb Jahren wieder eine Nummer eins im Tor stehen sollen, die langfristig an den Verein gebunden ist. Daniil Khudyakov wurde über die vergangene Saison an die Mannschaft herangeführt, muss nach einer Handgelenksverletzung im Trainingslager aber ungeplant mehrere Monate lang pausieren.
In Graz geht man deshalb auf die Suche nach einem zusätzlichen Keeper, wie Sportgeschäftsführer Michael Parensen erklärt: "Wir werden uns nach einer Ergänzung unseres sehr jungen Torhüterteams umsehen, das wir jetzt alleine zahlenmäßig wieder vervollständigen müssen." Mit Matteo Bignetti (21) und Elias Lorenz (19) hat der Meister aktuell nur zwei unerfahrene Spieler im Profikader.
Profil in der Schublade
Der Ausfall des designierten Stammkeepers trifft Sturm Graz nicht unvorbereitet. Unter Tormanntrainer Stefan Loch hat der Verein ein klares Profil für die Position erarbeitet, das auch jetzt zum Einsatz kommen wird.

Fest steht, dass der Neuzugang groß sein muss. Idealerweise geht die Körpergröße in Richtung zwei Meter - wenn die Teamkollegen nicht den Kopf in den Nacken legen müssen, um einem ins Gesicht zu schauen, hat man beim Meister keine Chance.
Das liegt vor allem am Spielstil: "Große Keeper haben in der Regel ihre Stärken in der Strafraumbeherrschung, im Abstoß und Abwurf, aber auch auf der Linie. Für uns ist zum Beispiel wichtig, dass wir schnell auswerfen und kontern können, wenn wir eine Flanke oder Ecke abgefangen haben. Bei anderen Mannschaften ist es vielleicht wichtiger, dass der Torhüter als Aufbauspieler eingebunden werden kann und die entsprechende Technik mitbringt. Da kann man bei der Körpergröße vielleicht Abstriche machen", erklärt Parensen.
Mit Kjell Scherpen, der schon mehrfach von Brighton nach Graz verliehen war, beschäftigen sich die "Blackies". Dass ein weiteres Leihgeschäft zustande kommt, darf bezweifelt werden: Der Niederländer ist inzwischen 25 Jahre alt, kommt für die Engländer aber nicht als Nummer eins infrage. Realistischer ist ein permanenter Transfer, der für Sturm aber nicht zu stemmen wäre - und Zeit abzuwarten hat man auch nicht.
Das Ausbildungs-Problem
Dass Bignetti oder Lorenz ihre Chance als Stammspieler bekommen, gilt derzeit zumindest nicht als Plan A. Parensen attestiert beiden Spielern "das Potenzial, im Profifußball Fuß fassen zu können". Generell sei die Entwicklung junger Talente auf dieser Position aber mit vielen Herausforderungen verbunden.
Die Ausbildung junger Torhüter ist nicht ganz einfach, wir werden aber verstärkt ein Augenmerk darauf legen.
Der Deutsche führt aus: "Es ist schwieriger, jungen Spielern Spielpraxis zu geben, die sie natürlich für ihre Entwicklung brauchen würden. Junge Torhüter müssen sich oft lange gedulden. Es gibt Torhüter, die schon mit 17 oder 18 Jahren zum Stammspieler aufgestiegen sind und jetzt zu den Besten auf ihrer Position zählen. Andere, die länger als Nummer zwei oder Nummer drei unterwegs waren, haben es vielleicht schwieriger, später den Status als Nummer eins zu erreichen. Die Ausbildung ist also nicht ganz einfach, wir werden aber verstärkt ein Augenmerk darauf legen."
Khudyakov war auf gutem Weg
Noch vor der Verletzung des designierten Stammkeepers hatte Parensen gegenüber 90minuten Lob für den jungen Russen übrig: "Ich kann mich an das erste Spiel gegen Girona erinnern, das war zu Beginn noch etwas wackelig. Bei seinem vierten Spiel der abgelaufenen Saison in Lille hat er eine sehr gute Leistung abgeliefert. Die Spielpraxis hat ihm also sichtlich sehr gutgetan. Auch die Persönlichkeitsentwicklung spielt eine Rolle: Wie trete ich auf? Wie aktiv bin ich? Wie coache ich meine Vorderleute? Da kann man im Training durchaus Fortschritte erkennen. Er hat sich auch gut an das Umfeld gewöhnt, lernt die Sprache und hat inzwischen eine andere Ausstrahlung."
Bei der Beurteilung der Tormänner, die nicht regelmäßig zum Spielen kommen, spielt die Trainingsarbeit eine wesentliche Rolle: "Es hängt viel von der Analyse unseres Tormanntrainers Stefan Loch ab, der herausragende Arbeit leistet", sagt Parensen.

