Kritik an Altachs Längle: "Grenzt ein Stück weit an Rufmord"
Foto © GEPA

Kritik an Altachs Längle: "Grenzt ein Stück weit an Rufmord"

Der SCR Altach hat die Klasse gehalten, wieder einmal. Ein ums andere Mal ist es knapp für die Ländle-Kicker. Schuld an der Misere soll Geschäftsführer Christoph Längle sein. Was wirft man ihm vor, was sagt er dazu?

Die Meistergruppe kennt der SCR Altach nur vom Hörensagen. Schon 2023 erklärte Geschäftsführer Christoph Längle gegenüber 90minuten: "Wir haben ein höheres sportliches Budget als so manche Mitbewerber, die bringen es seit einiger Zeit eben besser auf den Rasen."

2024 hörte sich das nach dem abermaligen Verpassen der Meistergruppe vonseiten des Geschäftsführers so an: "Wir haben Sehnsucht danach, unter die Top 6 zu kommen. Ich werde mich nie an die Qualifikationsgruppe gewöhnen."

Nun muss Längle schon wieder erklären, warum der Klassenerhalt erst am letzten Spieltag geschafft wurde und wieso er zur Zielscheibe der Kritik wurde. Wäre Altach nicht ein kleines Dorf im Rheintal mit ein paar tausend Einwohnern, würde die sportliche Misere mehr Beachtung finden. Was ist los im Ländle? Welche Rolle spielt der Geschäftsführer Christoph Längle?

Die Konstante

Der heute 54-Jährige kam 2000 zum Verein. Er verantwortete als Sportlicher Leiter zwei Aufstiege, bis 2007 ehrenamtlich. Seit 2008 ist er hauptberuflich Geschäftsführer. Das macht ihn zu einer Konstanten im Verein und während Trainer, Sportdirektoren, sogar Präsidenten wechseln, ist er noch immer da. Das führt zu Kritik an seinem Wirken, mancherorts wird er zur Zielscheibe; für Fans, Beobachter oder sonstige Menschen, die den Verein schätzen oder verfolgen.

Für die Lokalpresse, die Fans, die ein Transparent beim Heimspiel gegen den GAK "gegen" ihn zeigten, auf Social Media und in anonymen Internetforen – Längle bekommt derzeit viel ab.

90minuten hat mit mehreren Personen aus dem direkten und indirekten Umfeld des Vereins gesprochen (Anm.: Denen Anonymität zugesichert wurde). Dort zeichnet sich ein differenziertes Bild, das Längle in Verantwortung nimmt.

Längle hat über die Jahre viel Erfahrung gesammelt, es fehlt in Altach aber an Fachkompetenz im Spitzensport, auch bei ihm

Differenzierte, aber deutliche Kritik am Geschäftsführer

System Längle?

Denn man wirft ihm nicht wenig vor. "Er ist nicht kompetent genug, Altach hätte wie Bodø/Glimt werden können", meint etwa einer, der wohl noch etwas Groll in sich trägt. "Der Klub wird von einer Person geschmissen. Jedes Mal wird auf Reset gedrückt und die Verantwortlichen tappen in die gleichen Fallen und dann wird keine Widerrede geduldet." Man mache es sich hier gemütlich und habe kaum Durchhaltevermögen. Es fallen durchaus harte Worte.

Differenzierter sieht das ein anderer. "Längle hat über die Jahre viel Erfahrung gesammelt, es fehlt in Altach aber an Fachkompetenz im Spitzensport, auch bei ihm", sagt ein anderer, der sich dennoch versöhnlicher ausdrückt. Es fehl(t)e da und dort an Personal, wenn einer zu viel macht, macht er nichts ordentlich. Noch dazu macht der Verein schwer nachvollziehbare Dinge. Etwa Star-Transfers wie Ailton oder Neven Subotic. Funktioniert hat nur Sidney Sam.

