So kam es zur Regionalliga-"Reform"

So kam es zur Regionalliga-"Reform"

Österreich bekommt ab 2026/27 vier statt bisher drei Regionalligen. Mehr Vereine an der Spitze – obwohl eigentlich weniger geplant waren. 90minuten beleuchtet die Hintergründe und Widersprüche dieser Reform.

Konsens sagen die einen, ein "typisch österreichischer Kompromiss" die anderen. Letzteres meint gemeinhin eine Lösung, die niemanden wirklich zufrieden stellt. Frei nach dem Motto: nemo placet omnibus. Warum hier die lateinische Variante von "Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann"?

Weil der Weg zur Regionalliga-Reform ungefähr so schwierig war wie für die meisten Schüler:innen eine Lateinschularbeit. Dazu passend: Am Montag preschte eine neue Region vor und präsentierte die neue viergliedrige dritte Leistungsstufe.

Günter Kreissl, der gemeinsam mit Sportdirektor Peter Schöttel die ÖFB-interne Arbeitsgruppe leitete, die die Quadratur des Kreises erreichen sollte, stellt im 90minuten-Gespräch eine lange Liste an Fragen, die im Zuge der Reform beantwortet werden sollten: "Was will man an der Spitze erreichen? Welche Dinge will man in der Breite erreichen? Welche Rahmenbedingungen braucht es hinsichtlich des Übergangs vom Amateur- zum Profibereich? Was benötigt der Nachwuchs? Wie gestaltet sich die Wirtschaftlichkeit, ist das attraktiv – und wie erreichen wir mehr Ausgewogenheit?"

Das ist noch längst nicht alles. Es geht um möglichst schaffbare Übergänge von unten nach oben und umgekehrt, ein Abfedern der ostlastigen Bevölkerungsverteilung, rechtliche Fragen hinsichtlich Profitum, die Ausbildungsentschädigung und, und, und. Komplex, nicht wahr? Hinzu kommt der heimische Föderalismus: "Über allem stehen dann noch die jeweiligen Interessen der Bundesländer."

Nachdem es ab der Saison 2026/2027 nur mehr zwei Aufsteiger aus der dritten Leistungsstufe geben wird, spielen die vier Meister der Regionalligen in Hin- und Rückspiel die zwei Aufsteiger aus. Die Paarungen dieser Relegationsspiele werden jährlich neu gelost und das Heimrecht beim Hin- bzw. Rückspiel festgelegt.


Regionalliga Ost

Regionalliga Nord

Regionalliga West

Regionalliga Süd

Wien

Oberösterreich

Tirol

Steiermark

Niederösterreich

Salzburg

Vorarlberg

Kärnten

Burgenland


ÖFB stieß an

Angestoßen wurde der Reformprozess vom ÖFB selbst: Ex-Präsident Klaus Mitterdorfer initiierte die Überlegungen zur Regionalliga-Reform. Bis 2024 hatte seit der Ligareform 2018/19 niemand wirklich daran gearbeitet, hier etwas zu ändern. Überdies wurde der Vertrag für den Direktaufstieg gelöst, ab 2026/27 gibt es keine drei Aufsteiger mehr, egal, wie die dritte Leistungsstufe aussehen würde, "egal, ob wir eine Reform schaffen oder nicht", wie Kreissl festhält. 

Änderungen bei der 2. Liga waren schnell vom Tisch, schließlich plante die Bundesliga den TV-Vertrag bereits Ende Herbst auszuschreiben. Abgesehen davon: "Man kann nicht in zwölf Wochen eine neue Liga konzipieren." Zu entscheiden hat das letztlich das Präsidium des Fußballbundes, sprich: neun Landesverbandspräsidenten, der Präsident selbst und drei Bundesligavertreter. 

Die Arbeitsgruppe traf sich im Sommer, ab 1. August 2024 fanden sich die betroffenen Bundesländer schließlich quasi im Monatsrhythmus zusammen, um die Reform auszuhandeln. 