Auch Khudyakov musste sich über diesen Weg empfehlen, der 21-Jährige hat in den letzten Jahren kaum gespielt. 90minuten hat deshalb bei Parensen nachgefragt, wie er auf die neue Aufgabe vorbereitet wird - die Antwort bleibt relevant, weil er nach seiner Pause vor einer unverändert großen Herausforderung steht:
"So richtig vorbereiten kann man ihn darauf nicht, das kommt mit der Spielpraxis. Man darf nicht vergessen, dass er in jungen Jahren bei Lokomotive Moskau gespielt und Drucksituationen erlebt hat. Er kann nur am Durchleben solcher Situationen wachsen. Uns ist bewusst, dass er ein paar Spiele benötigen wird, um Sicherheit zu finden und das Vertrauen in seine Fähigkeiten zu entwickeln."
Begrenzter Markt
Die neue Strategie auf der Tormannposition seit der Abkehr von Siebenhandl entstand noch unter Ex-Sportgeschäftsführer Andi Schicker, der auch Khudyakov zum Verein geholt hat. Parensen sieht sie im Einklang mit der Gesamtphilosophie: "Die Bestrebung ist, eigene Spieler zu entwickeln und ihnen eine Plattform zu bieten, von der aus sie weitere Schritte gehen können. Diese Strategie verfolgt der Verein schon länger, diesen Kurs behalten wir bei. Trotzdem sollen Leihen dazu beitragen, das Niveau des Kaders zu heben. In den letzten Jahren haben sich im Tor offensichtlich mehrere gute Gelegenheiten dafür geboten."
Das Verkaufspotenzial ist mit Sicherheit nicht so groß, wie beispielsweise bei Stürmern.
Dieses Jahr hätte es eigentlich keinen Bedarf dafür gegeben, die Situation könnte sich jetzt aber ändern. Ein weiteres Argument dafür, im Tor auf einigermaßen günstige Leihgeschäfte zu setzen, ist der geringere Weiterverkaufswert der Keeper: "Der Torhütermarkt ist eher begrenzt, Vereine haben nur einen Stammplatz zu besetzen. Das Verkaufspotenzial ist mit Sicherheit nicht so groß, wie beispielsweise bei Stürmern, für die in der Regel höhere Ablösesummen bezahlt werden."
Kontinuität vs. Philosophie
Das Argument ließe sich auch in die andere Richtung drehen: Wenn Torhüter auf dem Transfermarkt weniger gefragt sind, könnte man auch gleich langfristig auf ein paar sichere Hände setzen, ohne mit Verlustangst leben zu müssen. Hier steht aber der Ausbildungsgedanke im Weg, den man auch auf dieser Position nicht aufgeben möchte.
"Kontinuität trägt einen Teil zum sportlichen Erfolg bei. Deswegen halte ich sie schon für sehr wichtig. Klar ist aber auch, dass wir ein Verein in einer Liga sind, die viele Spieler als Plattform nutzen. Deswegen ist es für uns nicht einfach, Kontinuität auf allen Positionen umzusetzen. Wenn ich es mir wünschen könnte, hätte ich die besten Spieler natürlich kontinuierlich bei Sturm Graz", meint Michael Parensen.
GAK

Beim GAK musste Aufstiegskeeper Jakob Meierhofer in der vergangenen Saison nach 17 Bundesligaspielen und 35 Gegentoren Platz machen: Sportdirektor Didi Elsneg entschied sich dafür, Florian Wiegele für ein halbes Jahr von Viktoria Pilsen auszuleihen, der prompt zum Stammspieler aufstieg.
In der kommenden Saison ist Wiegele wieder weg und Meierhofer immer noch Teil des Teams, ohne Konkurrenz soll er aber nicht in die Saison gehen - die sportliche Leitung sucht aktuell nach "einem Torhüter mit Bundesliga-Format", wie Elsneg gegenüber 90minuten erklärt. Die beiden Zukunftshoffnungen sollen anderorts Spielpraxis sammeln: Für Juri Kirchmayr (19) wird nach einer Leihe gesucht, er dürfte bald in der 2. Liga unterkommen. Haris Mujanic (17) könnte den Verein sogar ganz verlassen.
Alle Optionen offen
Ob wieder ein Tormann von einem größeren Verein per Leihe nach Graz kommen soll, oder doch eine feste Verpflichtung realistischer ist, lässt der GAK-Sportchef offen und meint: "Bisher war noch keine ideale Lösung dabei."