Mangelnde Kontinuität

Er meint weiter: "Man trifft dann Entscheidungen aus Angst heraus. Darum hat man den Zug nie erwischt und verwaltet jetzt den gegenwärtigen Zustand in der Qualifikationsgruppe."

"Er überschätzt sich sportlich", erklärt jemand anders, der die starke Position des Geschäftsführers durchaus kritisch betrachtet und anmerkt, dass er als Geschäftsführer "alleine die Macht hat. Alle in der sportlichen Leitung sind ihm unterstellt."

An dieser Stelle wird auch die wirtschaftliche Seite angemerkt. Dem Verein geht es generell in allen Belangen recht gut – außer beim Sport: "In Altach wollen sie Familienbetrieb sein, aber auch große Fußballwelt schnuppern - die sportliche Philosophie wird alle paar Monate gewechselt. Es gibt keine Kontinuität."

Halbiertes Geld

Es fallen noch mehr Vorwürfe. Doch nicht alles ist eindeutig auch belegbar. Die sportliche Misere ist es schon. Diese führt auch zu einer wirtschaftlichen, wenn der Abstieg irgendwann eintritt. Von zwölf Millionen Euro Bundesliga-Budget bliebe in der 2. Liga nur die Hälfte. Es gab Konsequenzen. Mit dem Abpfiff nahm Sportdirektor Roland Kirchler von sich aus den Hut.

Längle ließ sich am Montagabend in einer Vorstandssitzung das Vertrauen aussprechen. Kurz danach sprach er mit 90minuten über die Vorwürfe seine Person betreffend – das tat er bereits zwei Tage vor dem entscheidenden letzten Saisonspiel in einem Hintergrundgespräch; bat aber darum, Auf- und Abstieg bzw. die Sitzung abzuwarten.

Ich weiß, welche Fehler ich gemacht habe, welche nicht. Ich entscheide nicht alleine, welcher Trainer kommt und gebe natürlich kein Spielsystem vor.

Christoph Längle über die sportliche Misere und seinen Anteil

"100 Prozent Rückendeckung"

"Unterm Strich war die Saison mehr als unbefriedigend", weiß er auch. Die Spielzeit bezeichnet er als "unglücklich", weswegen man eben wieder den Trainer und das System gewechselt hatte. Im Winter kamen sechs Neue, ein "Indiz, dass etwas nicht richtig gelaufen ist, das wir im Winter reparieren wollten".

Die Lehren: Der Kader solle schlanker werden, der Mannschaftskern stabiler. Man werde zeitnah einen neuen Sportchef und Kaderplaner präsentieren. In der Sitzung am Montagabend holte sich längle hundertprozentige Rückendeckung.

"Ich weiß, welche Fehler ich gemacht habe, welche nicht. Ich bin immer in Letztverantwortung, aber ich entscheide nicht alleine, welcher Trainer kommt und gebe natürlich kein Spielsystem vor", erklärt er seine Sicht.

Hierbei sei aber zu erwähnen: Dass Längle die sportliche Gesamtverantwortung von sich weist, widerspricht den Schilderungen aus dem Umfeld, er würde viel entscheiden.

Bedenkt man die Vorwürfe, ist es etwas kurios, welche Fehler er einräumt: "Ich war früher stärker in Personalentscheidungen involviert. Darum haben wir ja vor zwei Jahren eine dreiköpfige sportliche Leitung installiert, von denen der Sportdirektor zum Geschäftsführer Sport entwickelt werden sollte, wie damals bei Georg Zellhofer."

"Dann wird es sehr unrund"

Längle lässt nicht alles auf sich sitzen. Dass er bis 2007 auch sportlicher Leiter war, werde ihm zum Vorwurf gemacht, dabei "bin ich kaum am Trainingsplatz. Für die Trainerbestellungen und die Kaderzusammenstellung bin ich nicht verantwortlich, dann hätte ich die Leut' nicht gebracht", schildert er seine Sicht der Dinge. Ganz so ohne Schuld ist man aber als Geschäftsführer mangels eines weiteren, der für den Sport verantwortlich ist, aber nicht.