Auf der Hand liegt: Für die Anzahl an Personen, die in Österreich leben, gibt es verhältnismäßig viele Vereine in den höchsten vier Spielklassen. England kommt auf 92, Deutschland auf 146, Dänemark (48), die Schweiz (88) oder Belgien (110) liegen deutlich unter den 215 in Österreich, mit seinen zwei höchsten Ligen, drei Regional- und neun Landesligen.

Zweiteilung unmöglich

"Was heißt diese Masse an Klubs?", fragt Kreissl, der auch die Antwort gibt: "Dass die Niveauunterschiede in den einzelnen Ligen größer sind und die Qualität dadurch insgesamt geringer. "

Ein für viele naheliegender Weg: eine Zweiteilung. Aber wie sollte das gehen? Selbst wenn man Fahrtkosten, Anfahrtszeiten, Berge, Täler und Seen ignoriert, sind schlichtweg die Menschen sehr unregelmäßig verteilt. 

In der Region Ost leben vier Millionen Menschen, die anderen rund fünf in den restlichen Bundesländern. Die Bundeshauptstadt hat zudem ein Bruttoregionalprodukt von 118 Milliarden Euro, der gesamte Westen kommt auf deren 100. 

Wenn man sich die Geografie ansieht, würde eine Zweiteilung in der Regionalliga wegen der Westausdehnung nicht gehen

Günter Kreissl

Um das alles irgendwie halbwegs gerecht zu verteilen, bräuchte es fünf oder sechs Regionalligen, was wiederum dem Ausgangspunkt widerspricht. Oder wie es Kreissl zusammenfasst: "Wenn man sich die Geografie ansieht, würde eine Zweiteilung in der Regionalliga wegen der Westausdehnung nicht gehen." Aufgrund dieser Erkenntnis war eine Zweiteilung der dritten Leistungsstufe vom Tisch.

Eine eingliedrige dritte Liga wie in der Schweiz oder Dänemark wäre aus finanziellen Gründen und aufgrund des heimischen Föderalismus übrigens noch unmöglicher. 

Nicht mehr zu machen

Eine Alternative, die dem ÖFB und Kreissl hierbei noch gefallen hätte, wäre ein Zusammenführen der dritten und vierten Ligen als zwei Leistungsstufen, bei gleichzeitiger Reduktion auf zehn oder 12 Teams gewesen; also eine Regionalliga A und B.

Darunter wäre die heutige zweite Landesliga nun die höchste im jeweiligen Bundesland. Weiters hätte man ÖFB-seitig die Länder auch anders zusammenfassen können: 

"Mit Steiermark/Oberösterreich, der Ostliga und Salzburg/Kärnten sowie Tirol/Vorarlberg hätte man dann zwei große und zwei weniger große Regionalligen gehabt. Dann hätte man immer Süden oder Westen gegen einen anderen um einen der zwei Aufstiegsplätze spielen lassen können."

Im Oktober, in der dritten Sitzung, wurde das grundsätzliche Modell präsentiert, das nun auf dem Tisch liegt. Etwas anderes war nicht zu erreichen: Die (etablierte) Ostliga bleibt, Tirol und Vorarlberg, Oberösterreich und Salzburg sowie die Steiermark und Kärnten spielen die Ligen, ein Playoff mit Los legt fest, wer in die 2. Liga rauf darf.

Land der Berge gut und schön; einfacher macht es eine Reform der Regionalligen nicht
Foto © GEPA
Land der Berge gut und schön; einfacher macht es eine Reform der Regionalligen nicht

Mehr war nicht zu erreichen

90minuten-Informationen nach entsendeten die Länder auch unterschiedliche Personen; mal kamen verschiedenste Leute aus dem Landesverband, aus anderen Bundesländern immer dieselbe Person. Meinungen schienen sich im Laufe der Monate öfter zu drehen.