Wer die Wiegele-Leihe nicht positiv bewertet, hat nicht richtig hingesehen.
Fest steht, dass in der Vorsaison positive Erfahrungen gesammelt wurden: "Ich glaube, wer die Wiegele-Leihe nicht positiv bewertet, hat nicht richtig hingesehen. Er war ein überragender Rückhalt. Flo hat uns Stabilität gegeben, die im Abstiegskampf entscheidend war." Ein fixer Wechsel sei laut Elsneg "weder denkbar noch realistisch" gewesen.
Auch für Jakob Meierhofer gibt es Lob: "Er ist als bester Torhüter der zweiten Liga in die Bundesliga aufgestiegen, hatte dann aber auch aufgrund der fehlenden Ergebnisse einen schweren Stand. Und trotzdem hat er sich dann als 'Zweier' unglaublich toll verhalten. Für uns ist Jakob auf jeden Fall ebenfalls ein Bundesliga-Torhüter, wenn auch mit einem anderen Profil als Wiegele."

Österreichische Lösung
Anders als bei Sturm Graz spielt der Österreicher-Topf eine wesentliche Rolle bei der Kaderplanung des Stadtrivalen. "Wir sondieren immer zuerst den österreichischen Markt", betont Elsneg. Außerdem lässt er durchklingen, dass eine Lösung per Leihe eher ein Plan B wäre, es sei "natürlich immer besser, wenn der Spieler zu hundert Prozent uns gehört. Das ist eine reine Philosophie-Frage des jeweiligen Klubs."
Die Größe des Keepers spielt beim GAK eine kleinere Rolle, wobei einige Zentimeter mehr natürlich immer wünschenswert seien. "Mittlerweile ist das fußballerische auch sehr wichtig. Beweglichkeit und eine gewisse 'Lautstärke' sollte er mitbringen."
Zwei Talente im Kader
Mit den Teenagern Kirchmayr und Mujanic haben die Grazer zwei spannende Talente in der Hinterhand, die beide ihre ersten Schritte in den Erwachsenenfußball machen sollen.
Juri Kirchmayr kam vor einem Jahr aus dem Nachwuchs des VfL Wolfsburg und war zuletzt für ein halbes Jahr an den ASK Voitsberg verliehen, kam dort im Abstiegskampf aber nicht zum Einsatz. Elsneg hält viel vom ÖFB-U21-Teamspieler: "Unser Tormanntrainer Tom Queder war immer wieder mit dem Leihklub im Austausch. Zudem ist Juri seit Beginn der Vorbereitung bei uns im Training. Wir sehen, dass er einen großen Schritt nach vorne gemacht hat." Erst am vergangenen Wochenende konnte der 19-Jährige einen Testspieleinsatz für die "Rotjacken" absolvieren.

Haris Mujanic, ein Eigengewächs, hat erst Anfang Mai seinen 17. Geburtstag gefeiert, war aber schon Teil der zweiten Mannschaft, auch für Bosniens U17-Nationalteam hat er debütiert. Bei ihm bahnt sich ein Wechsel an, im Raum steht ein fixer Transfer zu einem slowenischen Erstligisten. Noch sind die Verhandlungen aber nicht abgeschlossen, ursprünglich angedacht war eine Leihe.
Auf die Entwicklung der jungen Spieler angesprochen, hält Didi Elsneg fest: "Man muss Geduld und einen Plan haben. Es zahlt sich immer irgendwann aus, auf eigene Talente zu setzen."
Blau-Weiß Linz

Nach dem Verkauf von Nicolas Schmid nach Portsmouth war man in Linz im August 2024 zur Reaktion gezwungen. Bei der Nachbesetzung fiel die Entscheidung von Christoph Schößwendter und seinem Team auf Radek Vitek, einen damals 20-jährigen Tschechen, der für ein Jahr von Manchester United ausgeliehen wurde.
In der Saison davor hatte Vitek für Accrington Stanley in der englischen League Two gekickt, den Leistungssprung meisterte er problemlos und war in der Regel ein sicherer Rückhalt für den Meistergruppen-Teilnehmer. "Wir haben während des Jahres viel versucht, um Radek länger zu halten. Es war aber einfach nicht machbar", sagt Schößwendter gegenüber 90minuten.
Suche ab November
Deshalb habe man schon im Spätherbst mit der Suche nach Alternativen begonnen, zuerst lag der Fokus auf österreichischen Keepern. "Bei wem läuft der Vertrag aus, wer hat aktuell keinen Vertrag? Es waren kaum Kandidaten dabei, denen wir zugetraut hätten, dass sie als klare Nummer eins zu uns kommen. Mit zwei oder drei Spielern haben wir Kontakt aufgenommen, parallel aber wieder begonnen, uns im Ausland umzuschauen."