Wenn dann auch noch Transparente gegen ihn (sowie Präsident Pfanner und Vizepräsident Gunz) gezeigt werden, während es im Heimspiel gegen den GAK drei Runden vor Schluss um den Klassenerhalt geht, verstehe er den Zeitpunkt nicht: "Wenn das Spiel negativ ausgeht, wird es für uns drei sehr unrund. Der Zeitpunkt unmittelbar nach dem 1:1-Ausgleich durch den GAK in so einem wichtigen Spiel hat mich überrascht. Gerade da hätten wir Unterstützung gebraucht."

Altach ist ein 7.000-Einwohner-Dorf. Was da manchmal passiert, grenzt ein Stück weit an Rufmord. Als ich 2000 zum Verein kam, war das ein Amateurklub, mit 350.000 Euro Budget und einem Fußballplatz.

Christoph Längle

Viel erreicht

Aus seiner Sicht gebe es hier ein Missverhältnis zwischen Sport und allem anderen im Verein. "Altach ist ein 7.000-Einwohner-Dorf. Was da manchmal passiert, grenzt ein Stück weit an Rufmord. Als ich 2000 zum Verein kam, war das ein Amateurklub, mit 350.000 Euro Budget und einem Fußballplatz. Heute haben wir über zwölf Millionen Euro Budget, hatten nur im Aufstiegsjahr und während Corona ein Minus, haben die Lizenz immer gleich erhalten, dazu kommt ein Eigenkapital in der Höhe von 3,5 Millionen Euro, ein Stadion, in dem man Europacup-Qualifikation spielen kann, ein modernes Trainingszentrum und einen neuen Business-Club, der ab Sommer eine zusätzliche Einnahmequelle sein wird. "

Das ist alles schwer von der Hand zu weisen. Genauso wie der Umstand, dass die Landeshauptstädte mit einem größeren Umfeld als Altach Probleme mit dem Finanzgebaren hatten. Faktisch hat er recht, dass die dortigen Klubs in den letzten 25 Jahren in zum Teil erheblich schweren finanziellen Situationen waren, bis hin zum Konkurs. Außer Eisenstadt, das aber seit Langem keine Rolle mehr spielt.

Abschied angekündigt

Längle ist im Gespräch durchaus emotional. Er räumt ein, dass er die Dynamiken versteht. Wenn das immer gleiche Gesicht das immer gleiche Verpassen der Ziele erklären muss, macht das was mit den Menschen. Mit diesem Budget sollte der Verein Siebter bis Neunter sein, das weiß er auch. In dieser Woche wurde eine neue sportliche Leitung präsentiert, Philipp Netzer (Sportdirektor) und Eric Orie (Sportkoordinator) übernehmen wichtige Positionen.

Der knapp 30-jährige Manuel Willam wird als gegenwärtiger Assistent der Geschäftsführung aufgebaut. "Ich bin kein Sesselkleber, renne aber auch nicht davon. Ich lebe hier in diesem Dorf, habe zwei Kinder, die vor Ort in die Schule gehen, und gerade deshalb will ich nicht mit falschen Dingen konfrontiert werden. Darum habe ich klare Konsequenzen gezogen und werde das nicht ewig machen." Es gehe für ihn darum, frühzeitig die Weichen zu stellen und für seine Nachfolge zu ziehen.

Für Längle selbst ist es ein kluger Zug, den Rückzug ohne Datum anzukündigen. Ob die angekündigten Entwicklungen wirklich dazu führen, dass Altach in den kommenden Jahren in ruhigere Fahrwässer kommt, wird sich weisen. Davon wird es letztlich abhängen, wie lange er noch Geschäftsführer ist.


Kommentare