Der Verband sah sich über die Monate mit viel Feedback konfrontiert, mehrere Dinge wurden – auch von 90minuten – in der Öffentlichkeit, nicht in den Gremien, diskutiert. So dankbar die Medien für (aus-)plaudernde Landesverbandspräsidenten sind, so schwierig macht dies die Arbeit an einer Reform. Dann gab es auch noch Rechtsgutachten.

Am Ende war es eine mehr-, aber nicht einheitliche Entscheidung pro Reform. "Zwei Bundesländer waren da dann wieder dagegen", sagt Kreissl.

Also arbeitete man weiter: "Am 30. Jänner 2025 haben wir das Modell um maximale Flexibilität erweitert." Das bedeutet: Entweder eine eingleisige gemeinsame Liga oder Grunddurchgang im Bundesland, dann ein überregionales Playoff.

Die Vorteile der Reform

Mit Start der Saison 2026/27 gibt es nun das neue Modell. Der Direktaufstieg aus den Landesligen muss erhalten bleiben, kann nur per Präsidiumsbeschluss verändert werden. Die zwei Letzten steigen immer ab, was theoretisch dazu führen kann, dass in ein paar Jahren beispielsweise mehr Oberösterreicher als Salzburger spielen.

Aber wenn es tatsächlich so weit kommt, müsse man eben wieder evaluieren, zuckt Kreissl mit den Achseln. Die gleiche Situation könnte ja im bisherigen Regionalliga-Format ebenso entstehen.

Es war nicht einfach, weil es auch Querschüsse gab – aber es war ganz sicher kein Schnellschuss!

Günter Kreissl

Die Basisvariante soll übrigens die gemeinsam von zwei Landesverbänden gespielte Regionalliga sein. In der Alternativvariante (Grunddurchgang im Landesverband und Playoff) besteht der sportliche Vorteil in der Finalphase "Im Herbst mag das Niveau etwas unterhalb der gegenwärtigen Lösung sein, aber wenn du in der Finalphase nur gegen die Besten spielst, ist das Niveau höher."

Der Süden hat sich bereits auf die Playoff-Variante mit Grunddurchgang im Landesverband geeinigt, Westen und Norden haben noch nicht veröffentlicht, wie sie die Regionalliga austragen werden.

"Wir reduzieren Reiseanforderungen", sagt er und rechnet vor. Die Fahrten in der neuen Struktur dauern maximal drei Stunden, egal ob im Osten, Westen, Norden oder Süden. Bislang waren es bis zu fünf Stunden und mehr. Mehr Regionalität bedeutet auch mehr lokale Duelle, sprich Derbys und somit mehr Einnahmen. Am meisten erhofft man sich aber sportliche Effekte.

Mehr Wettbewerb

"Die Attraktivität für gute Spieler soll höher werden. Heute ist es so, dass insbesondere ein guter Spieler oft lieber Landes- als Regionalliga spielt, weil man sonst jedes zweite Wochenende sehr weit fahren muss. Diese Schwelle für jene, die sich schon ein zweites Standbein aufbauen wollen, fällt weg."

Den Hemmschuh hatte der Osten nie; aber ein unter anderem Abgänger der Rieder Akademie kann nun nach Gurten gehen, studieren oder arbeiten, und muss dann nur nach Salzburg und nicht bis nach Kärnten fahren. 

Auf andere Art formuliert: "Wir hoffen, dass mehr bessere Spieler Regionalliga spielen werden." Österreich ist eben lang und nicht rund. Bleibt die Hoffnung, dass diese Reform zumindest "runder" ist, als die bisherige Aufteilung der dritten Leistungsstufe.

Am Ende bleibt die Lösung mit der größtmöglichen Zustimmung und Akzeptanz. Kreissls Bilanz: "Es war nicht einfach, weil es auch Querschüsse gab – aber es war ganz sicher kein Schnellschuss!"


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