Dort wurde Schößwendter schneller fündig, als erwartet: "Es haben sich viele Vereine aktiv bei uns gemeldet - aus der deutschen Bundesliga, aus England, aus Polen." Viteks positive Entwicklung hat auch über den Grenzen Eindruck hinterlassen. "Für uns war das ein richtiger Aha-Effekt, es haben sich viele Türen geöffnet. Wir haben diese Spieler dann genau durchleuchtet und sind am Ende bei Viktor Baier gelandet, von dem wir uns eine tolle Entwicklung erhoffen."
Arbeit mit Profil
Wie die meisten Bundesligisten hat Blau-Weiß Linz klare Vorstellungen darüber, was ein Tormann können muss. Das erarbeitete Profil kennt dabei mehrere Abstufungen. Körpergröße ist beispielsweise wichtig, aber kein Ausschlusskriterium.
"Einen Spieler, der 1,86 Meter groß ist, schließen wir nicht kategorisch aus unseren Überlegungen aus, weil er vielleicht andere Fähigkeiten mitbringt, die ihn auszeichnen", meint Schößwendter. "Ich denke zum Beispiel an Andi Leitner, mit dem ich lange bei der Admira zusammengespielt habe. Auf unser Wunschprofil fehlen ihm vielleicht ein paar Zentimeter, dafür hat er ausgezeichnete Reflexe auf der Linie und ist gut im Eins gegen Eins. Da gilt es dann abzuwiegen, man kann kleinere Tormänner nicht einfach abschreiben."
Auch die Fähigkeiten am Ball spielen eine untergeordnete Rolle, weil sie im taktischen Konzept kaum gebraucht werden - die Linzer jagen nach zweiten Bällen. "Bei anderen Vereinen ist das vielleicht wichtiger. Es gibt oder gab in Österreich einige Spieler, die das sehr gut können - ein Raphael Sallinger zum Beispiel, der in diesem Bereich große Stärken hat, den Ball im Kurzpassspiel zu den Innenverteidigern und Sechsern bringt und unter Druck Lösungen findet."
Wir wollten einen großen Tormann, der nicht nur auf der Linie pickt, sondern bei hohen Bällen herauskommt und sie abfängt.
Schößwendter sucht stattdessen eine gute Länge im Abschlag und möglichst präzise weite Zuspiele. Auch das richtige Verhalten im Eins gegen Eins ist wesentlich: "Unsere Abwehr steht in vielen Spielen hoch, es kann also dazu kommen, dass ein Gegner alleine auf unser Tor zuläuft."
"Wir wollten einen großen Tormann, der eine gute Strafraumbeherrschung mitbringt und nicht nur auf der Linie pickt, sondern bei hohen Bällen herauskommt und sie abfängt. Das ist für uns ein nicht verhandelbares Kriterium, weil wir wissen, dass es der ganzen Mannschaft richtig guttut und Sicherheit gibt. Wenn ein Spieler das nicht mitbringt, ist die Chance relativ klein, dass wir ihn holen." Andere Kompetenzen, wie gute Reflexe auf der Linie und eine solide Fangtechnik sollte ohnehin jeder Bundesligakeeper mitbringen.
Österreicher-Topf, Nummer Eins aus Österreich u. Kontinuität
Der Sportdirektor der Linzer betont, immer ein Auge auf den österreichischen Markt zu haben. Leih-Geschäfte haben aber ihren eigenen Reiz: "Es gibt in Österreich viele richtig gute Tormänner, die für uns aber einfach nicht greifbar sind. Wir haben ein definiertes Budget, das wir für diese Position ausgeben können. Über Leihgeschäfte können wir Spieler dazu holen, die uns keine Mehrkosten verursachen. Die Vereine, die uns ihre Tormänner zur Verfügung stellen, kommen uns natürlich so entgegen, dass das finanziell passt. Es ist ihnen schon etwas wert, dass die Spieler so Erfahrung sammeln können. Und für uns ist es eine sportliche Aufwertung."
Bei der finanziellen Abwägung spielt auch der Österreicher-Topf eine Rolle - steht ein Legionär im Tor, müssen 2025/26 mindestens sechs Vorderleute ÖFB-Spieler sein. Weil die Nummer eins selten ausgewechselt wird, bündeln sich auf dieser Position außerdem viele Minuten, die in der Endabrechnung einen Unterschied machen können.
Bei der Entscheidung für Radek Vitek, war man sich dessen bewusst: "Wir waren bereit dafür, geringere Einnahmen aus dem Österreicher-Topf in Kauf zu nehmen, um das möglich zu machen. Um unsere Ziele zu erreichen und uns in der Bundesliga zu etablieren war es wichtig, dass wir Spieler holen, die uns sofort helfen und idealerweise schon Erfahrung mitbringen."

Geht es nach Schößwendter, steht in den kommenden Spielzeiten auch aus diesen Gründen wieder ein Österreicher im Tor: "Unser Plan für die Zukunft ist schon, dass wir in den nächsten Jahren wieder eine österreichische Nummer eins haben." Die aktuell besten Karten hat Valentin Oelz (20), der Anfang Juli von Liefering verpflichtet wurde. Er wird auf Kooperationsbasis bei einem anderen Verein - naheliegend ist der Regionalligist Wallern - Spielpraxis sammeln, aber voll am Trainingsbetrieb in Linz teilnehmen. "Wir trauen ihm zu, dass er in einem oder zwei Jahren dann einen Stammplatz übernehmen kann", meint Schößwendter.
Torhüter als Türöffner
Wie Sturm Graz profitiert auch Blau-Weiß Linz vom erarbeiteten Ruf. Wenn Tormänner hier eine positive Entwicklung durchmachen können, müsste das auf anderen Positionen auch möglich sein - so der Grundgedanke. "Es gibt nicht nur bezogen auf die Tormann-Position großes Interesse, sondern auch wegen Feldspielern. Uns hat sich ein Markt eröffnet, der extrem spannend ist", sagt Schößwendter.
Am Ende des Sommers sollten aber nicht zu viele Leihspieler im Kader stehen: "Ich sehe drei Leihspieler als gute Anzahl. Es gibt den Österreicher-Topf als Einschränkung, weswegen wir maximal acht bis neun ausländische Spieler im Kader haben wollen."
Verkaufen Kontinutität
Eine Tugend, auf die die Linzer aktuell verzichten, ist Kontinuität. Nicolas Schmid war über sechs Jahre Teil des Vereins, die vergangene Saison wäre seine fünfte als Stammspieler gewesen. Ist langfristige Stabilität im Tor heute weniger wichtig, als bisher? "Jein. Aus Spielersicht - vor allem als Innenverteidiger - weiß ich natürlich, wie wichtig das Zusammenspiel mit dem Tormann ist. Kontinuität ist auf jeden Fall wünschenswert, weil gegenseitiges Vertrauen entstehen kann", sagt Schößwendter, auf dieses Thema angesprochen.
Unsere Vereinsphilosophie ist auch damit verbunden, dass uns die besten Spieler irgendwann weggekauft werden.
"Wir als Verein wollen uns aber auch auf die Fahne heften, dass wir ein interessantes Sprungbrett für junge Spieler sein können. Wir wollen nicht nur eine Plattform bieten, sondern auch unseren Teil zu ihrer Entwicklung beitragen, damit sie später große Schritte zu österreichischen Topvereinen oder ins Ausland machen können", führt er weiter aus.
"Sportlich hätte Kontinuität natürlich eine Berechtigung, unsere Vereinsphilosophie ist aber auch damit verbunden, dass uns die besten Spieler irgendwann weggekauft werden. Es ist wichtig, ein Grundgerüst zu haben, um das wir eine Mannschaft mit mehreren Perspektivspielern aufbauen können. Bis jetzt ist uns das gut gelungen."
Wie Parensen sieht auch Schößwendter den Torhütermarkt als Herausforderung. "Die Bundesliga hat einen riesigen Schritt gemacht, die Spieler hier sind für viele Vereine interessant, es gibt immer häufiger direkte Transfers in die großen Ligen. Auf dem Tormannsektor hinken wir meiner Meinung nach aber noch ein Stück hinterher, da haben wir den Stellenwert vielleicht noch nicht erreicht."
Top-Lösung für 2025/26
Bei allen grundsätzlichen Überlegungen zur Tormannposition ist der Linzer Sportdirektor überaus zufrieden mit der Besetzung für die kommende Saison: "Viktor wurde schon vor ein paar Jahren sehr hohes Potenzial nachgesagt. Es gab einige Anfragen von größeren Klubs, Pilsen hat aber alles abgelehnt."
Durch kleinere Verletzungen sei die Entwicklung ein bisschen ins Stocken geraten, deswegen habe sich die Möglichkeit für eine Leihe ergeben. "Pilsen hat überlegt, ob sie ihm nicht doch schon die Rolle als Nummer eins zutrauen und mit ihm in die Saison gehen. Am Ende wurde dann die Entscheidung getroffen, ihm noch dieses eine Jahr in einer guten Liga zu geben."